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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ersten Moment nicht, wo ich war.
    Keuchend und wimmernd taumelte ich zum nächsten Waschbecken und schüttete mir kaltes Wasser ins Gesicht, bis die Traumbilder verblaßten und schließlich ganz verschwanden.
    Widerstrebend hob ich den Kopf und schaute in den Spiegel. Manchmal fällt mir das schwer, weil ich befürchte, tatsächlich Wahnsinn in meinen seltsamen Augen zu entdecken. So auch nach diesem Alptraum.
    Ich konnte die Möglichkeit nicht ganz ausschließen, daß die Trolle nur eine Ausgeburt meiner krankhaften Fantasie waren. Weiß der Himmel, ich wollte diese Möglichkeit ausschließen, aber von Zeit zu Zeit überfiel mich der Gedanke, ich sei geisteskrank und bilde mir alles nur ein, und diese schreckliche Vorstellung raubte mir vorübergehend jeden Lebensmut und jede Willenskraft.
    Ich starrte in meine verstörten Augen, und sie waren so außergewöhnlich, daß ihr Spiegelbild nicht flach und zweidimensional wirkte wie das aller anderen Menschen, sondern genauso tief und real und lebendig wie die Augen selbst. Ich suchte gründlich nach irgendwelchen Anzeichen von Irrsinn, konnte aber nichts Derartiges erkennen.
    Ich sagte mir, daß meine Fähigkeit, die Verkleidungen der Trolle zu durchschauen, genauso unbestreitbar war wie meine anderen psychischen Talente. Ich wußte, daß jene anderen übersinnlichen Kräfte real und verläßlich waren, weil zahlreiche Personen von meiner hellseherischen Gabe profitiert hatten und darüber staunten. Meine Großmutter Stanfeuss nannte mich ›der kleine Seher‹, weil ich manchmal in die Zukunft zu sehen vermochte und manchmal Momente aus der Vergangenheit anderer Menschen sehen konnte. Und, verdammt noch mal, ich konnte auch Trolle sehen, und die Tatsache, daß ich sie als einziger sah, war noch lange kein Grund, diesen Visionen nicht zu trauen.
    Aber ein leiser Zweifel blieb.
    »Eines Tages«, sagte ich zu meinem düsteren Spiegelbild, »wird dich dieser Zweifel im falschen Augenblick überfallen. Er wird dich überwältigen, während du mit einem Troll um dein Leben kämpfst. Und das wird dann dein Tod sein.«

5 -  Abnorme Wesen
     
    Es war halb zehn, als ich die Tür aufschloß und den Umkleideraum verließ. Der Tag war heiß, der Himmel wolkenlos, die Luft nicht mehr so feucht wie in der Nacht. Eine erfrischende Brise gab mir das Gefühl, ausgeruht und sauber zu sein, und sie wehte die Zweifel in tiefere Schichten meines Innern zurück, auf ähnliche Weise wie sie Abfälle und welke Blätter in die Ecken wirbelte, wodurch der Müll zwar nicht beseitigt, aber doch fürs erste aus dem Weg geräumt wurde. Ich war glücklich, am Leben zu sein.
    Ich kehrte zum Rummelplatz zurück und sah mich angenehm überrascht. Nachts waren meine letzten Eindrücke sehr negativ gewesen — drohende Gefahr, Kälte, Elend. Doch bei Tageslicht wirkte dieser Ort harmlos, ja sogar heiter. Die unzähligen Wimpel, die mich in der Dunkelheit so fatal an schlafende Fledermäuse erinnert hatten, waren jetzt rot wie Christbaumkugeln, gelb wie Dotterblumen, smaragdgrün, weiß, stahlblau und orangefarben, und sie flatterten fröhlich im Wind. Die Fahrgeschäfte glänzten und funkelten in der grellen Augustsonne und sahen sogar aus der Nähe betrachtet nicht nur viel neuer und schmucker aus, als sie in Wirklichkeit waren, sondern schienen versilbert und vergoldet zu sein, wie irgendwelche von Elfen angefertigte Geräte in einem Märchen.
    Um halb zehn war der Rummelplatz noch geschlossen, und nur wenige Schausteller machten sich schon an ihren Attraktionen zu schaffen.
    Auf der Straße spießten zwei Männer mit spitzen Stangen Abfall auf, den sie in große Umhängebeutel stopften. Wir grüßten einander mit »Hi« und »Hallo«.
    Ein stämmiger Mann mit dunklem Haar und großem Schnurrbart stand auf der Ausruferplattform des Lachkabinetts, etwa anderthalb Meter über dem Boden, und starrte — die Hände in die Hüften gestemmt — zu dem riesigen Clownsgesicht empor, das die ganze Front einnahm. Er muß mich wohl aus dem Augenwinkel heraus gesehen haben, denn er wandte sich mir zu und fragte mich, ob die Clownsnase meiner Meinung nach angemalt werden müßte.
    »Ich finde, sie sieht gut aus«, antwortete ich, »fast so, als wäre sie erst letzte Woche angemalt worden. Ein hübsches leuchtendes Rot.«
    »Sie wurde wirklich erst letzte Woche angemalt«, berichtete er. »Sie war nämlich immer gelb, vierzehn Jahre lang, und dann hab' ich vor einem Monat geheiratet, und meine Frau Giselle meint,

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