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Zwei Toechter auf Pump

Zwei Toechter auf Pump

Titel: Zwei Toechter auf Pump Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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Bevor er sich setzte, blieb er noch eine Sekunde stehen und bewegte prüfend seinen Knöchel. Und während Wackel ihn dabei fasziniert beobachtete, warf mir Kurt eine Papierkugel zu. Es war die Lösung der dritten Aufgabe, die ihm Dombrowski zugesteckt hatte! Ich schrieb sie schnell ab, aber während der ganzen Zeit fühlte ich die hungrigen Blicke der anderen auf mir. Und noch einer fühlte sie, nämlich Wackel. Auf Katzensohlen kam er mir näher. Ich griff in meine Tasche, wo ich eine Rolle mit Pfefferminztabletten hatte, und steckte eine Tablette in den Mund. Aber vor der Tablette die kleine Papierkugel mit der Lösung. Ich schluckte sie hinunter, Pfefferminz samt Kugel. Es tat in der Gurgel weh, aber dann war beides weg. Da kam Wackel schon heran: >Darf ich mal sehen?<
    >Selbstverständlich, Herr Professors
    Er nahm die Glasröhre, sah sie von allen Seiten an, schüttete sie sogar in seine Hand aus.
    >Sehr erfrischend<, sagte ich.
    Er sah mich starr mit glitzernden Augen an: >Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn Sie mal aus Ihrer Bank herausträten?<
    Ich setzte eine tief gekränkte Miene auf: >Nicht im geringsten, Herr Professor!<
    Er bückte sich und fuhr mit der Hand unter die Bank: >Autsch!< machte er, und in einem seiner dicken Finger steckte eine Nadel. Eine Nadel! Plötzlich kam mir ein Gedanke. Ich packte sein breites Handgelenk, zog die Nadel heraus, riß mein Taschentuch vor, betupfte seinen Finger: >Das kann leicht eine Blutvergiftung geben, Herr Professor!<
    Jemand kicherte nervös. Er sah mich wütend an: >Ach, Unsinn! Seien Sie nicht albern!< steckte den Finger in den Mund und ging weiter.
    Eine Nadel! Gute, kleine Nadel! Ich mußte es riskieren, das war ich all diesen braven Kerlen schuldig. Ich schrieb die Lösung auf einen kleinen Zettel, und als Wackel das nächstemal an mir vorbeikam, heftete ich den Zettel mit der Nadel hinten auf seinen Rock.
    Schlagartig änderte sich das Verhalten der Klasse. Man war ungeheuer freundlich zu ihm, verwickelte ihn in kleine Gespräche: Ob man nicht jetzt ein Fenster öffnen könne, ob es noch ein paar Minuten Zugabe gäbe. Manche machten auch verdächtige Bewegungen unter ihren Tischen, so daß er länger bei ihnen stehenblieb. Und die, denen er dabei den Rücken zuwandte, schrieben rasch die Lösung ab. Die Klasse siedete in diabolischer Freude. Er, dieser Schinder, trug selbst die Lösung spazieren! Dann aber kam das große Problem: Sie mußte ihm ja wieder abgerissen werden, denn sie trug meine Handschrift. Wilde Telefonie hin und her, Kurt gab ein Zeichen — er wollte es tun. Und er tat es! Meisterhaft! Mit einem einzigen scharfen Ruck. Aber trotzdem hatte Wackel irgend etwas gemerkt und fuhr zu ihm herum. Kurt riß schnell sein Taschentuch heraus und mimte einen Hustenanfall.
    >Zeigen Sie mir Ihre linke Hand!< brüllte Wackel. Kurt schüttelte den Kopf und hustete. Es war ein prachtvoller Anfall, er hörte überhaupt nicht mehr auf.
    >Ihre Hand!< zischte Wackel und riß sie Kurt mit dem Taschentuch vom Mund. Wir waren alle zu Eis erstarrt. Jetzt mußte alles herauskommen, und ich war erledigt. Aber dann merkten wir, daß sich irgend etwas Besonderes ereignet hatte, etwas Unerwartetes. Wackel starrte auf das Taschentuch, auch Kurt starrte darauf. Dann sahen er und Wackel sich an, und plötzlich legte Wackel ihm ganz vorsichtig die Hand auf die Schulter: >Gehen Sie ‘raus, Kurt. Ich würde mitkommen — aber, na, Sie verstehen! Unten ist Assessor Schmitt, werden Sie es schaffen bis dahin?<
    Kurt nickte, stand wie im Traum, das Tuch noch immer in der Hand. Und dann sahen wir es: ein roter Fleck war darin, ein großer roter Blutfleck! —
    Nach dem Abitur verreiste ich für ein paar Wochen, bevor ich meine erste Stellung bei einer Zeitung antrat. Meine Offizierspläne hatte ich nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches aufgeben müssen. Als ich wiederkam und der Mama und den Großeltern meine Ferienerlebnisse geschildert hatte, verließen die beiden Frauen mit etwas auffälliger Hast das Zimmer. Ich blieb mit Opapa allein. Er paffte nervös. Endlich sagte er: >Da ist noch eine Sache — mit deinem Freund Kurt...<
    >Wieso — was meinst du?<
    >Er ist im Krankenhaus, und ich glaube, es wäre vielleicht ganz gut, wenn du gleich mal hinfahren würdest.<
    Mir wurde ganz kalt: >Ist es... ist es...?<
    >Du wolltest doch Soldat werden, nicht wahr?<
    >Ja.<
    >Ein Soldat muß allem ins Auge sehen, besonders diesem!<
    Ich sprang auf, zog mich wieder an, raste die

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