Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
dieser schöne Mann seit Jahren physischer Zuneigung und Vergnügungen beraubt war. Andererseits ließ sich der freudige Stolz in ihrer Brust nicht verleugnen zu wissen, dass er in gewisser Weise ihr gehörte. Sie würde die Erste sein nach so langer Zeit. Er würde sich stets an sie erinnern. Dafür wollte sie sorgen.
Sie legte die Hand flach auf seine Schulter, glitt seinen Bizeps hinunter, drehte ihr Armgelenk und strich mit den Fingerknöcheln sanft wieder hinauf.
»Meredith …« In seiner Stimme schwang eine leise Warnung. Indes fühlte sie sich von der Kraft, die sich in seinen Muskeln ballte, magisch angezogen, und nichts und niemand hätte sie dazu bewegen können, ihr Tun zu beenden.
»Pscht«, hauchte sie, abermals seinen Arm streichelnd. »Lass es einfach zu, dass ich dich berühre.«
Er lehnte sich entspannt in die Kissen und schloss die Augen.
Hinter seinen Lidern sah Rhys Tulpen. Ein endloses Feld voller roter Tulpen und einen Himmel von einem bestechenden Aquamarinblau. Er hatte jenes Feld an einem strahlenden Frühlingsmorgen gesehen, als er mit dem 52sten durch Holland marschiert war. Eine Brise hatte sein Haar gezaust … ähnlich sanft wie Meredith gerade seine Haut streichelte. Das Blumenfeld gehörte zu dem Schönsten, was er je gesehen hatte, so schön, dass es seine verheilten Wunden schmerzen ließ. Er hatte einem plötzlichen Impuls nachgegeben und seine Männer geradewegs hindurchgeführt. Während sie durch zigtausende zauberhafter Blütenknospen marschierten, ihre Kelche sämtlich der Sonne in seinem Rücken zugewandt, hatte er sich gefühlt, als würden sie ihn in ihrer Mitte willkommen heißen. Er watete knietief in jener Schönheit, badete darin – als könnte dies die ganze Hässlichkeit des Krieges fortspülen. So muss es im Himmel sein, hatte er gedacht. Besser, ich erfreue mich jetzt daran, denn – Gott bewahre – nach meinem Tod wird mir ein solcher Genuss nicht mehr zuteilwerden.
Erst als er stehen geblieben und einen Blick über seine Schulter geworfen hatte, hatte er die Wahrheit begriffen: das metallische Glitzern hunderter Bajonette, die nachgerade den blauen Himmel ausstachen. Sein gesamtes Regiment von niedergeschlagenen Soldaten, die durch das Feld stampften, dabei die Tulpen mit ihren Stiefeln oder blutverkrusteten nackten Beinstümpfen niedermähten. Er war von der Schönheit göttlicher Schöpfung empfangen worden und hinterließ nichts als grauenvolle Zerstörung auf seinem Marsch.
Weil er ein brutaler Haudegen war und nicht anders konnte.
Meredith’ Zärtlichkeit … ah, das war der reine Himmel. Er wusste, je länger er ihre Liebkosungen zuließ, umso gedankenloser würde er sich in jene reine, himmlische Schönheit stürzen, unsensibel gegenüber dem Schaden, den er damit anrichten konnte. Indes brachte er es nicht über sich, ihr Einhalt zu gebieten. Noch nicht.
Er hielt die Lider geschlossen. Als sie ihre Hand abermals über seinen Arm gleiten ließ, flutete eine Woge der Erregung seinen Körper, sammelte sich in seinem Schwanz und drängte auf Erlösung.
»Frauen empfinden Männer mit Narben als unwiderstehlich«, meinte sie weich. »Wir werden davon angezogen, von dem Geheimnis, das sie umwittert.« Ihre Finger ertasteten die kreisrunde Einschusswunde an seiner Schulter, dort wo die Kugel ihn getroffen hatte, damals bei Vitoria. Gottlob war es ein glatter Durchschuss gewesen. Sie berührte die kaum merklich pochende Narbe, presste einen Daumen darauf. Ein Hauch von Belustigung färbte ihre Stimme. »Denk … denk doch mal an Nippel.«
»Nip…« Heilige Mutter Gottes. »Sagtest du …«
»Nippel. Sind Männer nicht hoffnungslos fasziniert von Frauennippeln?«
Er konnte natürlich nicht für andere Männer sprechen, aber mit einem Mal konnte Rhys an nichts anderes mehr denken.
Sie sagte: »Was die Narben eines Mannes anlangt, verhält es sich bei uns Frauen genauso. Wir können nicht anders, als sie zu bewundern, ihre Farbe und Beschaffenheit. Wir sehnen uns danach, sie zu erkunden, nicht bloß mit den Fingern, auch mit den Lippen.«
Ihre Lippen streiften seine Schulter, und er riss abrupt die Augen auf. Eine vorwitzige Strähne, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatte, kitzelte seine Brust, als sie seine alte, vernarbte Wunde küsste. Er hätte jene dunkle Locke gern um seinen Finger gedreht, indes mochte er sich nicht bewegen. Er wagte es nicht, aus Furcht, sie könnte aufhören.
Nicht aufhören. Nicht aufhören.
Sie hauchte warme Küsse auf
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