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Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Titel: Zwei wie wir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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verlassen worden. Du hast verlassen.«
    Ich sehe erst Kilian an, lasse meinen Blick dann in der Runde kreisen. Kurz bleibe ich bei Sven stehen, der die erstaunliche Fähigkeit besitzt, nur auf einem Auge zu heulen. Folge eines Unfalls, wie er vorhin erklärte.
    »Ja, so gesehen habt ihr natürlich recht.«
    »Also?«, fragt Kilian.
    »Also was?«
    »Na ja, könnte sein, dass du nicht wirklich in unsere Runde passt.«
    »Du meinst, weil ich nicht heule?«
    Kilian wird jetzt ernsthaft sauer und sagt mit gepresster Stimme: »Nein, sondern weil du Vollidiot Probleme hast, von denen wir anderen nur träumen können. Darum hast du bei uns nichts verloren.«
    »Schon gut. Ich geh ja schon«, sage ich.
    »Danke«, sagt Kilian.
    Kurz darauf stehe ich auf der Straße vor dem Zentrum, in dem sich die Männergruppe getroffen hat. Ich überlege kurz, ob ich Carlos anrufen und mich bei ihm bedanken soll. Sein Tipp hierherzukommen, war Gold wert.
    Ich weiß zwar immer noch nicht, was ich will. Aber dennoch bin ich um eine wichtige Erkenntnis reicher. Es gibt da draußen eine Menge Kerle, denen es wegen ihrer Beziehungsprobleme wirklich mies geht. Nicht, dass es mir wegen meiner Beziehungsprobleme nicht mies gehen würde. Aber ich verfüge über etwas, um das mich alle Männer, die ich gerade erlebt habe, beneiden. Denn bei ihnen ist es so, dass ihre Frauen entschieden haben. Ihre Frauen haben Schluss gemacht. Wenn ich es richtig sehe, ist es bei mir umgekehrt.
    Inna erwartet, dass ich mich entscheide. Das ist auch nicht wirklich einfach. Aber im Vergleich zu vielen anderen Typen ist es der reinste Luxus.

33
    M o ntag. Am späten Nachmittag taucht Julian überraschend im Schuster’s auf. »Hey, Alex«, sagt er und setzt sich an den Tresen.
    »Hallo, Julian. Nett, dass du vorbeikommst. Weiß Inna davon?«
    Er schnalzt mit der Zunge. »Natürlich nicht. Sie hätte mich angekettet, wenn ich es ihr erzählt hätte. Sie ist echt scheiße drauf.«
    »Mir geht’s auch nicht gerade prächtig.«
    »Nur, dass du selbst schuld dran bist. Sagt sie jedenfalls.«
    Julian hat mich früher – also vor meinem Auszug – immer mal wieder hier besucht, oft zusammen mit Inna, ab und zu auch alleine. Gelegentlich bringt er auch Schulfreunde mit, wobei es im Wochenrhythmus schwankt, ob er stolz auf mich ist oder sich für meinen Job schämt. Erik dagegen kommt gut bei ihm weg. Die beiden verstehen sich und genießen es, im Spaß über mich herzuziehen, obwohl ich in Hörweite bin.
    Heute ist Julians Ton milde, fast nachdenklich. Erstaunlich für einen Siebzehnjährigen, der in einem psychischen Zustand lebt wie ein in die Enge getriebener Wildhund. Er schnappt normalerweise nach allem, was ihn bedrängt. Seine Nervosität erkenne ich nur daran, dass er mit dem Bein wippt, als würde er einen Technobeat begleiten. Der Streit zwischen Inna und mir geht ihm an die Nieren. Ich habe ein schlechtes Gewissen.
    »Willst du was trinken?«, frage ich ihn.
    »Nein.«
    »Du kannst alles haben.«
    »Bier auch?«
    »Klar, wenn du willst.«
    Ich kann das ohne Gefahr sagen, weil er sowieso ablehnen wird. Julian ist schon mehr als einmal hackedicht zu Hause aufgetaucht und hat eine Spur aus Erbrochenem von der Haustür übers Treppenhaus bis zu seinem Zimmer hinterlassen. Trotzdem weigert er sich, in unserer Gegenwart Alkohol zu trinken.
    »Obwohl, eine Cola wäre nicht schlecht«, erklärt er dann.
    »Wir haben nur Cola Rebell.«
    »Cool. Mag ich.«
    Ich rufe in Richtung Küche: »Hey Erik, kannst du Julian eine Cola mitbringen?«
    »Klar, bekommt er«, ertönt es von hinten.
    Als Erik nach vorne kommt, begrüßt er Julian mit einem Ritual, das bei den Eskimos oder den Yanomami nicht komplizierter sein könnte. Sie klatschten sich ab, verschränken die Finger, sägen mit den Händen hin und her, deuten dann eine Art Umarmung an, bei der sie fest mit den Brustkörben zusammenstoßen.
    Ich zucke mit den Schultern. »Warum begrüßt du mich nicht so?«
    »Oh, Alex. Bitte.«
    »Er will damit sagen, dass du einfach zu alt bist und es lächerlich aussehen würde«, erläutert Erik.
    »Ja, stimmt«, sagt Julian.
    Erik grinst.
    »Hey, schon fertig mit den Sandwiches hinten?«, raunze ich ihn an.
    »Schon gut, schon gut.«
    Erik zeigt mir den Finger und verschwindet nach hinten in die Küche.
    »Erik ist in Ordnung«, erklärt Julian.
    »Ja, ist er. Hast du Hunger?«
    »Nein. Hör zu, kannst du nicht wieder nach Hause kommen, Alex? Inna dreht echt am Rad, seit du weg bist.

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