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Zwergenfluch: Roman

Zwergenfluch: Roman

Titel: Zwergenfluch: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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Abhandlungen zu verfassen oder detailgetreue Abschriften anzufertigen. Da er schon einmal hier war, hätte Barlok gerne etwas verweilt und ihnen bei der Arbeit zugesehen oder die große Bibliothek im Obergeschoss besichtigt, doch dazu war jetzt nicht der geeignete Moment.
    Sie stiegen eine Treppe hinunter, an deren Ende sie eine geschlossene Eisentür erwartete, die auf ein Klopfen geöffnet wurde. Der Novize kehrte um und stieg die Treppe wieder hinauf, während Barlok eintrat. Hinter der Tür lag eine nicht übermäßig große Kammer mit einem Tisch in der Mitte. Andächtig blickte Barlok sich um. In die steinernen
Wände waren zahlreiche kleine Nischen eingelassen, in denen Schriftrollen und Folianten lagerten. Weitere Schriftrollen lagen auf dem Tisch ausgebreitet. Auf den ersten Blick erkannte Barlok, dass sie extrem alt sein mussten. Viele bestanden nicht einmal aus Papier, sondern aus einer Art Stoff, der vom Alter fleckig und brüchig geworden war. Die meisten waren an verschiedenen Stellen eingerissen, bei manchen fehlten ganze Stücke, die anscheinend verfault und zu Staub zerfallen waren.
    Auch der Goldbrocken mit dem eingravierten Symbol lag auf dem Tisch, wie Barlok bemerkte.
    Nur drei Personen hielten sich in dem Raum auf, der greise Selon, Oberhaupt der Schriftgelehrten und Mitglied des Hohen Rates, sowie zwei andere, ebenfalls bereits sehr alte Männer. Die goldgestickten Symbole auf ihren Gewändern zeigten, dass auch sie im Rang eines Schriftmeisters standen, dem höchsten, den die Gelehrtenkaste zu vergeben hatte.
    »Seid gegrüßt, ehrwürdiger Barlok«, richtete Selon das Wort an ihn. Sein Bart und sein Haar waren beinahe ebenso weiß wie sein Gewand, sein Gesicht von tiefen Falten durchzogen. Niemand wusste, wie alt er genau war, aber es ging das Gerücht, dass er sich bereits seinem vierhundertsten Lebensjahr näherte. »Ich freue mich, dass Ihr meiner Einladung so schnell folgen konntet. Angesichts dessen, was Euch widerfahren ist, hätte ich Euch nicht hergebeten, wenn es nicht wirklich wichtig wäre. Darf ich mich erkundigen, wie es Euch geht?«
    »Tharlia hat mich als geheilt entlassen«, berichtete Barlok unbehaglich. »Ich fühle mich gut.«
    »Das freut mich für Euch.« Er stellte seine beiden Begleiter vor, doch Barlok machte sich nicht einmal die Mühe,
sich ihre Namen zu merken, zumal Selon sie anschließend ohnehin bat, ihn mit seinem Besucher allein zu lassen.
    »Was ist das hier für ein Raum?«, erkundigte er sich, als die beiden die Tür hinter sich geschlossen hatten. Er ahnte, dass das, weshalb man ihn hergebeten hatte, ihm nicht gefallen würde.
    »Wir nennen es unser Sanctuarium«, berichtete Selon bereitwillig. »Unser Allerheiligstes, in dem nur die ältesten und brisantesten Schriften aufbewahrt werden. Nur wenige Gelehrte haben hierhin Zutritt, und Ihr seid der erste Außenstehende, dem dies gewährt wird.«
    »Das ist eine hohe Ehre, die ich zu schätzen weiß.« Barlok trat an den Tisch heran und ließ seinen Blick über die Schriftrollen gleiten. Viele waren in fremden Sprachen verfasst, die er nicht beherrschte, bei manchen kannte er noch nicht einmal die Schriftzeichen.
    »Ehre, Unsinn«, erwiderte Selon. An diesem Tag sah er noch älter aus als sonst, wirkte müde und verbraucht. Barlok vermutete, dass er die ganze Nacht über den Schriften in dieser Kammer gebrütet hatte. »Früher wäre es das gewesen, aber wenn sich bewahrheitet, was ich befürchte, dann stehen uns Zeiten bevor, in denen solche Gesten keine Bedeutung mehr haben.«
    Barloks Unbehagen verstärkte sich. Erst Tharlia mit ihren düsteren Andeutungen, und nun auch noch der Schriftmeister. Dabei war vor allem Selon kein Mann leerer Worte und Übertreibungen. Wie er in einer Ratssitzung einmal spöttisch angemerkt hatte, bliebe ihm nicht mehr genügend Zeit, um sie mit Geschwätz zu vergeuden.
    »Ihr habt etwas über das Symbol herausgefunden?«
    »Das habe ich. Aber zunächst möchte ich Euch bitten, mir zu erzählen, wie genau Ihr in seinen Besitz gelangt seid.«

    Da er den allgemeinen Verlauf der Expedition bereits detailliert bei seiner Rückkehr vor dem König und dem Rat geschildert hatte, konnte Barlok sich darauf beschränken, die genauen Umstände zu schildern, unter denen er den Goldbrocken mit dem Symbol gefunden hatte.
    »Und Ihr seid sicher, dass er zu dem Durchgang gehörte, den Warlon eingerissen hat?«, hakte Selon nach.
    »Nicht mit absoluter Sicherheit, jedenfalls kann Warlon sich

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