Zweyer, Jan - Rainer Esch 01
seines Assistenten dankbar und nickte ihm zustimmend zu.
»Er hat die Auspuffgase in sein Fahrzeug geleitet und sich so das Leben genommen.«
Stefanie Westhoff wurde bleich und sah Baumann entgeistert an. »Wann, gestern? Aber wir hatten doch erst am Mittwoch verabredet, gestern essen zu gehen. Ich hab doch noch so lange auf ihn gewartet. Warum hat er das gemacht?«
»Wir hatten gehofft, daß Sie uns da weiterhelfen könnten.«
Brischinsky hatte sich wieder gefangen. »Können Sie sich denken, warum Ihr Bruder…«
»Nein, das kann ich nicht. Überhaupt nicht. Wir haben doch vorgestern noch telefoniert. Und dann bringt er sich einen Tag später einfach um.«
Sie wurde wieder von einem Weinkrampf geschüttelt. Die Beamten warteten.
»Ich habe keine Ahnung, wirklich. Er war so guter Laune.
Wir wollten über meinen geplanten Urlaub sprechen. Er wollte uns Tips geben, er ist auch schon mal auf Samos gewesen. Wir hatten uns zum Essen im Mykonos verabredet, aber er ist nicht gekommen. Ich kann mir das nicht vorstellen, überhaupt nicht.« Sie schüttelte verzweifelt den Kopf. »Kann es nicht doch ein Unfall gewesen sein? Ich glaub’s einfach nicht. Doch nicht Klaus.«
»Nein, bestimmt nicht. Es war kein Unfall. Hören Sie«, dozierte jetzt Baumann, »wir haben da unsere Erfahrungen. Ich sagte ja schon, er hat die Abgase ins Auto geleitet. Und um ganz sicherzugehen, zusätzlich Tabletten geschluckt und die mit einer Flasche Whiskey runtergespült.«
»Baumann, halt jetzt den Mund«, bellte Brischinsky seinen Kollegen nach einem Blick auf die Schwester des Toten an.
Stefanie sah aus wie ein Kalkeimer. Sie saß mit hängenden Schultern zusammengesunken im Sessel.
»Frau Westhoff, ich lasse Ihnen meine Telefonnummer hier.«
Er legte seine Visitenkarte auf den Tisch. »Bitte rufen Sie mich an, wenn es Ihnen besser geht. Sie müssen, so leid es mir tut, Ihren Bruder noch identifizieren. Ich habe noch eine Bitte: Haben Sie einen Schlüssel zur Wohnung Ihres Bruders? Wir würden uns dort gerne einmal umsehen, wenn Sie gestatten.«
Stefanie nickte. »Da vorne am Schlüsselbrett.« Sie zeigte mit einer Kopfbewegung in den Wohnungsflur. »Der mit dem gelben Anhänger«, sagte sie leise.
»Danke. Sie bekommen ihn sofort zurück, wenn wir ihn nicht mehr brauchen. Können wir wirklich nichts mehr für Sie tun?«
»Nein, danke.« Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
»Ich schaffe das schon.« Sie hielt sich die Hände vor ihr Gesicht und schluchzte heftig.
Brischinsky sah Baumann an. Scheiß Job, sagte dieser Blick.
Baumann schnappte sich beim Rausgehen das Foto und den Schlüsselbund.
»Auf Wiedersehen. Und es tut uns leid.« Brischinsky erwartete keine Antwort. Er trat mit Baumann in den Hausflur und zog vorsichtig die Wohnungstür ins Schloß.
12
Brischinsky ließ sich auf den Beifahrersitz des Passats fallen, steckte sich eine Kippe zwischen die Zähne und stöhnte. »Puh, so was jeden Tag, und ich laß mich pensionieren.«
»Und wovon willst du leben? Rente is noch nich, da sind Nobbi und Theo vor«, flachste Baumann zurück.
»Sag mal«, Brischinsky warf einen Blick auf seine Armbanduhr, »es ist jetzt kurz nach sieben. Hast du heute abend eigentlich noch was vor? Wir beide könnten doch jetzt…«
»… gemütlich ein Bierchen zischen«, unterbrach ihn Baumann. »Das ist die beste Idee, die du heute gehabt hast. Ich hab Zeit. Jede Menge.« Er startete den Motor und fuhr los, Richtung Innenstadt.
»Falsche Richtung. Da geht’s lang.« Brischinsky wies mit dem Daumen nach hinten.
»Wieso willst du in die City über Süd fahren?« Baumann schüttelte verständnislos den Kopf.
»Wir fahren nicht in die Stadt.«
»Aber du hast doch gesagt…«
»… daß es kurz nach sieben ist. Und dich gefragt, ob du noch was vorhast. Du mußt mich ausreden lassen, Herr Kommissar.
Von Bier trinken war nicht die Rede. Wir fahren zur Wohnung von Westhoff. Uns mal etwas umsehen.«
»Mistkerl.«
»Eben. Darum bin ich Hauptkommissar und du Kommissar.
Und wenn du jetzt nicht bald die Karre wendest und uns pronto zur Bochumer Straße schaffst, wird das auch noch einige Zeit so bleiben.«
»Yes, Sir. Mit Lalülala, oder wie hätten Sie’s denn gern?«
Baumann ging voll in die Eisen und nutzte eine Tankstellenauffahrt, um mit quietschenden Reifen dem Wunsch seines Vorgesetzten zu folgen. Kopfschüttelnd beobachteten Passanten das Manöver.
»Nun mach mal halblang.« Brischinsky hielt sich mit der
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