Zwei wie wir: Roman (German Edition)
genauso zum Alltag wie Nylonhemden oder Hosenanzüge. Schließlich wollte man unbedingt die Zeiten hinter sich lassen, in denen man sich noch freiwillig in den lebenslangen Eheknast begeben hatte, so wie es die Eltern unserer Eltern getan hatten. Heute sind wir zum Glück weiter. Wir müssen nicht mehr ausbrechen, weil wir uns nicht eingesperrt fühlen.
7
S a scha besucht mich am späten Nachmittag im Schuster’s. Er ist einer meiner besten und ältesten Freunde. Er kommt nicht einfach herein, sondern betritt das Lokal, als wäre er gerade von Stefan Raab angekündigt worden und ließe jetzt seine gut gelaunten 140 Kilo die Stufen zum fahrbaren Schreibtisch herunterwallen.
Er hat eine Figur wie Jabba the Hutt aus Star Wars .
Sascha nickt mir zu, wirft einen warmherzigen Blick auf Erik und fährt sich dabei demonstrativ mit der Zunge über die Lippen.
»Vergiss es. Der ist strictly hetero«, erkläre ich ihm.
»Vielleicht kennt er die Wahrheit nur noch nicht«, erwidert Sascha mit seiner sonoren Stimme. Ein Organ wie ein Moschusochse. Und wohl auch so einen Schwanz.
»Frag ihn.«
SaschamachteinKussgeräuschzuErikhin,dergeradean einem der hinteren Tische bedient. Erik dreht sich um, lächelt undsagt:»Vergisses,Sascha.Ichmagdich. Aber nicht so.«
Sascha zuckt mit den Schultern. »Die süßesten Schnitten haben oft die falsche Einstellung. Nun gut, was bleibt mir da anderes übrig, als zu essen.«
»Keine gute Idee. Sieh dich an«, sage ich vorwurfsvoll.
Sascha schlägt sich klatschend auf die Wampe. »Freu dich lieber. Du verdienst an mir.«
Ich umrunde den Tresen, und wir umarmen uns. Sascha lässt sich auf einem der Tresenhocker nieder – zufällig der neben Bernd, der daraufhin ausweicht wie der Insasse eines Unfallwagens, in dem der Airbag aufgegangen ist.
»Du erstickst gerade jemanden«, sage ich zu Sascha.
»Ach, tatsächlich?« Er spreizt affektiert den kleinen Finger ab. Bernd flutscht nach unten durch, nimmt seinen Laptop und verzieht sich beleidigt in den hinteren Raum.
Sascha ist Filmregisseur und verdient gut genug, um höchstens ein oder zwei Projekte im Jahr zu machen. Wir schlürfen beide von unserem Kaffee.
»Wie geht’s dir, mein Lieber?« Er lächelt von einem Ohr zum anderen, was in seinem Gesicht eine weite Strecke ist.
»Nächste Woche werde ich dreizehn Jahre verheiratet sein. Und ich bin immer noch glücklich«, antworte ich.
»Unglaublich. Sie muss dir Drogen geben.«
»Sie ist eine Droge.«
»Wenn ich Frauen nicht zufällig unappetitlich fände, könnte ich dich verstehen. Inna ist etwas ganz Besonderes. Sie lässt dich so sein, wie du bist, Alex. Und dazu ist sie noch hübsch und großherzig. Jeder sollte dich um diese Frau beneiden. Ich freue mich übrigens auf euer Fest. Ihr feiert doch wieder, oder?«
»Worauf du einen lassen kannst.«
Worauf Sascha anspielt, ist die Tatsache, dass Inna und ich unseren Hochzeitstag wieder fett feiern werden. Wie jedes Jahr. Und unsere Geburtstage begehen wir nur in kleinem Rahmen.
Das Ganze hat folgenden Hintergrund. Ganz am Anfang, in den ersten beiden Jahren, war mein Hochzeitstag eine Katastrophe. Der Klassiker. Ich habe nicht dran gedacht, hatte es einfach vergessen. Inna war am Boden. Ein Scheidungsgrund.
Dann habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und dafür gesorgt, dass jeder, der uns kennt, uns künftig an diesen Tag erinnern wird. Denn seitdem findet am 4. Juli jedes Jahres ein ganz besonderes Fest statt. Die Amerikaner feiern ihren Indepence Day – und ich das Gegenteil. Und zwar mit einem rauschenden Fest, zu dem alle Menschen eingeladen sind, die Inna und ich kennen, Freunde, Verwandte, Eltern, Kollegen, Vorgesetzte, Untergebene, Kunden, Klienten, Exfreunde. Alle eben. Und bisher ganz ohne Eifersucht.
A m Abend stößt Torsten zu Sascha und mir. Wir nennen ihn mit Spitznamen Hamster. Nicht ohne Grund.
Torsten hat ungefähr zur selben Zeit geheiratet wie ich und ist nun ebenfalls zweifacher Vater. Der Unterschied zwischen uns besteht darin, dass meine Frau, Inna, sich noch nie sonderlich für materielle Dinge interessiert hat. Und wenn, dann hat sie zumindest nicht von mir erwartet, dass ich sie mit diesen Dingen ausstatten müsste. Das besorgt sie lieber selbst.
Katarina dagegen, Torstens Frau, hat sich noch nie sonderlich für immaterielle Dinge interessiert. Und sie erwartet von Torsten, dass er sie mit allem ausstattet, was sie sich wünscht. Und deswegen hamstert er Kohle.
Obwohl Katarina eigentlich eine
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