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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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von meiner Ballettmeisterin, das sah ich auf den ersten Blick. Mit zitternden Händen öffnete ich ihn.
    »Meine liebe Eva«, hieß es da. »Es fällt mir schwer, Dir zu schreiben, denn ich weiß, wie sehr Du leiden wirst, wenn Du erfährst, was ich Dir zu sagen habe. Es hilft aber nicht, Wahrheiten zu verschweigen. Deshalb habe ich beschlossen, ehrlich zu sein, und ich bin überzeugt, dass Du es verstehen wirst.
    Du weißt so gut wie ich, dass der Beginn Deiner Krankheit zugleich das Ende Deiner Karriere war. Das Theater hat Deinen Vertrag für die kommende Spielzeit nicht verlängert, und selbst wenn Du wieder völlig gesund würdest, hätte es keinen Zweck, diese Gesundheit für hartes Training und ein entbehrungsreiches Leben neuerlich aufs Spiel zu setzen.
    Ich hätte Dir das schon bei meinem letzten Besuch sagen müssen, aber Du weißt ja, wie mich Krankenhäuser deprimieren. Deshalb werde ich auch nicht wiederkommen. Du kannst mir aber jederzeit schreiben oder mich anrufen, wenn Du mich brauchst. Solltest Du wieder gesund werden, bin ich selbstverständlich für Dich da, so viele Jahre lassen sich nicht so einfach auswischen.
    Deine Ärzte und Deine Eltern hatten mich davon abhalten wollen, Dir diesen Brief zu schreiben. Sie hielten den Zeitpunkt für ungünstig und Dich für zu labil. Dass ich mich darüber hinweggesetzt habe, zeigt Dir, für wie stark ich Dich halte. Du wirst auch mit der Wahrheit leben können, dazu brauchst Du keinen Traum. Ich hätte es als verlogen betrachtet, Dir den Rückweg in Deine alte Welt offen zu halten. Den gibt es nicht. Junge, begabte Tänzerinnen gibt es indes wie Sand am Meer. Sie sind eine wie die andere hübsch und gesund, und kein Theater der Welt wartet auf eine von einer Krebserkrankung Geheilte. Dem musst Du ins Auge sehen. Da Du aber nie weltfremd warst, bin ich zuversichtlich.
    Wie sehr Dich das trotz allem treffen wird, ist mir klar. Sei tapfer, liebe Eva, und leb das Leben, das Dir bestimmt ist. Gib es nicht auf, bevor es Dich aufgibt, und vergiss nie, dass Du in mir eine zwar harte, aber dennoch zu Dir stehende Freundin hast. Alles Liebe, Deine Natascha Gruber.«
    Das waren sie also, Frau Grubers letzte Worte an mich, und sooft ich diese letzten Worte auch las, verstehen konnte ich sie zunächst nicht. Die Zeilen verschwammen mir vor den Augen, und an den entscheidenden Stellen lag alles unter einem undurchdringlichen Dunstschleier, sodass ich von vorn beginnen musste.
    Frau Gruber gab mich auf? Das konnte nicht sein. Ich brauchte sie doch für meine Zukunft. Wenn ich diese Klinik verließ, würde ich ein gezieltes Training benötigen, um wieder in Form zu kommen. Sie konnte mich also gar nicht auf geben, sie durfte mir höchstens schreiben, abschreiben durfte sie mich nicht. Sonst hatte ich ja keine Zukunft mehr, nichts, um das es sich zu kämpfen lohnte.
    Dass das Theater mir gekündigt hatte, konnte erst recht nicht sein. Ich hatte einen Vertrag, und wenn ich erst mal wieder richtig in Form war, müsste ich doch irgendwohin, ich würde eine Bühne, Publikum und Licht brauchen, um zu tanzen. Das konnte man mir doch nicht einfach nehmen, das durfte man mir doch nicht antun, das … oder doch?
    Ich rauchte eine Zigarette nach der anderen und wunderte mich, dass ich nicht weinen konnte. Der Schmerz saß zu tief. Er war umhüllt von Hass und Abscheu, von Unsicherheit und einem Gefühl des Verlassenseins.
    Fremde Menschen hatten mir mein Leben genommen. Sie hatten den Überlebenskreislauf, den ich mir vor Monaten unter Mühen geschaffen hatte, durchbrochen und mutwillig zerstört. Ich hatte wieder tanzen wollen, um als gesunder Mensch zu leben. – Aus. – Ich hatte leben wollen, um wieder gesund zu werden und tanzen zu können. – Aus . – Ich hatte gesund werden wollen, um wieder tanzen zu können und damit auch endlich wieder zu leben. – Aus . – Ich konnte nur noch gesund werden und leben, aber ein Leben ohne das Ballett war in meinen Augen kein Leben. Es hatte keinen Sinn mehr, ich konnte aufgeben, mich fallen lassen, der Kampf war vorüber, das Spiel war aus, ich hatte verloren.
    Stundenlang saß ich so da und starrte vor mich hin. Den Brief von Frau Gruber faltete ich sorgsam zusammen und legte ihn in den Nachttisch. Danach lauschte ich gedankenverloren Tschaikowskys Pathétique. Es sollte mein Schwanengesang werden, mein einsamer Abschied von einem Traum. Ich stellte mir vor, ich wäre tot, und plötzlich faszinierte mich diese Vorstellung. Ich sah Frau

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