Zwei Seiten
und verschwand.
Der Arzt blickte kurz auf, bevor er sich wieder Julia zuwandte.
Ich ging um die Liege herum und war geschockt über das, was ich sah: Julia hatte eine blaue Beule auf der Stirn über dem rechten Auge, und der Arzt nähte gerade eine Wunde an ihrem rechten Oberarm.
Ich konnte nicht hinsehen und nahm stattdessen Julias linke Hand. »Was um Himmels willen ist passiert?«
Julia schaute mich erst mit großen Augen an und senkte dann den Blick. »Ein Patient ist ausgerastet. Ein Psychiatriepatient mit Herzproblemen. Leider auch psychotisch. Er war eigentlich fixiert, hat sich aber losgerissen.« Julia schloss die Augen. »Ich war die Nächste in Reichweite.«
»Gott, Julia.« Ich strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Er hatte Angst und dachte, wir würden ihn verletzen wollen. Er riss mir den Sonokopf aus der Hand und schlug mich damit. Ehe ich reagieren konnte, schnitt er mir den Arm mit der Metallschlaufe seiner Fixierung auf.«
Ich musste schlucken.
»Es ging alles so schnell. Es kamen mehrere Schwestern und ein Pfleger zu Hilfe. Sie zogen mich weg. Der Patient wurde fixiert und dann gab Dr. Reinhard ihm was zur Beruhigung.« Julia betrachtete mich. »Es tut mir leid, dass ich nicht aufgetaucht bin.«
»Machst du Witze?«
Julia antwortete nicht.
»Kannst du nach dem Nähen gehen?«
»Ja.«
»Ich fahre.«
»Das musst du auch. Ich habe was gegen die Schmerzen bekommen, weil meine Schulter geprellt ist und mein Kopf einen ziemlichen Bums abbekommen hat.«
Ich strich über den unverletzten Teil ihrer Stirn. »Ich kann dich auch keine Minute aus den Augen lassen.«
Eine ganze Weile herrschte Stille.
»Ich bin jetzt den Rest der Woche krankgeschrieben wegen dieser Sache.«
»Verstehe. Ich bringe dir … euch in der Zeit Essen vorbei.«
»Quatsch. Kochen kriege ich hin.«
»Du bist am Arm und an der Schulter verletzt. Und mit deiner Kopfverletzung sollst du dich auch sicher ausruhen.« Ich sah zum Arzt, der gerade mit seiner Arbeit fertig wurde.
Er nickte zustimmend.
»Heute gibt‘s Sandwiches für euch und morgen was vom Chinesen. Einverstanden?«
Julia seufzte und deutete ein Nicken an.
Ich half ihr auf, und gemeinsam verließen wir die Notaufnahme.
Während Julia im Auto wartete, eilte ich noch mal ins Café und erzählte die ganze Sache meiner Chefin. Daraufhin gingen die Sandwiches aufs Haus.
Ich bedankte mich und hastete zurück zum Auto.
* * *
Ich berührte die schlafende Julia sanft an der Schulter. »Julia? Wir sind zu Hause.«
Keine Reaktion.
»Julia, aufwachen.«
Wieder nichts.
Ich beugte mich zu ihr rüber. »Julia, Natalie Portman ist hier und möchte ein Date mit dir.«
Ein Augenlid klappte hoch, dann das andere.
Julia drehte den Kopf, und ich wich zurück.
Sie zwinkerte ein paarmal. »Sehr witzig«, murmelte sie.
»Es hat funktioniert. Das ist alles, was zählt.« Ich grinste, stieg aus und schüttelte den Kopf über mich selbst. Bei Matthias hatte dieser Spruch immer geholfen, um ihn aufzuwecken. Aber dass ich bei Julia direkt auf die Idee gekommen war …
Als wir in Julias Wohnung ankamen, steckte Oliver den Kopf aus seiner Zimmertür und sein Mund klappte auf. Er stürmte zu Julia und legte den Arm um ihre Taille. »Gott, was ist passiert?«
»Bin mit einem Verrückten zusammengestoßen.«
Während Oliver Julia in ihr Zimmer begleitete, ging ich in die Küche und verteilte die Sandwiches auf zwei Teller. Gut, dass ich schon im Café gegessen hatte. Anschließend ging ich in Julias Zimmer. Als ich sie im BH stehen sah, drehte ich mich weg. Eigentlich albern. Ich hatte mich bisher nie bei anderen Frauen umgedreht. Die hatten ja nichts, was ich nicht schon bei mir selbst gesehen hatte. Aber weil Julia lesbisch war, kam es mir irgendwie nicht richtig vor zu gucken.
Einen Moment später hatte Julia mit Olivers Hilfe ein T-Shirt angezogen und ich stellte die Teller auf Julias Nachttisch.
Unter ihrem Oberteil kämpfte Julia mit der linken Hand, um ihren BH aufzubekommen. Es sah witzig aus, bis sie schmerzerfüllt das Gesicht verzog.
Ich eilte zu ihr. »Lass mich das machen.« Ohne auf eine Antwort zu warten, stellte ich mich hinter sie, zog das Shirt hoch und löste den Verschluss des BHs.
Oliver starrte unterdessen auf seine Füße.
»Danke«, sagte Julia und begann, ungeschickt am geöffneten BH rumzunesteln und ihn unter ihrem T-Shirt durchzuziehen.
Erneut half ich. Erst fasste ich an der gesunden Schulter in den Ärmel und zog den Träger
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