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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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viel war, hatte ich mir zwar denken können, doch dass es fast gar nichts war, erschreckte mich nun doch. Das Einzige, was ich überhaupt als tragfähiges Kleidungsstück hätte bezeichnen mögen, ohne schamrot zu werden, war ein schwarzes Samtkleid.
    »Nur leider macht schwarz schlank …«, sagte ich.
    »Und dat is nich nötig, ne?«
    Claudia hatte es erkannt.
    »Na, dann guck dir dat hier ma an!«, fuhr sie fort. »Wie findese ihm denn?«
    Sie zeigte mir voller Stolz einen dunkelblauen, sehr schlichten Hosenanzug. Der Blazer wirkte wuchtig, weil er nicht tailliert und überlang war, und die Hose hatte äußerst weite Beine.
    »Gar nicht schlecht!«, sagte ich nach einiger Überlegung. »Den müssten wir nur …«
    »Wat?«
    »Zieh ihn mal an!«
    Claudia folgte mir aufs Wort, und alsdann wurde abgesteckt und gerafft, gekürzt und gepolstert, und als das Modell drei Tage später aus der Änderungsschneiderei zurückkam, passte es wie angegossen.
    »Is ja geil!«, meinte Claudia dazu. »Und nu?«
    »Du solltest etwas Rosafarbenes dazu tragen«, sinnierte ich. »Rosé hebt nämlich, das ist frisch und fröhlich.«
    Claudia sah das nach einigem Zögern ein, und so wurden alle verfügbaren Personen darauf angesetzt, roséfarbene Blusen zur Auswahl zu besorgen. Aus diesem Wust von Angeboten wählte ich schließlich ein hochgeschlossenes Baumwollexemplar, das mit zahlreichen Rüschen verziert war.
    »Is schon schön …«, meinte Claudia.
    »Aber?«, erkundigte ich mich.
    »Passt dat denn zu mir?«
    Ich stöhnte. »Noch nicht!«, ließ ich sie wissen. »Und deshalb setzt du dich hier jetzt mal hin und passt gut auf!«
    Die nächsten Tage verbrachte ich dann damit, Claudia zu zeigen, wie man falsche Wimpern anklebt, wie man einen flachen Busen mit Watte zu voluminöser Fülle bringt und einiges mehr. Sie war von alldem tief beeindruckt, und als sie sich erstmals »in Kostüm und Maske« im Spiegel sah, meinte sie: »Und ich hab immer gedacht, datte aus en Hering kein Goldfisch machs, bloß weil de ihm unter fließend Wasser häls … – Geht doch!« Dann strahlte sie mich an. »Da fehlt ja jetz bloß noch Fiffi!«
    »Fiffi«, Claudias Perücke, war kinnlang, haselnussbraun und aus kostbarem Echthaar gefertigt, leider hatte »Fiffi« viele Jahre in einem viel zu kleinen Karton gefristet und in all der Zeit weder Bürste noch Kamm gesehen. Er war verfilzt und verstaubt, zerknickt und zerlumpt.
    »Aber wat!«, meinte Claudia, als sie meinen leidenden Gesichtsausdruck sah. »Für dich is so wat doch bestimmt en Klacks. Ne? Mach ihm ma wieder heile!«
    Ich tat mein Bestes. Zwei ganze Tage widmete ich der Instandsetzung »Fiffis«, wusch ihn, bürstete ihn, wusch ihn wieder, spannte ihn auf Papier, wusch ihn ein drittes Mal, drehte ihn auf Lockenwickler, fönte ihn, kämmte ihn auf.
    »Siehse!«, frohlockte Claudia, als sie das Ergebnis meiner Bemühungen sah. »Wa en Klacks für dich, dat wusst ich doch!«
    »Komm her, du Klacks!«, erwiderte ich nur. Dann wickelte ich Claudia eine Mullbinde um den Kopf, klebte sie fest und stopfte in die Gaze hunderte von Haarnadeln, um »Fiffi« bewegungsunfähig zu machen. Claudia war außer sich vor Freude.
    »Jetz seh ich ja aus wie en richtigen Menschen!«, sagte sie. »Ob den Willi mich so überhaupt erkennt?«
    »Das will ich doch schwer hoffen!«
    Der große Tag kam nicht allein, er brachte den Frühling mit. Genau bis zum 14. April hatte der Winter in diesem Jahr gedauert, doch in der Nacht zum 15. April wurde es dann plötzlich warm, sämtliche Blüten brachen auf, die Natur erwachte zu neuem Leben.
    Zum ersten Mal, seit wir uns kannten, zeigte Claudia für dieses Schauspiel so etwas wie Begeisterung. Mit glänzenden Augen blickte sie am Morgen aus dem Fenster, mit großen Ohren verfolgte sie die Wettervorhersage im Radio, und dann kommentierte sie die Lage mit einem inbrünstigen: »Super! Ich brauch kein Mantel überziehn!«
    Dass sie dem Frühling sonst nichts Positives abgewinnen konnte, mochte ich ihr unter den gegebenen Umständen nicht verdenken. Claudia hatte wahrlich andere Dinge im Kopf.
    »Machse mir ma den Knopp zu, Eva? Ich bin so am Zittern, ich kriech dat nich hin! – Hilfse mir ma mit meine Augen, Eva? Ich hab mich da vermalt! – Eva, guck ma! Den Fiffi sitzt schief! Kannse ihm wo ma grade machen?«
    Über zwei Stunden tat ich, was in meiner Macht stand, um am Ende einer völlig verängstigten Claudia gegenüberzustehen.
    »Weiße wat?«, flüsterte sie mir zu.

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