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Zweibeiner sehen dich an

Zweibeiner sehen dich an

Titel: Zweibeiner sehen dich an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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hellgrünen Streifen in den Mund zu stopfen, als der Kellner zurückkam. „Der Geschäftsführer würde gerne mit Ihnen sprechen, mein Herr“, sagte er devot und begann sich nervös umzuschauen. Er deutete auf das Foyer. „Mit mir?“ Der junge Mann stand erfreut auf und warf dabei ein Glas um. Die helle Flüssigkeit lief über die Tischdecke und tropfte auf den Teppich. „Es tut mir leid“, sagte er und begann, die Flecken mit einer Serviette wegzuwischen. „Das macht doch nichts“, sagte der Kellner mit grimmiger Stimme und ergriff seinen Arm.
    Im Foyer trafen sie auf einen zweiten Kellner, der ihn am anderen Arm faßte. Irgendjemand brachte seinen Mantel und die Kamera. Gemeinsam schoben die beiden Kellner ihn zum Ausgang.
    „Und der Geschäftsführer?“ fragte der junge Mann naiv.
    „Der Geschäftsführer“, erwiderte der erste Kellner kalt, „ist der Meinung, daß es besser für unser Haus ist, wenn Sie es so schnell wie möglich verlassen.“
    „Aber ich habe noch nicht bezahlt!“ rief der junge Mann, als die Kellner ihn auf die Straße hinausstießen.
    „Ihre Rechnung geht auf Kosten des Hauses.“
     
    In der Herrentoilette einer Galerie prüfte der junge Mann den Inhalt seiner Taschen. Er entdeckte, daß er Martin Naumchik hieß, europäischer Bürger war und 1976 in Asnieres/Seine geboren wurde. Er gehörte der weißen Rasse an, besaß blaue Augen und braune Haa re, keine Vorstrafen; seine bürgerlichen Ehrenrechte waren ihm nicht aberkannt worden. Er besaß keine unveränderlichen Kennzeichen, war beschäftigt als Journalist bei der Zeitung Paris Soir, 98 rue de la Victoire, Paris (9C). Er entdeckte einen Führerschein, eine Scheckkarte, einen Presseausweis in fünf Sprachen und einen Notizblock, der mit unleserlichen Buchstaben bedeckt war. In seiner Geldbörse befanden sich vierzig Mark und in den Hosentaschen ebenfalls zwei oder drei Mark in Münzen. Das war alles. Außer einigen Fahrscheinen, einem Schlüsselring, Taschentüchern und einer noch halbvollen Zigarettenschachtel und einem zerknitterten Umschlag, der an Martin Naumchik, Berlin, Gastnerstraße 67 adressiert war, fand er sonst nichts.
    Nachdem der junge Mann seinen Hunger mit einem paar Würstchen und einem Brötchen gestillt hatte, die er in einer Imbißstube erstand, fühlte er sich müde, einsam und verwirrt. Jetzt sehnte er sich danach, wieder im Zoo zu sein, aber er hatte sich bereits derart verlaufen, daß er den Weg zurück nicht mehr zu finden vermochte.
    Er verließ die Galerie und ging die Straße hinunter. Das Kino lud ihn mit geöffneten Flügeltüren zu einem Besuch ein. Auf beiden Seiten des Eingangs hingen riesige Plakate, auf denen die Gestalten von Männern, Frauen, Pflanzen und Blättern vor einem lila-grauen Himmel abgebildet waren. Beleuchtete Reklametafeln verhießen:
     
    DER FILM DES JAHRES!
    Erleben Sie
    STELLA PAIN &WILLEM DeGROOT in
    „UNTER DEN SIEBEN MONDEN“.
     
    Der Eintritt kostete ihn zwei Mark zehn. Der junge Mann zahlte ihn anstandslos, nahm seine Karte entgegen und ging hinein. Einige Leute standen im Foyer herum, rauchten und unterhielten sich. Es gab an einem Schalter exotische Früchte und Konfekt zu kaufen. Ei ne lange Reihe glitzernder Automaten versorgte die Besucher mit Getränken, Süßigkeiten und Taschentüchern.
    Der junge Mann ließ seine Eintrittskarte von einem Automaten am Eingang des Saales entwerten, erhielt seinen Kontrollabschnitt zurück und fand sich bald darauf in einem großen Raum mit dunklen Sitzen wieder, der nur durch das schwache Glimmen der Wände auszumachen war. Da und dort, um ein großes Becken herum, saßen einige Leute, aber drei Viertel der Sitzplätze waren leer. Es herrschte Stille. Niemand sprach oder bewegte sich, denn offensichtlich hatte die Vorführung bereits begonnen.
    Der junge Mann bahnte sich einen Weg durch den Gang, suchte sich einen Sitzplatz und klappte ihn herunter. Als seine Arme die Lehnen berührten, war um ihn herum plötzlich Geräusch und Bewegung. Er sprang erregt auf und sofort war wieder Dunkelheit und Stille. Der riesige, fast leere Saal des Theaters hatte sich nicht verändert. Die blitzenden Phantomgebilde, die er für eine Sekunde gesehen hatte, waren wieder verschwunden …
    Er setzte sich wieder und berührte die Armlehnen erneut; diesmal jedoch sehr vorsichtig und behutsam. Wieder das plötzliche Gemisch von Licht und Ton. Dieses Mal sah er Gestalten, hörte gesprochene Worte, bevor er wieder aufsprang. Um ihn herum saßen

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