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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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nicht einmal für nötig, sich vorzustellen. Dieses winzige Männchen mit dem Wisperstimmchen hatte eine Angewohnheit, die den Krankenpflegern in jeder Klamaukkomödie nachgesagt wird, und von der man allein schon deshalb glauben möchte, es gäbe sie gar nicht mehr.
    » Wir wollen jetzt schlafen!«, sagte er. » Wir nehmen nun unsere Tablette, denn wir sind müde!« Um sechs Uhr!!!
    Es war kaum zu glauben, und so beschwerte ich mich denn trotz meiner toilettenbedingten Entkräftung sofort bei Frau Klein.
    Die lachte nur. »Gucken Sie sich das Bürschchen doch an! Der spricht wie ein Eunuche, der sieht aus wie ein Eunuche, das ist ein Eunuche. Vielleicht ist im Harem ja immer um sechs Feierabend.«
    Das konnte mich nicht trösten.
    Am Wochenende ließ sich kein Arzt blicken. Ich langweilte mich, hing meinen Gedanken nach, erfreute mich an den Besuchen meiner Eltern und des netten Herrn Klein und bemühte mich, den Unmengen Wackelpudding, die man mir servierte, etwas abzugewinnen. Etwas anderes durfte ich bis Sonntagabend nicht zu mir nehmen.
    »Dieses viele Wasser im Bauch!«, beklagte ich mich bei Frau Klein.
    Aber auch auf dieses Wasser hatte man es abgesehen, denn kurz vor Einläuten der offiziellen Nachtruhe fiel Schwester Berta neuerlich über mich her. Dieses Mal war sie bewaffnet mit einem riesigen metallenen Behälter, an dessen Unterteil ein wenig Vertrauen erweckender roter Schlauch baumelte. Meine übelsten Vorahnungen bestätigten sich:
    Ich wurde auf die Seite gedreht, Berta steckte mir den Schlauch in den Po, und alsdann kippte sie mir Unmengen destilliertes Wasser in die Gedärme. Ich jaulte, aber Berta kannte kein Erbarmen.
    »So!«, frohlockte sie lediglich, als es vollbracht war, »jetzt sind Sie porentief rein!«
    Mein Vertrauen in die Medizin stärkte das nicht mehr, vielmehr wuchs mein Misstrauen. Wo so gründlich vorgegangen wurde, war Vorsicht geboten. Ich beschloss, auf der Hut zu sein.
    Der Montag kam und mit ihm die Rektoskopie, die erste einer Vielzahl von Qualen. Man führte ein Rohr in meinen Mastdarm ein, den man mittels leichter Luftzufuhr so erweiterte, dass die Darmwände mit dem Rektoskop, einem Spezialspiegel, untersucht werden konnten. Ich jammerte laut vor Schmerz, und als es vorüber war, beschwerte ich mich ausgiebig bei Frau Klein.
    »So eine Unverschämtheit!«, ereiferte ich mich. »Pumpt der Mensch mir Luft in die Gedärme, dass ich fast abhebe. Soll ich hier fliegen lernen, oder was?«
    Frau Klein lachte. »Keine Rose ohne Dornen!«, sagte sie. »Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich es mit Gelassenheit sehen, es fängt ja erst an.«
    Das mochte ich mir kaum vorstellen. Mich hielt nur der Gedanke aufrecht, dass in wenigen Tagen alles vorüber wäre. Die wahnwitzige Idee, diesen Klinikaufenthalt als Urlaub zu betrachten, hatte ich verworfen.
    »Aufstehen!!!« – Meine von Schlafmitteln benebelten Sinne mochten es kaum fassen. Inmitten undurchdringlicher Dunkelheit stand Schwester Berta, richtete eine Hundert-Watt-Taschenlampe auf mein Gesicht und brüllte: »Aufstehen!!!« So begann der Dienstagmorgen. Sie gewährte mir zehn Minuten für meine »Hygiene«, wie sie es nannte.
    Ich brauchte aber nun mal meine Zeit. So wusch ich mich in Seelenruhe, schminkte mein Gesicht, frisierte mein Haar, zog mich an, und als ich nach genau neunundzwanzig Minuten und vierunddreißig Sekunden wieder zum Vorschein kam, wechselte Schwester Berta die Farbe.
    »So was habe ich mir gedacht!«, stieß sie atemlos hervor. »Wie sehen Sie denn aus?«
    Erstaunt sah ich an mir längs. Ich trug eine wollweiße Hose und einen tief ausgeschnittenen Angorapullover. Um meinen Hals wand sich ein zartes Goldkettchen, und auf das Make-up hatte ich einige Mühe verwandt.
    »Wie … wie sehe ich denn aus?«, fragte ich arglos.
    Schwester Berta blähte sich auf, und ihr Hals schwoll an, als würde sie jeden Moment platzen.
    »Das fragen Sie noch?«, tobte sie. »So können Sie hier einfach nicht herumlaufen, das ist schließlich kein Puff!«
    Solche Töne kannte ich von Frau Gruber, und entsprechend waren sie mir verhasst.
    »Dass das hier kein Puff ist«, sagte ich schnippisch, »ist mir klar, Schwester Berta, denn wenn es einer wäre, hätte man wohl kaum Verwendung für Sie, es sei denn, zum Abgewöhnen!«
    Eine solche Antwort hatte sie nicht erwartet. Es schien, als hätten ihr meine Worte allen Saft aus den Adern gesaugt. Was blieb, war ein zur Unkenntlichkeit verkniffener Mund, der da

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