Zwei Seiten
Sekunden auf und schaute Julia fragend an.
»Wir haben gerade beschlossen zu bestellen. Hast du einen dieser Coupons?«
»Wohl doch keine Lust zu kochen, was?« Er glotzte auf den Verband. »Was ist mit deiner Hand passiert?«
»Nur ein kleiner Schnitt. Und jetzt los, ich hab nämlich Hunger.«
* * *
Wir bestellten uns eine Familienlasagne und aßen sie gemeinsam am Esstisch in der Küche.
»Scarlett kommt am Donnerstag mit uns.«
Julia sah erst ihn, danach mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Doch sie sagte nichts und aß weiter.
Manchmal hatte ich das Gefühl, zwei Julias zu kennen. Die eine wortkarg und schwer zu durchschauen und die andere voller Lebensfreude, lustig und offen. Gerade jetzt saß Erstere vor mir und starrte auf ihr Essen.
»Meinst du, ich sollte lieber nicht gehen?« Ich erwartete nicht, dass sie Ja sagte, aber ich wollte wissen, was in ihr vorging.
»Nein, nein. Meine Eltern werden sich freuen, dich kennenzulernen. Ich hab gerade an etwas Anderes gedacht.«
»Und an was?«, fragte ich.
Oliver sah zwischen uns hin und her wie bei einem Tennismatch.
»Die Arbeit.«
Ich konnte nicht sagen, warum, aber ich glaubte Julia nicht. »Und an was genau?«
Zusammengekniffene Augen starrten mich an. »Einen Patienten.«
Oliver berührte mich sanft am Arm. »Lass Julia am besten jetzt ausruhen.«
Mir passte dieses Bevormunden gar nicht, aber ich ließ die Sache dennoch auf sich beruhen. Eigentlich war es ja auch egal. »Ich werde wohl gleich nach Hause gehen. Ich habe Nathalie in den letzten Tagen so wenig gesehen. Sie erkennt mich wahrscheinlich bald schon gar nicht mehr.«
Oliver und Julia lächelten kurz, sagten aber nichts.
Die Stimmung war echt klasse.
Wenige Minuten später stand ich auf und gab Oliver einen langen Kuss auf den Mund. Anschließend küsste ich Julia auf die Wange und umarmte sie spontan.
Zögerlich erwiderte sie die Umarmung.
»Denk nicht so viel an die Arbeit. Du musst jetzt ausspannen«, sagte ich ihr ins Ohr und richtete mich wieder auf.
Sie sah mich mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an.
»Gute Nacht, ihr zwei.«
»Nacht, Scarlett«, sagten beide gleichzeitig.
* * *
Nathalie saß in der Küche und löffelte aus einem Nutellaglas. »Hallo, Fremde. Lange nicht gesehen. Wie geht‘s?«
»Kann nicht klagen«, sagte ich. »Und dir?«
»Alles wie immer. Komm, setz dich zu mir. Ich geb dir auch einen Löffel, wenn du willst.«
Ich nickte und setzte mich neben meine Mitbewohnerin.
Nathalie schaute auf ein kleines Foto von Daniel, das auf dem Tisch lag.
»Du und Daniel, ihr scheint euch gut zu verstehen.«
»Weißt du, ich habe das Gefühl, es könnte was Ernstes sein.«
Wow. Nathalie hatte bisher nie etwas Derartiges gesagt.
Nathalie wandte den Blick vom Foto ab. »Schau nicht so. Auch ich kann mich ernsthaft verlieben.« Sie stupste mich in die Seite. »Und du und Oliver? Wie läuft es mit euch?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ganz gut. Am Donnerstag komme ich mit zur silbernen Hochzeit seiner Eltern.«
»Klasse, ich bin auch da.« Sie zögerte, bevor sie sagte: »Du solltest allerdings die Finger vom Alkohol lassen. Nicht, dass dir wieder so etwas Charmantes wie bei Daniels Geburtstagsparty rausrutscht.«
Ich wollte ärgerlich mit Nathalie sein, aber sie hatte recht. Im Nachhinein fühlte ich mich blöd, so schlecht über Homosexuelle und insbesondere Julia gesprochen zu haben. Ich hatte es nicht böse gemeint, aber … Ach, keine Ahnung, in den letzten Wochen hatte ich begonnen, einiges anders zu sehen. Zumindest wenn es um Julia ging. »Keine Sorge. Du weißt doch, dass ich am Samstag etwas Zeit mit Julia verbracht habe.«
Nathalies Teelöffel glitt langsam aus ihrem Mund. »Wie war‘s eigentlich?«
»Es hat richtig Spaß gemacht.«
»Echt?«
»Jetzt tu mal nicht so überrascht. So schlimm bin ich auch nicht.«
»Das hab ich ja auch nicht gesagt. Aber ich dachte, du fändest Julia … wie hast du es so schön ausgedrückt … pervers. Und außerdem schienst du vor Kurzem ziemlich Angst vor ihr zu haben. Und nach dieser Sache mit Miriam in der Disco …«
»Julia hat mich beschützt. Auch wenn ich sie nicht verstehe, weiß ich doch, sie würde mich niemals belästigen. Und ich … ich mag sie.«
Nathalie hob beide Augenbrauen. Dann schlang sie einen Arm um meine Schultern. »Ich hab‘s gewusst. Du kommst doch noch über deine Vorurteile hinweg.«
Ich schwieg. Was sollte ich auch sagen?
»Wie sieht‘s aus?«, fragte Nathalie. »Ich
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