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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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Gartentür. »Vielleicht, vielleicht auch nicht«, erwiderte er. »Probier’s aus, dann wirst du es wissen.«

manhattan mystery
    a idan war fort, aber ein Dutzend Kojoten schlich ihm hinterher. Jay versuchte, nicht auf das unangenehme Kribbeln in seinem Nacken zu achten und sich nicht vorzustellen, dass sie ihn hinterrücks anfallen würden. Es reichte, wenn Liberty, die wieder zu ihm gestoßen war, sich alle zwei Meter unbehaglich nach ihnen umsah. Fieberhaft überlegte er, wo er Madison am ehesten finden würde. Vermutlich hat Aidan zugesehen, dass er so viel Land wie möglich zwischen sich und die Wächter bringt. Also könnten Linda und das Mondmädchen noch auf der Stadtinsel sein. Er kehrte zu dem Boot zurück und überquerte den Fluss. Aber wenn er gedacht hatte, die Kojoten loszuwerden, hatte er sich getäuscht. Während er paddelte, konnte er aus dem Augenwinkel sehen, wie sie weit über ihm die Brücke überquerten. Und als er auf der anderen Seite ankam, wartete die Horde schon auf ihn und heftete sich wieder an seine Fersen. Vermutlich bin ich jetzt schon auf Aidan hereingefallen , dachte er. Kein Schritt ohne Kontrolle .
    Es war hoffnungslos, das erkannte er bald. Er konnte nicht einmal richtig Ausschau halten, je näher er dem Zentrum kam, desto mehr musste er sich darauf konzentrieren, nicht in eine von Fayes Fallen zu tappen. Um ihn herum knackte der Dschungel verräterisch. Liberty hatte sich längst aus dem Staub gemacht, als er bei Einbruch der Nacht mit schmerzenden Beinen und knurrendem Magen aufgab. Tolles Drehbuch, Jay , dachte er. Du wirst hier einsam erfrieren oder verhungern, falls Linda dich vorher nicht doch noch erwischt .
    Er kroch in eine Höhle unter einer Hochhausruine. Früher war sie vielleicht ein Parkhaus gewesen. In einer Ecke wickelte er sich in die Decke und aß eine Handvoll Nüsse und das Trockenfleisch aus dem Proviantbeutel. Ein paar Stücke überließ er den Kojoten, die ihn mit hungrigen Augen anstarrten.
    Dann kauerte er sich erschöpft zusammen. Das Verrückte war, dass Ivy ihm so sehr fehlte. Es war wie ein leeres Pochen von Schmerz in seiner Brust. Sobald er die Augen schloss, sah er ihr Gesicht vor sich, die Zornesfalte, das Lachen, den schnellen Wechsel zwischen Schatten und Sonne. Ihre Begegnungen zogen an ihm vorbei, jede Minute, in der sie ihn in Schwierigkeiten gebracht hatte, ihr ungestümes Lachen, ihr Temperament, ihre Flüche, die Leidenschaft, mit der sie den Sommer liebte, und die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihn vor das Auto gestoßen hatte. Das gar kein richtiges Auto war . Nicht realer als jede andere Erinnerung. Und als wäre das nicht genug, träumte er in dieser Nacht von allem, was er verloren hatte – eine Galerie von Gesichtern, die er nie wieder sehen würde. Sein eigenes gequältes Stöhnen holte ihn aus dem Schlaf. Er blinzelte und es war dunkel, still und die Luft war eisig. Aber seltsamerweise war ihm trotzdem warm. Und als er sich bewegte, spürte er, dass die Kojoten sich an ihn geschmiegt hatten. Einer knurrte, als Jay sich regte, aber es klang nicht aggressiv, eher unwillig und verschlafen.
    »Warst du Feathers?«, fragte er leise. Seine Finger berührten dichtes Nackenfell, dann leckte ihm eine warme Zunge über den Handrücken. Und irgendwie hatte diese Geste in der Einsamkeit etwas Tröstliches und Vertrautes.
    »Mit wem redest du da, Mann?«, erklang neben ihm in der Dunkelheit Madmans krächzende Stimme. »Drehst du jetzt durch?«
    »Ja. Sei froh, dass wenigstens du noch normal bist.«
    Ein rasselndes Lachen erklang in der absoluten Dunkelheit. »Muss ja jemand auf dich aufpassen. Ich sag’s dir nicht gern, Kleiner, aber du bist nicht ganz richtig im Kopf. Du siehst Gespenster.«
    »Allerdings. Warum schreist du so?«
    »Was?«, brüllte Madman. »Ich versteh kein Wort! Irgendwelche Verrückten da draußen starten schon mit dem Feuerwerk.«
    Stille umfing sie, aber Madman stöhnte und fluchte, als würde ein furchtbarer Lärm ihn martern. »Alles Bescheuerte in dieser Stadt«, knurrte er dann leiser. »Die Metropole der Bekloppten.«
    »Was für ein Feuerwerk meinst du?«
    »Na, Silvester! Wir sind am Times Square.«
    Silvester. Jay schluckte. Die Einsamkeit fiel auf ihn zurück. Die Neujahrsfeste seiner Kindheit zogen an ihm vorbei. Charlie und ihr Mitternachtsfestmahl vom Chinesen. Er konnte sich nicht erinnern, dass sie ein einziges Mal selbst gekocht hätte. Aber es waren vertraute, schöne Nächte vor dem Fernseher

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