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Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Titel: Zwei wie wir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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sollte. Sollte ich? Blödsinn. Darüber sind wir hinaus.
    Ich räuspere mich und sage leise: »Ja, ich habe sie getroffen. Ich war bei ihr. Über Nacht.«
    Ehrlich ist wichtiger als treu. Hat sie selbst gesagt.
    »Nach allem was passiert ist, Alex? Nach allem, was wir in den letzten Wochen durchgemacht haben? Nach diesem Abend, der mich glauben ließ, dass es aufwärts geht? Das ist deine Antwort darauf?«
    »Bitte, Inna. Es hat nichts zu bedeuten. Im Gegenteil.«
    »Und ob es etwas zu bedeuten hat!«
    »Wirklich? Was denn?«

24
    G i bt es einen Bildschirmschoner fürs Gehirn? Wenn nicht, wird es höchste Zeit, dass so etwas erfunden wird. Bei Computern dienen diese Programme bekanntlich dazu, dass sich ein Bild nicht in den Screen einbrennt. Ich befürchte, dass zurzeit dasselbe mit meiner Netzhaut passiert.
    Denn seit einer Woche sehe ich immer nur dasselbe Bild vor mir, sobald ich die Augen schließe.
    Es ist der Abend nach der Nacht bei Sandra. Inna und ich sitzen in der Küche, und sie erklärt mir, was das alles zu bedeuten hätte. In dem Vortrag, den sie mir hält, kommen die Worte Vertrauen, Betrug, Midlife-Crisis und Enttäuschung vor. Das Ganze ist eher überraschend für mich. Immerhin war ich mit dem festen Vorsatz nach Hause gekommen, die Dinge zwischen uns wieder in Ordnung zu bringen.
    Schließlich hört sie auf zu reden und sieht mich erwartungsvoll an. »Hast du mich verstanden, Alex?«, fragt sie.
    »Ja, klar.«
    »Und? Worauf wartest du?«
    »Vielleicht habe ich dich doch nicht verstanden.«
    »Na, dann helfe ich dir auf die Sprünge.«
    Sie geht nach oben ins Schlafzimmer und kommt kurz darauf mit einem gepackten Koffer zurück, den sie mir vor die Füße stellt. »Das dürfte für die ersten Tage reichen. Und wenn du doch noch etwas brauchen solltest, kannst du es dir ja kaufen.«
    Erst jetzt kapiere ich so richtig, was hier gerade abgeht. »Du wirfst mich raus?«, frage ich.
    »Hörst du mir eigentlich überhaupt zu? Ich habe es dir doch gerade ausführlich erklärt.«
    Vertrauen, Betrug, Midlife-Crisis, Enttäuschung. Das hat sie gesagt. Aber was sie meint, ist das hier: Ich soll gehen.
    »Das kannst du nicht machen«, sage ich.
    »Und ob ich kann.«
    »Ist das dein letztes Wort?«
    Wir sehen uns in die Augen. Dann sagt sie: »Du kannst mich nicht einfach in die emotionale Tiefkühltruhe legen, während du dich da draußen austobst, Alex. Und dann, wenn es dir passt, kannst du mich wieder rausnehmen, auftauen – und alles ist wie zuvor. Das funktioniert nicht. Nicht mit mir.«
    »Du schmeißt mich also wirklich raus?«
    »Nein, nicht direkt. Lieber wäre es mir, wenn du freiwillig gehst. Weil du einsiehst, dass es das Beste ist. Wenigstens für eine Weile. So lange, bis du dir wieder klar bist, was das alles zu bedeuten hat. Bis du weißt, was du willst. Aber vorher, vorher möchte ich dich nicht mehr sehen. Du hast mir wehgetan. Sehr weh. Dafür brauche ich Zeit.«
    E s ist Sonntag. Eine Woche ist seit diesem Abend vergangen. Ich stelle den Wagen in der Nähe der Außenalster ab und gehe ein paar Schritte zu Fuß.
    Ich bleibe auf der Krugkoppelbrücke stehen, die das nördliche Ende der Alster überspannt. Ich stoße ein tiefes Seufzen aus und lasse meinen Blick über das Gewässer schweifen, das sich hier von einem schmalen Fluss zu einem richtigen See erweitert. Die grünschwarze Oberfläche ist bedeckt von den weißen Dreiecken der Segelboote und den bunten Farbtupfern der aufgeblähten Spinnaker. Gelegentlich höre ich das dumpfe Tuten eines Alsterdampfers oder das Getrommel eines Drachenbootes, das seine Bahn übers Wasser zieht. Die Szenerie hebt sich pittoresk von den Türmen und Giebeln der Hansestadt im Hintergrund ab.
    Inna hat recht. Ich muss herausfinden, was ich will. Die Frage ist nur, wie man das tut. Wenn ich es wüsste, hätte ich es vermutlich längst getan. Immer wieder muss ich an den Abend denken, an dem wir miteinander gesprochen haben und ich von zu Hause ausgezogen bin. Ich kann nicht sagen, dass die zurückliegenden Tage nur mies waren. Waren sie nicht. Eher durchwachsen. Es kommt mir vor, als hätte ich ganz plötzlich die Chance bekommen zu wählen. Möchte ich mein bisheriges Leben fortsetzen? Oder möchte ich etwas ganz Neues anfangen? Was spricht für das eine, was für das andere? An dem Morgen nach der Nacht nach Sandra, dachte ich, es wäre total klar. Ich will Inna und die Kinder. Ich will, dass alles so bleibt, wie es war. Aber stimmt das? Will ich es

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