Zweifel in Worten
abweisend.
„Hallo“, sagte Gabriel deshalb nur und er hoffte, dass man ihm seine Niedergeschlagenheit wegen Sams Flucht nicht zu deutlich ansah. Er war nicht hergekommen, um Mitleid zu bekommen, sondern um ein offensichtliches Missverständnis auszuräumen.
„Hallo“, erwiderte Frank und zog die Tür weiter nach innen, um ihn einzulassen. Er versteckte sich dabei halb hinter dem Türblatt, was Gabriel mit einem Stirnrunzeln quittierte.
„Terrasse oder Schlafzimmer?“, setzte Frank hinzu und klang so bitter, dass Gabriel zusammenzuckte. Oh, verdammt, das Gespräch würde tatsächlich noch schwieriger, als er bislang befürchtet hatte.
Er seufzte vernehmlich und blieb im Flur stehen, wandte sich zu Frank um, der nach dem Schließen der Tür offenbar nicht vorhatte, ihm zu folgen.
„Frank, es tut mir leid“, begann er deshalb. „Ich wollte nicht, dass du dich fühlst, wie ... Du bist keine Hure und das solltest du auch nie werden!“
„Und weiter?“ In Franks Augen blitzte es gefährlich auf, aber Gabriel beschloss, dass es keinen Sinn machte, diese Warnung jetzt überzubewerten. Frank war verletzt, natürlich. Wenn er wirklich dachte, er, Gabriel, hätte ihn nur benutzt ...
„Denkst du das wirklich?“, wollte er wissen. „Dass ich dich benutzten wollte? Oder dass ich dich benutzt habe?“
Franks Zögern ließ einen Hoffnungsschimmer in Gabriel aufglimmen. Er trat nun doch näher und blickte Gabriel fest an. „Nein, das glaube ich nicht. Ich fürchte sogar, dass du keine Ahnung davon hattest, was für eine reizvolle Beute du warst.“
Diese wenigen Worte trafen ihn hart. Er beherrschte sich, nicht zusammenzuzucken. „Hm ... Ich bin keine Beute, Frank. Oder vielleicht wollte ich es sein … Deine Beute. Und wie ich mittlerweile weiß, habe ich dich richtig eingeschätzt. Ich wusste, was ich riskierte, schon bevor du mich gewarnt hast. Ich wusste, was ich tat, als wir miteinander geschlafen haben. Und ich wollte es.“
Frank schob seinen Unterkiefer hin und her und musterte ihn noch immer so durchdringend, dass Gabriel das Gefühl hatte, zu schrumpfen. Das passte nicht zu ihm, niemals. Er war kein Duckmäuser oder Weichei.
„Ich habe es gehasst, Sam nicht die Wahrheit sagen zu können. Ich wollte dir die Chance geben, es ihm selbst zu sagen.“
Gabriel nickte leicht. „Ja, ich weiß, und er denkt jetzt, was wir heute Nachmittag getan haben, hätte seine beruhigenden Worte dir gegenüber albern und verlogen wirken lassen.“
„Ich wusste doch, dass er noch keine Ahnung haben konnte. Aber seine tiefe Überzeugung, dass ihr beide mir niemals zu nahe kommen würdet, mich niemals ausnutzen oder gar benutzen würdet, hat mir gezeigt, wie falsch es war, mit dir zu schlafen.“
„Frank, ist dir klar, dass Sam versucht, dich vor mir zu beschützen?“, erkundigte Gabriel sich leise und atmete tief durch.
„Mich vor dir? Das ist ...“, er lachte auf, „echt albern!“
„Nein, das ist es nicht, hörst du? Sam versucht nur, dich vor Schaden zu bewahren.“
„Er ...?!“ Frank sah ihn mit großen Augen an. „Aber wieso?“
„Also, wenn du mich fragst, gibt es dafür nur einen Grund. Den, aus dem er auch mich vor allem und jedem beschützen will.“
„Nein, lass gut sein, fang erst gar nicht davon an, ja? Ich will das nicht hören! Ich hänge sowieso spätestens seit heute vollkommen zwischen euch, und ob du es willst oder nicht, das mache ich nicht länger mit!“
Frank drängte sich an ihm vorbei und Gabriel folgte ihm ins Wohnzimmer, nur um zu sehen, dass Frank sein Telefon von der Ladestation nahm und auf den Tasten herumdrückte, bis er es schließlich laut stellte und es auf dem Tisch ablegte.
„Wen rufst du an?“, wagte Gabriel zu fragen und erntete dafür einen vernichtenden Blick.
„Das hast du jetzt nicht wirklich gefragt, oder?“ Mehr Antwort bekam er nicht, deshalb schwieg er und blieb, sich die Schläfen reibend einfach da stehen, wo er war.
Als das Telefon den Anwahlton mit einem Klicken und einem geschnieften „Frank? Ist was passiert?!“ beendete, zog sich in Gabriel alles zusammen.
Das war Sam und er klang verheult und tief getroffen.
„Du weißt doch, was passiert ist, Sammy“, erwiderte Frank so ruhig und beinahe zärtlich, dass Gabriel hart schlucken musste.
„Ja“, drang es brüchig aus dem Mobilteil.
„Kannst du herkommen, bitte?“
Eine längere Pause, ein Schniefen, dann ein Rascheln. „Wieso?“
„Weil ich mit dir reden möchte. Und weil“,
Weitere Kostenlose Bücher