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Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MERIEL FULLER
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zusammenzusein.
    „Das ist leider nicht möglich.“ Er schlug ihre Bitte in gespielter Gleichgültigkeit ab. „Meine Gefolgsleute wohnen bei ihren Familien in den umliegenden Dörfern. Es dauert mindestens einen Tag, um sie zu sammeln.“
    Emmeline hielt seinem durchdringenden Blick stand, wollte sich nicht entmutigen lassen. Das mochte kindisch sein, aber in ihrer hart erkämpften Unabhängigkeit hatte sie sich diesen Umgang mit Männern angewöhnt. Schließlich trat sie unter seiner dreisten Musterung unschlüssig von einem Fuß auf den andern.
    „Offenbar habe ich keine andere Wahl“, sagte sie schließlich.
    Die Ebbe hatte bereits eingesetzt, als die Schar abgerissen aussehender Schiffbrüchiger die holprige Uferstraße an der breiten Flussmündung landeinwärts ritt. Das zurückweichende Wasser gab einen breiten Streifen schilfbewachsenes Marschland frei, von einem Netzwerk morastiger Rinnsale durchzogen. Auf der Landseite säumten glatte graue Stämme hoher Buchen den Weg, die ihre nackten Äste in den wolkenverhangenen Himmel reckten. Hinter den Reitern holperte ein Ochsenkarren, beladen mit den sterblichen Überresten von König Henry sowie den spärlichen Besitztümern der Kaiserin, die aus dem Wrack geborgen werden konnten.
    Immer noch grollend nach Talvas’ scharfer Zurechtweisung, hielt Emmeline den Blick auf die Mähne ihres Pferdes gerichtet, ohne auf den Weg zu achten. Wäre sie nicht so erschöpft gewesen, hätte sie ihm widersprochen und ihren Willen durchgesetzt. Es störte sie maßlos, auf seine Gastfreundschaft angewiesen zu sein. Aber seine Warnung hatte sie eingeschüchtert. Zweifellos würde er ihr nachreiten, sie auf seine Burg schleppen und wie eine Gefangene festhalten, wenn sie einen Fluchtversuch wagte. Im Übrigen hatte sie nicht die leiseste Ahnung, wie weit es bis zur Burg ihrer Schwester war, wusste lediglich, dass sie in östlicher Richtung des Hafens lag, an dessen Küste ihr Schiff zerschellt war.
    „Eurer Miene entnehme ich, dass Ihr immer noch wütend auf mich seid.“ Talvas lenkte seinen Hengst neben ihre Stute. Sein vom Salzwasser verklebtes Haar stand ihm wirr vom Kopf und gab ihm ein jungenhaftes Aussehen. Seine blauen Augen schienen sie zu necken. Emmeline riss den Blick von ihm los, klammerte die Finger fester um die Zügel, um die Erinnerung an seinen Kuss zu verdrängen. Was im Namen aller Heiligen geschah eigentlich mit ihr?
    „Nein, ich bin nicht wütend, Mylord.“ Sie schaute geradeaus auf die bewaldeten Hügel, die sanft zum Fluss in der weiten Talmulde abfielen. „Mich drängt es nur, meine Schwester so bald wie möglich zu sehen, das ist alles.“ Und mich vor dir zu retten, bevor ich etwas tue, was ich hinterher bitter bereue, dachte sie grimmig.
    „Morgen könnt Ihr reisen“, entgegnete er liebenswürdig. „Und wir trennen uns, als seien wir uns nie begegnet.“
    „Mein Leben wäre einfacher, wenn wir uns nie begegnet wären“, antwortete sie, ohne einen Hehl aus ihrem Bedauern zu machen.
    „Aber auch weniger aufregend“, bemerkte er rätselhaft.
    „Und ich wäre noch in Besitz meines Schiffes.“ Ihre Schultern sackten nach vorn.
    „Ihr besitzt Euer Schiff noch, Madame, es ist nur beschädigt. Ich sorge dafür, dass die Belle Saumur noch heute aufgebockt wird.“
    „Macht mir nichts vor“, entgegnete sie schroff. „Ich habe das klaffende Loch im Bug mit eigenen Augen gesehen.“
    „Der Schaden ist zu beheben, Emmeline.“ Talvas beugte sich im Sattel vor, das juwelenbesetzte Heft seines Schwertes blinkte in der Sonne, die hinter einer grauen Wolke hervorlugte. „Ich habe schon weit Schlimmeres gesehen.“
    „Macht mir keine falschen Hoffnungen, Mylord.“ Und dennoch keimte Hoffnung in ihr auf.
    „Davor würde ich mich hüten. Ich weiß, wie viel Euch das Schiff bedeutet.“
    „Das Schiff bedeutet mir alles im Leben“, antwortete sie und blickte ihm ernsthaft ins Gesicht. „Die Belle Saumur ist mein einziger Besitz. Wenn ich sie verliere, verliere ich alles.“ Verlegen über ihren plötzlichen Wortschwall, ließ sie den Kopf hängen.
    „Euer Vater war ein ausgezeichneter Schiffbauer. Die Bel le Saumur wird wieder in See stechen.“ Talvas sprach leise, sein Stiefelschaft streifte Emmelines Schenkel, als der Hengst einer Unebenheit auswich. Die zufällige Berührung trieb ihr die Röte ins Gesicht. Talvas nahm die Zügel kürzer und lenkte das Pferd zur Seite.
    „Ich wünschte, er wäre noch am Leben“, murmelte Emmeline.
    „Nach

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