Zwei Seiten
Freund und bist normal. Warum also über so was nachdenken?« Sie lehnte sich an mich. »Komm, lass uns jetzt das Kreuzfahrtvideo anschauen.«
Kapitel 8
»Oliver!« Unsanft landete ich auf dem Hintern. Schlittschuh laufen war definitiv nichts für mich.
Oliver stoppte direkt vor mir.
Eis und ein paar Spritzer halbgefrorenes Wasser trafen mich im Gesicht. »Bah.«
»Bitte entschuldige.« Oliver versuchte, mir aufzuhelfen, verlor dabei selbst das Gleichgewicht und landete auf mir.
Das Eis unter mir war hart und kalt.
»Entschuldige, Scarlett.«
Ich lachte.
Wie zwei Käfer auf dem Rücken versuchten wir, aufzustehen.
Oliver lachte auch und irgendwie kamen wir wieder auf die Füße.
Die folgenden Minuten liefen wir Hand in Hand und tatsächlich schaffte ich es, auf den Beinen zu bleiben.
»Wie war‘s gestern bei deiner Mutter?«
»Ach, ganz nett. Wir haben ihr Urlaubsvideo angeschaut. Sie war über Weihnachten und Neujahr mit meiner Tante Edith auf Kreuzfahrt. Und sie hatten ihren Camcorder dabei.«
»Das klingt ganz nach meinen Eltern.«
Ich lächelte.
»Äh, Scarlett?«
»Ja?«
»Meine Eltern feiern kommenden Donnerstag silberne Hochzeit.«
»Aha.«
»Und … und ich habe mich gefragt, ob du mich vielleicht dahin begleiten willst?«
Ich verlor das Gleichgewicht und riss uns zu Boden. »Autsch. Verdammt. Sorry, Oliver.«
Gemeinsam rappelten wir uns wieder auf.
Oliver wollte, dass ich seine Eltern und noch wichtiger seine Eltern mich kennenlernten. Er schien es ernst mit mir zu meinen. Keine Ahnung, warum, aber das machte mich nervös. Ach, ich sollte nicht so viel nachdenken. »Ich komme gerne.«
* * *
Oliver und ich lagen auf seinem Bett und tauschten schon seit einer ganzen Weile Küsse aus.
Immer, wenn seine Hände auf Wanderschaft gingen, hielt ich sie fest. Mir war einfach nicht nach mehr. Bald, sehr bald mussten wir mal ein Gespräch darüber führen. Mit Matthias war ich sechs Monate zusammen gewesen, bevor ich ihn »ranließ«, wie Nathalie es ausgedrückt hatte. Ich war halt nicht so für überstürzten Sex. Hoffentlich würde Oliver das verstehen.
Die Eingangstür schnappte zu und Oliver und ich sprangen gleichzeitig vom Bett.
Heute hatte Julia den ersten Tag im Krankenhaus gehabt.
Wie zwei Kinder rannten wir zur Zimmertür und rissen sie auf.
Gerade ging Julia an Olivers Zimmer vorbei und blieb wie ertappt stehen. Sie sah müde aus.
»Und?«, fragte Oliver.
Ich drängelte mich an ihm vorbei. »Wie war‘s?«
»Lasst uns erst mal ins Wohnzimmer gehen, dann erzähl ich es«, sagte Julia. »Ich bin geschafft und möchte mich hinsetzen.«
Oliver schob Julia ins Wohnzimmer und ich trottete hinterher.
Anschließend quetschten wir uns, mit Oliver in der Mitte, auf die Couch.
»Gott, es gab so viel Neues. Unzählige kleine Sachen. Ich hatte zeitweise das Gefühl, mir sollte alles an einem Tag erklärt werden. Und der Papierkram ist der blanke Horror.«
»Haben sie dich auch an Patienten rangelassen, Schwesterherz?«
»Einem hab ich Blut abgenommen, und einen anderen hab ich gemeinsam mit Dr. Reinhard untersucht.«
Ich rutschte etwas näher an Oliver heran. »In was für einem Bereich bist du?«
»Kardiologie und Innere.«
»Das ist alles, was du heute gemacht hast?«, fragte Oliver. »Papierkram, Blut abnehmen und untersuchen?«
Was sollte denn dieser Kommentar? Für den ersten Tag war das doch eine Menge.
Julia schaute Oliver mit zusammengepressten Lippen an. »Mir wurde alles gezeigt, und ich war bei einem Doppler dabei.« Sie schwieg für einen Moment, bevor sie sagte: »Es wurde mir heute unglaublich viel erklärt. Sowohl das Technische als auch, und das war das meiste, das Organisatorische. Ich hoffe, ich behalte alles.«
Oliver winkte ab. »Da mach dir mal keine Sorgen. Ich kenn dich. Du kriegst das schon hin.«
Julias Blick verfinsterte sich für einen Moment. »Ach, ist das schön, wenn einem die Last, immer alles richtig machen zu müssen, so charmant von den Schultern genommen wird.« Julia stand auf. »Ich werd mich jetzt ums Essen kümmern. Wie ich dich kenne, hast du noch nichts gegessen.« Sie schaute zu mir. »Ich meine, ihr.«
Oliver nickte. »Ich bin wirklich etwas hungrig.«
»Lasst uns doch alle gemeinsam kochen.«
Oliver und Julia sahen mich an, als ob ich gesagt hätte, der Dalai Lama würde Bundespräsident werden.
»Oliver in der Küche und wir werden vielleicht rechtzeitig zum Frühstück fertig.«
Oliver grinste.
»Dann helf ich dir halt«,
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