Zwergenbann: Roman
musste ihr gehorchen, konnte mich nicht dagegen auflehnen.«
»Eine weitere Teufelei der Dunkelelben«, sagte Barlok. »Los, fasst mit an.«
Sie schleiften die beiden toten Thir-Ailith hinter einige Gesteinsbrocken in einer Ecke der Höhle, wo sie hoffentlich nicht so schnell entdeckt werden würden, ehe sie hastig ihren Weg fortsetzten.
Ohne weitere Zwischenfälle erreichten sie das Versteck, wo die anderen auf sie warteten. Nicht mehr die winzige Grotte, in der Lian zuvor gehaust hatte, sondern ein etwas größerer Raum. Ausführlich erstattete er Bericht über das, was er erfahren und erlebt hatte.
»Ich weiß nicht, warum ich gegen die magischen Befehle der Dunkelelben immun war«, schloss er. »Aber es bereitete mir keinerlei Mühe …«
Er verstummte, als er spürte, wie etwas geschah. Etwas Fremdes, Unheimliches erfüllte plötzlich den Raum, eine Magie von solcher Stärke, wie er sie noch nie zuvor gespürt hatte. Etwas wie ein kaum wahrnehmbares Summen lag in der Luft. Auch Lian versteifte sich, während die Krieger ihn nur fragend anblickten.
»Was ist los, Kriegsmeister?«, erkundigte sich einer von ihnen.
»Spürt ihr es denn nicht? Eine ungeheure fremde Macht, die …« Er brach ab, als er das Unverständnis in den Augen der anderen sah. »Du spürst es ebenfalls, nicht wahr?«, wandte er sich an Lian.
Der Junge nickte stumm. Furcht verzerrte sein Gesicht.
Minuten verstrichen, ohne dass sich etwas ereignete. Unvermindert spürte Barlok die fremde Magie. Irgendetwas Ungeheuerliches ging vor sich, aber er konnte nicht einmal erahnen, was es war. Wenigstens schien es nicht unmittelbar gegen sie gerichtet zu sein.
Eine Viertelstunde mochte vergangen sein, als er etwas hörte, das wie dumpfe, weit entfernt in regelmäßigem Rhythmus geschlagene Trommeln klang.
»Ich muss herausfinden, was das zu bedeuten hat«, sagte Barlok. »Ihr wartet hier, ich gehe allein!«
Hastig eilte er davon, auf die Quelle des Geräusches zu. Es wurde rasch lauter, und schon bald erkannte er, dass es sich nicht um Trommeln handelte. Eher klang es wie …
Er sah seine Vermutung bestätigt, als er sein Ziel erreichte. Der Stollen endete auf halber Höhe in der Wand einer der großen
Hallen. Von hier aus konnte Barlok einen Blick in die Tiefe werfen, ohne selbst groß in Gefahr zu geraten, entdeckt zu werden. Die letzten Meter kroch er auf Händen und Knien, legte sich dann flach auf den Boden und streckte den Kopf über die Felskante.
Die Hoffnung, die er nach dem Lesen der Chronik geschöpft hatte, verwandelte sich in Entsetzen. Der Schriftmeister, der sie verfasst hatte, hatte sich geirrt. Der Weg von Zarkhadul in die Unterwelt der Thir-Ailith war nicht verschlossen worden, wenigstens nicht so gründlich wie erhofft, denn nun musste er wieder offen sein.
Das Geräusch waren die Tritte unsagbar vieler schwerer Stiefel. Ein schier endloser Heerzug von Dunkelelben wälzte sich im Gleichschritt marschierend durch die Halle.
Tausende.
Zehntausende.
Erst nachdem er einige Minuten voller Grauen in die Tiefe gestarrt hatte, begriff Barlok, was dieser Aufmarsch zu bedeuten hatte. Nicht nur der Durchgang in die Unterwelt der Thir-Ailith war wieder geöffnet worden, sondern auch der Weg an die Oberfläche.
Das riesige Heer, das er unter sich vorbeimarschieren sah, zog aus, um über Elan-Tart herzufallen.
28
DER RAT DER ELBEN
Als Warlon erwachte, schien ihm warm die Sonne ins Gesicht, sodass er die Augen sofort geblendet wieder schloss, kaum dass er sie geöffnet hatte. Das Trällern von Vögeln drang an seine Ohren.
Sonne? Vögel?
Es fiel ihm schwer, sich zu erinnern, was geschehen war, aber er wusste, dass er schon seit Wochen keinen hellen Sonnenschein mehr gesehen und keinen Vogel mehr gehört hatte. Mit dem Karren waren sie durch Udan gefahren, hatten die trostlose Einöde der Geröllwüste erreicht, durch die sie zu Fuß gewandert waren, schließlich Schnee und Eis - die wirren Erinnerungsfetzen in seinem Kopf fügten sich allmählich zu klaren Bildern zusammen.
Die Elben!
Plötzlich erinnerte er sich auch wieder an die Begegnung mit den weißen Reitern. Einer von ihnen hatte ihn zu sich auf sein Pferd gehoben, und von da an wusste Warlon nichts mehr.
Erneut riss er die Augen auf, blinzelte in das helle Licht und schirmte sie mit einer Hand ab. Er lag in einem mit feinstem weißen Linnen bezogenen Bett, das sich so seidig anfühlte, wie er es noch nie bei einem Stoff gespürt hatte. Die Decke über ihm bestand
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