Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg
Gepäck von unseren Rücken gleiten und legen
uns nieder. Wir ruhen einfach nur aus. Allmählich kommt wieder Leben in unsere
Körper. Im Nachhinein betrachtet, war unser Tagesziel nicht mal 1 Kilometer
entfernt. Das war wirklich nicht unser Tag. Widerwillig machen wir uns noch mal
auf den Weg, denn hier können wir nicht bleiben. Über einen Acker geht es in
Richtung Granon, wir können es aus der Ferne schon sehen.
Karola hat inzwischen gelernt, überschaubare Abkürzungen zu nehmen und so
marschieren wir quer über ein abgeerntetes Getreidefeld. Ein fast
ausgestorbenes Dorf empfängt uns, wir erwarten heute nicht mehr viel.
Die jungen Leute, mit denen wir schon etliche Etappen zusammen laufen und die
wir nicht sonderlich mögen, sind schon da. Sie sind Dänen. Sie sitzen vor der
Bar „TEO“ und begaffen uns. Zu allem Überfluss teilen wir uns heute Nacht auch
noch ein Dach. Zunächst gehen wir weiter und Karola wird von dem örtlichen
Bäcker in seinen Laden gelotst. Als ob er wüsste, wie leicht wir zu verführen
sind. Heute haben wir es nötig und so decken wir uns mit leckeren
Kalorienbomben ein.
Eigentlich waren wir die Straße nur hoch gelaufen, weil wir den Herbergseingang
nicht fanden. Der Bäcker schickt uns zurück, wir sollen einmal die Kirche
umrunden. Das tun wir und betreten das Treppenhaus. Über eine Wendeltreppe
erklimmen wir die Herberge. Oben angekommen, werden wir von dem Herbergsvater,
einem etwa 60-jährigen Italiener empfangen. Infos, Fragen und Aufforderungen
prasseln in rasender Geschwindigkeit auf uns nieder. Wir fühlen uns
überfordert, bevormundet und schon gar nicht wie zu Hause, wie ein Schild uns
doch rät. Die unangebrachte Hektik wird uns einfach zu viel. Kurz und gut, die
Chemie stimmt einfach nicht. Es wird in dieser Herberge außerdem erwartet, dass
alle zusammen zu Abend essen, aber das wollen wir eigentlich nicht und das
missfällt dem Herbergsvater augenscheinlich. Es herrscht eine Spannung die
äußerst unangenehm ist. Wir haben es nicht ausgesprochen, aber wir haben beide
an Flucht gedacht. Aber da wir keine kleinen Kinder sind, beschließen wir diese
Angelegenheit hier als Prüfung zu sehen. Wir haben es so ausgesucht und da
müssen wir jetzt durch. Das Ambiente der Herberge an sich ist sehr originell.
Es gibt einen Aufenthaltsraum mit Küche und eine Treppe führt ins ausgebaute
Dach, hier befindet sich der Schlafraum. Auf dünnen Matten kann man sich sein
Lager herrichten. Das tun wir.
Die Duschen sind leider alles andere als einladend, unsere Badelatschen tun
heute das erste Mal ernsthaft ihre Pflicht. Als wir so weit wieder hergestellt
sind, verlassen wir die Herberge, um unseren Stempel in der Bar „Teo“
abzuholen. Nicht mal einen eigenen Stempel haben die hier. Die Bar hat schon
zu. Schöne Organisation! Wir schauen uns um, wir brauchen Essen. Das Herbergsessen
haben wir soeben ausgeschlagen. Zur Not haben wir noch die Kekse. Aber dazu
muss es nicht kommen, denn soeben erblicken wir auf der anderen Seite des
kleinen Dorfplatzes unsere Rettung. Eine Bar. Wir müssen eine Treppe hoch und
kommen in einen Gastraum, der an ein Kulturzentrum erinnert. Der Wirt hinterm
Tresen macht einen freundlichen Eindruck und mutig fragen wir, ob es hier was
zu Essen gibt. Ja wohl, er wird uns ein Pilgermenü zaubern. Wir sollen uns
überraschen lassen. Wo sind wir den hier? Wir sind überwältigt von soviel
Freundlichkeit. Kommt jetzt die ausgleichende Gerechtigkeit für den bisherigen
schrecklichen Tag? Wir setzen uns glücklich auf unsere Plätze und genießen
vorweg schon mal ein kühles Bier. Auch was der Wirt uns dann serviert gefällt
uns sehr gut. Er fragt, ob wir in der Kirche übernachten und wie er das fragt,
können wir seine Meinung über seine Nachbarschaft erahnen. Vollends von seiner
Abneigung hat er uns überzeugt, als er uns einen Flyer von einer örtlichen
Pension zeigt und uns den Mund wässrig macht. Nun ist es leider zu spät. Wir
lassen es uns jetzt erst mal schmecken. Auf der anderen Straßenseite haben wir
die Kirche im Blick. Karola möchte gerne zur Messe, mir ist nicht danach und so
geht Karola rüber und wird später wieder hierher zurückkommen. Ich schreibe das
heute erlebte in mein Tagebuch und beobachte hin und wieder den Wirt und die
Straße. Karola kommt zurück und wir bleiben noch etwas in der freundlichen Bar.
Die Messe war sehr schön und Karola hat für uns gebetet. Kurz vor 21.00 Uhr
rüsten wir zum Aufbruch. Es hilft ja nichts, wir müssen
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