Zweyer, Jan - Rainer Esch 03
kommt nicht in Frage. Du hast mich abgestellt, um von Hunderten Bergleuten Fingerabdrücke zu nehmen und zu katalogisieren. Genau das mache ich seit zwei Tagen. Nichts anderes. Hast du das gehört, Hauptkommissar Brischinsky?
Seit zwei Tagen erkläre ich genervten Kumpel, warum ich ausgerechnet von ihnen Abdrücke brauche. Weißt du eigentlich, was ich mir da alles anhören muss? ›Scheißbulle‹
ist noch harmlos. Damit das klar ist: Das mit dem Grubenriss war deine Idee. Allein deine. Un getz mach ma.«
Der Hauptkommissar beugte sich grummelnd über die Zeichnung.
»Eigentlich ist dieser Mist hier doch nicht nötig«, sinnierte er.
»Es reicht doch, dass ich weiß, wer den Tatort erreichen konnte. Ich muss doch nicht wissen, woher der Täter kam.
Jedenfalls jetzt noch nicht«, schränkte er sofort ein.
»Baumann, wie lange dauert es, bis das Labor die Fingerabdrücke von der Folie mit denen verglichen hat, die du den Kumpel von der Nachtschicht genommen hast?«
»Wenn ich die Vordrucke hier vollständig ausgefüllt habe, bringe ich den Stapel nach unten ins Labor; die werden dann in den Rechner eingelesen… dann dauert das nur Minuten.«
»Und wie lange dauert das Ausfüllen noch?«
»Wenn du mich in Ruhe arbeiten lässt, brauche ich noch etwa eine Stunde.«
Seufzend starrte Brischinsky wieder auf den Grubenriss und die Namenslisten. Etwa zweihundert Bergleute wären in der Lage gewesen, innerhalb von zwei Stunden den Tatort zu erreichen. Die Liste der Beschäftigten, die in Revieren tätig waren, die in letzter Zeit ein neues Pickeisen aus dem Magazin enthalten hatte, umfasste einhundertfünfzig Namen.
Der Hauptkommissar war sich völlig darüber im Klaren, dass der Vergleich der Namenslisten nicht der Weisheit letzter Schluss war und in eine Sackgasse führen konnte. Aber neben der Befragung der Arbeitskollegen von Heinz Schattler war das zunächst der einzige Ermittlungsansatz, den sie hatten.
Deshalb begann der Hauptkommissar damit, alle Namen, die nur auf einer der beiden Listen standen, mit seinem Bleistift durchzustreichen.
Nach einer Stunde hatte Brischinsky gut zwei Drittel der Aufstellungen durchgearbeitet. Baumann schnappte sich den Stapel Formulare mit den Fingerabdrücken.
»Ich gehe jetzt ins Labor. Bin in etwa einer halben Stunde wieder da.«
Fünfundvierzig Minuten später stand Baumann wieder in ihrem Büro.
»Hier, kannst gleich weitermachen.« Er warf seinem Chef eine weitere Namensliste auf den Schreibtisch. »Sind nur sieben deckungsgleiche Abdrücke gewesen. Da musst du nicht lange vergleichen.«
»Nur sieben? Immerhin. Die nehmen wir uns auf jeden Fall alle vor. Gibt es noch weitere Abdrücke?«
»Ja, zwei. Die stammen auf jeden Fall von keinem der Bergleute der Nachtschicht. Ich habe trotzdem veranlasst, dass die durch unseren Computer gejagt werden. Vielleicht haben wir ja was in unserer Datei.«
»Gut.« Brischinskys Bleistift trat wieder in Aktion. Nach einigen Minuten sagte er: »Vier Namen. Die Schnittmenge aus drei Listen.«
»Zeig mir die doch bitte mal.« Baumann griff zu den Unterlagen. »Wolfgang Schäfer, Danisan Ködrünü, Cengiz Kaya, Martin Debus. Diese vier sind also unsere Verdächtigen ersten Grades.« Er gab Brischinsky die Listen zurück.
»So lange, bis wir etwas Besseres haben, auf jeden Fall.«
»Warte! Wer sind die vier?«, fragte Baumann nachdenklich.
Brischinsky las die Namen vor.
»Cengiz Kaya, den kenne ich.« Baumann grübelte nach.
»Jetzt hab ich’s. Das ist doch der Freund von diesem verhinderten Detektiv, wie heißt er doch gleich…«
»Esch. Rainer Esch«, fiel Brischinsky ein. »Du könntest Recht haben. Anderseits ist der Name Cengiz Kaya in der Türkei ungefähr so selten wie Heinz Müller bei uns.«
»Ich kenne trotzdem keinen Heinz Müller. Und wir sind in Recklinghausen, nicht in Istanbul.«
»Stimmt. Häng dich ans Telefon und besorg von Humper die Anschriften der vier Männer. Frag gleich nach, für welche Schicht die eingeteilt sind. Ich möchte uns unnötige Wege ersparen. Ach ja, und die Namen der jeweiligen Vorgesetzten will ich auch wissen.« Brischinsky stand auf.
»Mach ich. Und was machst du?«
»Mittag. Du warst ja schon.«
»Hör mal«, protestierte sein Mitarbeiter, »ich war im Labor.«
»Reg dich nicht auf. Ich bring dir was mit. Wie immer?«
»Wie immer. Aber du bezahlst.«
»Also, hast du die Anschriften?«, fragte der Hauptkommissar seinen Assistenten, während er das letzte
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