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Zweiherz

Titel: Zweiherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Will konnte manchmal am Morgen noch silbergelbe Haare an den Holzfasern finden.
    Du wirst mich nicht kriegen, dachte er verzweifelt. Du nicht.

    Als Kaye die Haustür klappen hörte, stand sie noch einmal auf, schlüpfte in ihren Morgenmantel und trat aus ihrem Zimmer. Sie blickte die Treppe hinunter. Unten im Hauptraum stand ihr Vater. Er sah müde und durcheinander aus. Seine Schuhe waren staubig.
    »Hallo Dad«, sagte sie und empfand eine spontane Zärtlichkeit für ihn. »Wo warst du nur?«
    Kaye lief die Stufen hinunter und warf sich ihrem Vater an den Hals. Er ließ sich von ihr in die Arme nehmen, drückte sie fest an sich.
    »Dad?«, fragte Kaye besorgt.
    »Ich war am Grab deiner Mutter«, antwortete er. »Ich brauchte ihren Rat.«
    Kaye zog ihren Vater auf die Couch vor dem Kamin. Er strich sich mit beiden Händen über das widerspenstige rote Haar und seufzte.
    »Dad, ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch«, erwiderte er. »Aber ich habe das Gefühl, als gäbe es nichts, mit dem ich es dir beweisen könnte. Deine Mutter hat immer gewusst, was sie als Nächstes tun muss. Sie hat das Leben einfach in die Hand genommen und an ihrer Seite war ich auf einmal auch stark. Aber nun ist sie schon so lange tot und ich fühle mich vollkommen fehl am Platz auf diesem Land. Es ist ihr Land, Kaye. Dinétah . Indianerland.« Er vergrub sein Gesicht in den abgearbeiteten Händen.
    Die Navajos hatten so viele verschiedene Bezeichnungen für ein und dasselbe Ding. Arthur Kingley hatte versucht, sie und ihr Land zu verstehen, aber nach all den Jahren, die er unter ihnen lebte, fiel es ihm immer noch schwer. Und noch schwerer fiel ihm zu begreifen, dass seine Tochter, sein Fleisch und Blut, so vollkommen eine Navajo war und so wenig weiß.
    »Dad«, begann Kaye behutsam, »du brauchst mir deine Liebe nicht zu beweisen. Ich weiß, dass sie da ist. Und was Mom angeht - mir fehlt sie genauso wie dir. Aber sie würde nicht wollen, dass es dich krank macht. Die Ranch war ihr Zuhause, und es ist unser Zuhause, weil wir ihre Familie sind. Ich bin glücklich hier.«
    »Ich weiß«, sagte Arthur. »Aber manchmal fehlen mir die Stadt und der Pazifik. Mir fehlen der Duft von Tang, das Treiben in den Straßen.«
    »Wenn du Sehnsucht nach San Francisco hast, warum stattest du Großvater nicht mal einen Besuch ab? Vielleicht freut er sich sogar.«
    Arthur sah auf. Kaye hatte schon immer diese gefährliche Gabe besessen, seine Gedanken lesen zu können, genauso wie ihre Mutter. Er sagte: »Ich habe meinen Vater seit drei Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Du hast ihm nicht mal geschrieben, dass Mama tot ist«, erinnerte sie ihn vorwurfsvoll. » Ich musste es tun.«
    »Er mochte sie nicht. Das weißt du.«
    »Weil sie dich dazu gebracht hat, Schafzüchter in einem Indianerreservat zu werden, anstatt ein angesehener Anwalt in San Francisco. Großvater denkt immer noch, wir würden hier mitten in der Wüste leben.« Sie umarmte ihren Vater noch einmal heftig. »Ich mag keine Anwälte, Dad. Und ich mag die Wüste, die keine ist.«
    »Würdest du denn eine Weile ohne mich zurechtkommen?«, fragte er. »Ich meine, nur für den Fall, dass ich...«
    »Hey, du kennst mich doch«, unterbrach sie ihn und lachte. Ihr Herz schlug schneller. »Ashie und Hoskie sind ja auch noch da. Mit ihrer Hilfe kriege ich das schon hin, mach dir nur keine Sorgen um die Schafe.«
    »Ich dachte weniger an die Schafe als an dich«, sagte Arthur mit besorgtem Blick.
    Kaye schüttelte den Kopf. »Um mich brauchst du dich nun wirklich nicht zu sorgen. Ich bin erwachsen.«
    »Ich weiß«, bemerkte Arthur bekümmert, »ich weiß. Das ist ja das Problem.« Er saß noch eine Weile in Gedanken versunken da, doch dann erhob er sich ruckartig und sagte: »Kannst du mich morgen Vormittag nach Gallup bringen? Mittags geht dort ein Flieger der Arizona Airlines nach Phoenix.«
    »Alles klar«, sagte Kaye, verblüfft über die plötzliche Entschlusskraft ihres Vaters. Eigentlich war sie noch einmal heruntergekommen, um ihrem Vater alles zu erzählen und ihn um Hilfe zu bitten. Aber wenn sie das jetzt tun würde, dann würde er hierbleiben. Und Kaye wollte nicht, dass er blieb. Ein paar Tage allein auf der Ranch, das eröffnete ungeahnte Möglichkeiten. Sie würde gleich morgen Teena anrufen und es ihr erzählen.
    »Was ist mit diesem Jungen, diesem Yazzie?«, fragte Kingley. »Wird er wieder gesund werden?«
    »Der Arzt sagt ja, aber es kann lange dauern«, antwortete Kaye. »Sie haben

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