Zweiherz
Dein Zukünftiger ist ein glücklicher Mann.«
Sie setzten sich auf die Veranda, um zu essen und den schönen Blick auf die bewaldeten Hügel zu genießen. Das zufriedene Blöken der Schafe drang zu ihnen herüber.
»Hast du deinen Webstuhl hervorgeholt?«, fragte Teena.
Kaye seufzte kopfschüttelnd. »Ich habe es noch nicht geschafft. Wenn du wüsstest, was alles passiert ist.« Endlich konnte sie ihrer Freundin von den nächtlichen Geschehnissen im Water Hole Canyon erzählen. Von Aquilars kaputten Beinen und dem gestohlenen Flötenspieler.
»Das ist ja furchtbar«, sagte Teena. »Meine Großmutter hat mir erzählt, auch die Felsbilder derer Die vor uns da waren hätten ihre Geister. Die sind jetzt bestimmt zornig.«
Kaye erinnerte sich an das ungute Gefühl, das sie im Canyon gehabt hatte, und nickte. Aber von Geistern wollte sie jetzt nicht sprechen. »Will hat mich geküsst«, sagte sie.
Teenas finsteres Gesicht wurde augenblicklich von einem Lächeln erhellt. »Na, das ist doch endlich mal eine gute Nachricht.«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Kaye. »Alles ging so schnell, vielleicht habe ich es ja nur geträumt. Keine Ahnung, warum Will so zurückhaltend ist. Schließlich bin ich kein Kind mehr.« Sie sah Teena an. »Ich klinge furchtbar, nicht wahr?«
»Du klingst, als wärst du verliebt.«
Kaye hob die Schultern.
»Na, komm schon, Kaye, du wirst doch jetzt nicht aufgeben, nur weil es ein bisschen schwierig wird. Immerhin hast du fünf lange Jahre auf den Jungen gewartet und in dieser Zeit keinen anderen angesehen. Bewerber hat es ja mehr als genug gegeben.« Teena lachte verschmitzt.
Das stimmte. Zwei waren sogar ziemlich hartnäckig gewesen. Jeff Tyler, ein blonder Junge, der mit Kaye zur High School gegangen war, und erst aufgehört hatte, sie zu verfolgen, als seine Eltern mit ihm nach Ohio zogen. Jeff hatte Kaye noch ein paar Mal geschrieben, aber ihre Antwortbriefe waren immer sehr kühl ausgefallen und schließlich hatte er es aufgegeben.
»Was ist eigentlich aus diesem Hopi geworden?«, fragte Teena und rümpfte die Nase. Wie viele Navajos mochte sie die Hopi nicht, was durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte. Zwischen den beiden Völkern stand es nicht zum Besten, obwohl sie auf engstem Raum miteinander lebten. Das kleine Hopireservat lag inmitten des Big Res der Navajos.
Dieser Hopi war ein junger Mann aus Walpi, einem Dorf auf der First Mesa, den Kaye vor zwei Jahren zur Navajo Fair in Window Rock kennengelernt hatte. Pete Yatasi war inzwischen einundzwanzig und studierte an der Navajo-Universität in Tsaile Ethnologie und Stammesgeschichte. Er war ein sympathischer, gut aussehender junger Mann mit höflichen Umgangsformen, mit denen er das Herz jeder Schwiegermutter im Sturm erobern würde.
Nach dem Tod ihrer Mutter hatte der junge Hopi Kaye häufig besucht. Er hatte sich immer etwas einfallen lassen, um sie von ihrem Schmerz abzulenken, und manchmal hatte er sie sogar zum Lachen gebracht. Doch Kaye war Pete Yatasi gegenüber stets zurückhaltend geblieben.
»Was soll aus ihm geworden sein? Ich habe ihn lange nicht gesehen und er hat auch nicht angerufen.«
»Hopis bauen Häuser wie Bienenwaben und hocken eng aufeinander«, bemerkte Teena. »Wir passen nicht zusammen, so viel ist schon mal klar.«
Kaye winkte ab. »Das ist doch Unsinn. Die Hopi sind seit 500 Jahren sauer auf uns, weil wir uns auf ihrem Land breitgemacht haben. Und wir sind sauer auf sie, weil sie versucht haben, uns mithilfe der Weißen wieder zu vertreiben.«
»Sie haben große Gesichter und breite Nasen«, sagte Teena. »Ich habe Angst vor ihnen.«
Kaye lachte. »Du hast Vorurteile, das ist alles. Pete Yatasi hat keine breite Nase, er sieht gut aus. Im Gegensatz zu Mike Northridge«, fügte sie mit säuerlicher Miene hinzu.
»Die pickelige Bohnenstange gibt nicht auf, was?«
»Nein.« Kaye schüttelte den Kopf. »Wie du siehst, gibt mein Liebesleben nicht viel her. Aber wie steht es mit dir und Charlie?«
Teena zuckte kaum merklich zusammen und wurde rot.
Kaye war bestürzt, als sie in den Augen ihrer Freundin Tränen entdeckte. »Hey«, sagte sie. »Was ist denn los mit ihm?«
»Nun, er ist jedenfalls nicht so zurückhaltend wie dein Will.«
Kaye musterte Teena aufmerksam. »Ihr habt es also getan«, sagte sie ruhig.
»Wir haben es getan«, erwiderte Teena.
»Besonders glücklich klingst du aber nicht.«
»Ich weiß auch nicht.« Teena senkte den Kopf. »Alles ging so schnell. Hinterher habe ich mich
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