Zweite Chance fuer die Liebe
schon immer eine Träumerin gewesen. Deshalb hatte er sie ja auch unbedingt beschützen wollen. Sie war zu gutgläubig und zu leicht zu verführen. Sein Vater und er hatten immer gedacht, Lily würde sie auf den falschen Weg leiten.
Nur hatte Lily das nicht getan, im Gegenteil. Sie hatte Jordana ebenfalls beschützen wollen.
Tristan biss die Zähne zusammen und nahm zwei Stufen auf einmal, umso schnell wie möglich in seine eigene Suite zu gelangen. Lily hatte sich als eine ganz andere Person entpuppt als die, für die er sie gehalten hatte. Sie war keineswegs nur eine Katastrophe auf zwei Beinen, sondern besaß ein gutes Herz, das wusste er jetzt. Nicht nur äußerlich beeindruckte sie ihn mit ihrer Schönheit, sondern auch innerlich.
Aber er hätte nicht mit ihr schlafen sollen. Vor sechs Jahren war es schon schwer genug gewesen, sie aus dem Kopf zu bekommen, nach nur einem einzigen Kuss. Dieses Mal würde es wohl noch länger dauern, wenn sie die Abbey erst verlassen hatte.
Die Abbey verlassen? In seinem Bad stützte er die Hände auf das Waschbecken und studierte sich im Spiegel. Warum setzte ihm diese Vorstellung so zu?
Weil ihn seit gestern etwas mit ihr verband, deshalb. Und so, wie sie ihn heute Morgen angesehen hatte, fühlte sie wohl ähnlich. Sie hatten gestern etwas angefangen … vielleicht nichts Festes, aber es war auf jeden Fall wert, es noch eine Weile zu verfolgen.
Lily hatte im Restaurant ja selbst gesagt, dass Beziehungen sie nicht interessierten, dass sie gern Single war. Weshalb ließ er sich dann von Jordana in Panik versetzen? Er musste die Sache ja nicht abrupt beenden. Sollten die Dinge ruhig noch ein wenig so weiterlaufen. Solange es eben dauerte.
Eine Hand an den Hals gelegt, presste Lily sich im Gang an die Wand und wünschte, sie könnte sich unsichtbar machen. Aber Tristan hätte sie so oder so nicht gesehen, als er aus der Küche gestürmt kam. Dazu war er viel zu wütend.
Sie ließ den Kopf an die Wand zurückfallen. Es stimmte also doch: Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand.
Sie versuchte zu verarbeiten, was sie eigentlich gehört hatte: Sie war niemand Besonderes. Sie gehörte nicht zu Tristans Kreisen. Er liebte sie nicht. Er wartete ungeduldig darauf, dass er sein Leben wieder aufnehmen konnte.
Damit waren wohl alle ihre Fragen beantwortet.
Sie wünschte, sie könnte die Uhr zurückdrehen, um zehn Minuten nur. Dann würde sie oben bleiben, anstatt ihn suchen zu gehen.
Aber wäre das wirklich besser? War sie nicht in einer besseren Position, wenn sie Bescheid wusste? Gehörte das nicht dazu, wenn man sich seinen Ängsten stellte?
Das Klappern von Geschirr erklang, und endlich kam wieder Bewegung in sie. Jordana mit dem Teetablett! Lily spurtete die Treppe hinauf und erreichte ihr Zimmer, ohne gesehen zu werden. Für einen Moment lehnte sie sich schwer atmend gegen die Tür. Tristans Worte liefen wie in einer Endlosschleife in ihrem Kopf ab. Er liebte sie nicht, würde sie nie lieben. Und das Schlimmste – sie war nicht gut genug für ihn.
Die Dusche. Sie würde duschen gehen, damit Jordana nicht sah, wie elend sie sich fühlte!
Natürlich hatte sie nicht wirklich erwartet, dass Tristan nach dieser Nacht hoffnungslos verliebt in sie aufwachen würde, aber … Glaubte er wirklich, sie wäre nur an seinem Titel interessiert?
Sie würde ihm zu gerne sagen, was er mit seinem dämlichen Titel machen konnte, aber damit würde sie verraten, dass sie mit angehört hatte, was nicht für ihre Ohren bestimmt gewesen war. Und danach würde sie wahrscheinlich weinend zusammenbrechen.
Wie ihre Mutter bei Johnny. Früher war sie wütend gewesen, weil ihre Mutter sich jedes Mal betrunken hatte, wenn Johnny mal wieder mit seinen Groupies losgezogen war, doch jetzt empfand sie nur noch Mitleid und Mitgefühl. Jetzt verstand sie, wie es war, wenn man einen Mann liebte, der die Liebe nicht erwiderte.
Sie ließ sich das heiße Wasser übers Gesicht laufen. Sie mochte jetzt mehr Verständnis für ihre Mutter haben, aber ihr wurde auch klar, dass sie Hanny nicht ähnelte. Ihr Charakter war ein völlig anderer. Sie würde sich nicht an Tristan klammern und betteln. Sie würde ihm mit hoch erhobenem Kopf gegenübertreten, sich für die schöne Nacht bedanken und gehen.
Tränen brannten in ihren Augen. Sie erinnerte sich an den Moment, als sie ihre toten Eltern gefunden hatte, an den Tag, als Frank sie ins Internat geschickt hatte, und an Tristans Zurückweisung vor sechs
Weitere Kostenlose Bücher