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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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vielleicht zum letzten Mal in meinem Leben. Nie wieder würde Schwester Helma mich fragen, ob ich abgeführt hätte, nie wieder würde ich einen Sonnenuntergang sehen. Zum vielleicht letzten Mal würde mir heute irgendjemand eine gute Nacht und morgen Früh einen guten Tag wünschen, dann konnte alles zu Ende sein …
    So klar hatte ich einer Todesgefahr noch nie ins Auge gesehen. Ich hatte weder Fieber noch Schmerzen, die das Begriffsvermögen hätten benebeln können, ich war ganz wach, ganz »da«. – Auf dem Bildschirm pinkelte gerade ein Mann gegen eine Hauswand, ich dachte über mein Leben nach, fragte mich, ob da wohl noch irgendetwas wäre, was ich jetzt vielleicht noch tun könnte, was mir das Sterben erleichtern wurde … Reinders … nur er fiel mir in diesem Moment ein … Aber er fiel tief, tief in meine Seele.
    Ich hatte ihn geliebt, ganz sicher war ich mir nicht, aber es reichte. Ich liebte ihn auch jetzt noch, auch da war ich mir nicht sicher, aber um an ihn zu denken, reichte es allemal. Wenn ich nun starb, erfuhr er nie von dieser Liebe, und das wäre doch eine Schande! Also musste ich sie ihm gestehen, diese Liebe, und deshalb musste ich jetzt zu meinem Telefonbüchlein greifen, aus dem Bett steigen, meinen Morgenmantel überziehen …
    Als ich das endlich geschafft hatte, stand bereits die Nachtschwester vor meinem Bett. Sie war eine hübsche, rundliche Frau von etwa vierzig Jahren, und wie sie die Spritze in der Hand hielt, erinnerte an die »Miss Liberty« vor den Toren New Yorks.
    »Hätte das vielleicht noch zehn Minuten Zeit?«, fragte ich.
    »Zehn Minuten schon«, erwiderte sie, »nur länger sollte es wirklich nicht –«
    »Nein, nein«, fiel ich ihr ins Wort, »ich brauche nicht länger. Vorausgesetzt, ich darf mal kurz telefonieren.«
    Sie nickte und begleitete mich hinaus.
    »Sie müssen eine Null vorwählen, um ein Amt zu bekommen«, waren ihre letzten Worte. Dann ließ sie mich allein, und ich, ich atmete ganz tief durch.
    Die Nummer hatte ich damals ausfindig gemacht, als ich auf F7 lag. Es war Reinders’ Privatnummer; in meinen Träumen hatte ich sie schon häufiger gewählt: zuerst eine Drei, dann eine Fünf, dann eine Neun … Mir war plötzlich, als müsste ich dringend zur Toilette, und ich legte den Hörer rasch wieder auf. Dann lief ich einige Male um den Schreibtisch und unterdrückte das menschliche Bedürfnis, und dann versuchte ich es noch einmal: die Drei, die Fünf … eine Zigarette hätte ich jetzt gebraucht … die Neun, die Vier … mir war ganz schlecht … zweimal die Sieben – als ich das Freizeichen hörte, warf ich den Hörer auf die Gabel, als könnte ich mit dieser Geste den Untergang der Welt verhindern. Dann lief ich wieder einige Male um den Schreibtisch und versuchte es schließlich zum dritten und letzten Mal. Was konnte schon passieren?! Ich wusste schließlich genau, was ich sagen wollte?! Ich wollte ihm sagen, dass ich ihn sehr liebte, als Mensch, als Arzt, als Mann … Was mir da ans Ohr drang, war kein normales Freizeichen, das war ein schriller Aufschrei des Entsetzens. Dreimal ertönte es, dann wurde der Hörer abgenommen, und ich war sicher, nun gleich ohnmächtig zu werden, jetzt …
    »Hier ist der telefonische Anrufbeantworter 359477, Jan Reinders, Sie können mir auf dem mitlaufenden Band eine Nachricht von unbegrenzter Dauer hinterlassen. Sprechen Sie bitte nach dem Signalton, vielen Dank für Ihren Anruf!«
    Es sollte nicht sein! Was ich hatte sagen wollen, konnte man nicht nach einem Signalton als Nachricht von unbegrenzter Dauer auf ein Band sprechen. Es sollte also wirklich nicht sein!
    »Wer weiß, wofür es gut ist!?«, erklärte mir meine innere Stimme.

KAPITEL 30
    Die Uhr im Operationssaal zeigte genau acht Uhr achtundvierzig, als mir der Narkosearzt die Anästhesie injizierte, und damit begann das wohl größte Abenteuer meines Lebens. Ich, die Heldin, war jedoch die Einzige, die dieses Abenteuer nicht bewusst erlebte, denn mich barg das Dunkel der Narkose in seiner Zeitlosigkeit. Der Zeit ausgeliefert waren die anderen.
    Meine Ärzte und die Schwestern bekämpften diese Ahnung mit Arbeit und taten, was sie immer taten: ihre Pflicht.
    Meine Eltern hingegen hatten vor den Pforten des OP -Traktes Stellung bezogen. Dort saßen sie auf einer unbequemen Holzbank, hielten einander die Hände und starrten auf die riesige Bahnhofsuhr am Ende des Ganges. Mit jeder Minute, die verstrich, gab dieses Ungetüm einen harten, metallenen Laut

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