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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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ankommt, dann frach ich, wat Sache is, und schreib dat auf. Wie alt se sind, wat für ne Seuche se ham und wie lange se die schon ham. Und wenn se abkratzen, dann rechen ich dat hoch, wie bein Allensbacher Institut.«
    »Was???«
    »Ja, brauchs dich gar nich so aufzumotzen! Nach meiner Liste bin ich hier nämlich dat Längste, ob dir dat nu passt oder nich!«
    Ich war so erschüttert, dass ich nichts mehr herausbrachte. Doktor Behringer lachte derweil, als hätte man ihm ein liebreizendes Histörchen erzählt.
    »Sie finden das witzig?«, fragte ich ihn nach einer Weile.
    »Ja, es ist so …«
    »Das darf ja wohl nicht wahr sein! Wo bin ich denn hingeraten? Ich werde –«
    In meiner Empörung wollte ich aus dem Bett klettern, aber Behringer hielt mich zurück.
    »Alles im Leben ist eine Frage der Relationen«, sagte er ernst, »auch der Humor.«
    »Aber –«
    »Legen Sie sich wieder hin, Eva. Bitte!«
    Er grinste. »Ich fürchte«, sagte er dann, »ich fürchte, ich fürchte …«
    »Was?«
    »Da haben wir in Unkenntnis der Sachlage die beiden richtigen Pappenheimer zusammengelegt …«
    »Wir können ja en Verein gründen«, krächzte Claudia.
    Der Humor war mir endgültig vergangen, und ich fragte Doktor Behringer, wie es mit mir weitergehen würde.
    »Tja«, sagte er gedehnt. »Unser Chefarzt, Professor Mennert, wird übermorgen eine Lymphknotenpunktion bei Ihnen vornehmen …«
    »Und dann?«
    »Sehen wir hoffentlich weiter.«
    »Das wäre wünschenswert.«
    Behringer sah mich ruhig an, und auf seinen Lippen spielte ein seltsames Lächeln. Es hatte etwas von Mitleid, und das verunsicherte mich.
    Trotzdem versuchte ich, einen eher gelassenen Eindruck zu erwecken.
    »Haben Sie noch irgendwelche Fragen?«, erkundigte er sich.
    »Ja. – Warum liege ich auf dieser Station?«
    »Weil du ne Stoffwechselstörung has!«, lachte Claudia.
    »Nein«, erwiderte Behringer, »wir hatten nur gerade ein freies Bett und –«
    »Dat is ja noch besser!«
    Zuerst mochte ich nicht glauben, was ich sah: Claudia lachte, wie ich noch nie einen Menschen hatte lachen sehen. Ihr ausgezehrter Körper wurde von den Erschütterungen des Zwerchfells auf und nieder geworfen, und um dem entgegenzuwirken, hob sie die dürren Beine, die alsdann haltlos in der Luft strampelten. Die Geräusche, die sie dabei machte, reichten von dumpfem Grunzen über sonoren Sirenenklang bis hin zum schrillen Kreischen von Kreide auf einer Schiefertafel.
    »Was ist das?«, fragte ich Behringer.
    »Claudia brüllt.«
    Da dieses »Brüllen« auf ihn offenbar ansteckend wirkte, war er unfähig, mich weiter zu informieren. Ich hingegen blieb ernst und erklärte laut und ohne eine Regung: »Ich lach’ mich tot.« Claudia verstummte augenblicklich. »Dat mach ma bloß nich«, sagte sie dann. »Dat würd dir die Forschung nämlich nie verzeihn, die wolln an dir noch wat lernen.«
    »Was?«
    Meine hilflosen Blicke klammerten sich an Doktor Behringer, der langsam aufstand und zur Tür ging.
    »Was soll das heißen?«, rief ich ihm nach. »Wer will hier an mir lernen?«
    Behringer reagierte nicht, aber Claudia stöhnte laut auf.
    »Meine Güte«, tönte sie, »warum sagen Se der nich, dat se Krebs hat?«
    Da schlug mein Herz plötzlich so laut, dass ich glaubte, jeder im Raum müsste es hören. Ich wagte nicht zu atmen, ich wartete auf die Antwort und starrte Behringer an, der mich seinerseits anstarrte und sich nicht rührte. Erst nach einer Ewigkeit befreite er mich.
    »Weil das nicht stimmt«, sagte er. »Weil das nicht stimmt!«
    Eigentlich hatte ich diese Antwort nicht nur erwartet, sondern verlangt. Das spürte ich ganz deutlich, als der Doktor wieder fort war. Eine andere Wahrheit hätte ich gar nicht ertragen, und deshalb machte sich bei aller Selbstbestätigung auch so etwas wie Erleichterung in mir breit.
    Claudia sah das voller Missgunst. »Ich find gesunde Leute zum Kotzen!«, schnauzte sie mich an, knipste das Licht aus und fluchte sich mit haarsträubenden Formulierungen in den Schlaf. Ich selbst brauchte lange, bis ich zur Ruhe kam. Ich fragte mich unaufhörlich, wie ich es mit diesem Monstrum Claudia aushallen sollte. Wir hatten wirklich keine Gemeinsamkeiten, überhaupt keine. So beschloss ich, gleich am nächsten Morgen um ein anderes Zimmer zu bitten.
    Ich schlief erst ein, als es draußen schon hell wurde, und als ich wieder aufwachte, stand ein nichts sagendes Dickerchen in Schwesterntracht vor meinem Bett.
    »Guten Morgen«, kreischte sie mit

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