Zwergensturm
drehte sich zu ihm um und spürte, dass es nun wohl an ihm war, etwas zu erwidern. „Ääääh …“ Kein guter Beginn, dachte er sich. „Wir sind Reisende …“ „Ja, das seh’ ich. Aber wohin wollt ihr? Was ist der Zweck eurer Reise?“ Tinchena drängelte sich vor. „Wir sind Händler! Wir wollen hinaus in die ferne Welt, um unsere Waren feilzubieten!“ Ausschweifend gestikulierte sie zu ihrer Erklärung. Der Dunkelelf schien nicht überzeugt. Auch der andere kam jetzt herüber und inspizierte die Gruppe. „Welche Waren? Ich sehe keine.“ Schweigen. Haggy dachte wieder kurz an die Stinkmorcheln.
Zahrin trat etwas hervor. „Nein, nein, wir sind nicht direkt Händler“, versuchte sie die Situation zu beruhigen. „Wir proben für ein Theaterstück, welches wir im Waisenhaus aufführen wollen. Ein Zwerg, eine Gnomin und zwei Menschen ziehen aus, um den verschollenen König der Zwerge zu finden und dem Lande die Gerechtigkeit zurückzubringen. Ihr versteht.“ Sie deutete eine Verbeugung an. „Jetzt sammeln wir erste Erfahrungen und proben ein wenig, wie wir das später auf der Bühne machen werden. Aber Ihr wisst ja …“, sie lächelte sanft, „wie kritisch die Kleinen sein können. Also, um alles möglichst realistisch zu machen, tun wir so, als ob wir die Reise wirklich unternehmen würden. Seht her, das hier wird meine Waffe im Theaterkampf gegen die Dunk… gegen das Böse sein!“ Sie wickelte ihren Streitkolben aus und präsentierte ihn.
Der erste Dunkelelf betrachtete ihn mit fragendem Anblick. „Was ist das?“ Der zweite Dunkelelf kam nun vollends zur Gruppe und sah sich ebenfalls das Schmiedewerk an. „Sieht aus wie … ein Stockbrot!“ Zahrin senkte den Kopf und packte den Kolben wieder ein. „Na, damit stellt ihr für die Sicherheit des Besetzten Landes eine vermutlich tragbare Gefahr dar“, lachte der erste Dunkelelf. „Bitte, bitte, passiert, ihr werten Schauspielexperten! Dann übt mal schön, aber passt auf, dass ihr euch da draußen nicht wehtut mit eurem Stockbrot!“
Als sie durch das Tor gingen und hinter sich noch das Lachen der Dunkelelfen hörten, gab Haggy Zahrin einen Klaps auf die Oberschenkel. „Gut gemacht“, flüsterte er ihr zu. Er wusste auch, wie enttäuscht sie darüber war, dass sich jeder über ihre Schmiedekünste lustig machte.
„Das war eine prima Idee!“, kommentierte auch Otto Zahrins Vorstellung. Das Tor lag nun dreißig Schritte hinter ihnen. Haggy sah sich vorsichtig um, doch das Tor war leer; die Dunkelelfen schienen sich wieder ihrem üblichen Tun zugewandt zu haben. Erleichterung überkam ihn. „Das hätte auch schiefgehen können!“ „Ja, wir haben halt alle keine Erfahrung mit derartigen Abenteuern.“ Otto sah nachdenklich aus. „Wer weiß, was uns noch alles erwartet, auf das wir überhaupt nicht vorbereitet sind.“ „Aber das macht so ein Abenteuer doch gerade aus!“ Zahrin lächelte ihn an. „Und vergiss nicht, auch unsere Besatzer sind nicht gerade kampferprobt.“ Haggy kniff die Augen zusammen. „Außer vielleicht denen, die bei den Goldminen waren. Ich bin froh, dass das alles weit weg ist. Wollen wir mal hoffen, dass das auch so weit weg bleibt.“ „Stimmt, Orks möchte wohl keiner über den Weg laufen“, sagte Otto. „Wie groß ist so ein Ork eigentlich?“, fragte Tinchena. Haggy antwortete: „Das wissen wir alle nicht, wir haben ja noch nie einen zu Gesicht bekommen. Vom Hörensagen würde ich meinen, etwa doppelt so groß wie ich, eher mehr.“ „Oha, da braucht man aber viel Feuer. Da weiß ich gar nicht, ob ich das kontrollieren könnte.“ Haggy legte seinen Arm um Tinchenas Schulter. „Ja, das ist schon was anderes als Holzdosen.“ Tinch nickte.
Urplötzlich ging Otto in die Knie. Er blickte angestrengt voraus. „Was ist los?“ , fragte Haggy überrascht. „Da hinten ist was. Es hat sich was bewegt, dort drüben, in den Büschen!“ Haggy blickte dahin, wohin Otto zeigte. „Aber das ist doch nicht so außergewöhnlich. Ich nehme an, wir sind nicht die Einzigen, die sich außerhalb Prudas herumtreiben.“ „Genau“, ergänzte Zahrin, „und die für eine Theateraufführung üben …“ Otto streckte die Beine wieder etwas weiter durch. „Ja, ja, vielleicht bin ich zu schreckhaft, aber das sieht mir aus, als ob sich dort jemand versteckt.“ Jetzt erstrahlte Haggys Gesicht. „Meister!“, rief er laut und lief los, auf die Buschreihe zu. Seine Freunde sahen ihm erstaunt nach. Haggys Nase erspürte
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