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Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)

Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition)

Titel: Zwielichtlande: Schattenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kellison
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hat er erfahren? Welche schrecklichen Dinge hat er über mich herausgefunden?
    Mit seinem leeren Teller trat er zur Spülmaschine und stellte ihn seitlich in das Gestell. Messer und Gabel ließ er in den Besteckkorb fallen. »Dass man am besten ehrlich sein sollte und es am wichtigsten ist, was jemand tut.«
    Das klang nicht so schlecht. Doch dass er die Fähigkeit besaß, ihre Gedanken zu lesen, berechtigte ihn noch nicht, es auch zu tun. Wie hielt Marcie das aus? Layla wusste, dass sie das nicht ertragen könnte. Wie hatte man sie in Segue bei den vielen mächtigen Leuten hier jemals als Bedrohung empfinden können? Allein das Gedankenlesen verhinderte, dass sie je unbemerkt gegen ihre Interessen handeln konnte.
    Er blieb im Eingang stehen. »In einem Punkt täuschen Sie sich allerdings, und das wird unweigerlich zum Riesenproblem für Sie werden. Bei den hier beteiligten Personen könnten sogar Leben auf dem Spiel stehen. Oder noch schlimmer, Seelen.«
    Wovon zum Teufel redete er? Sie verfügte weder über Magie wie Khan, noch über außergewöhnliche Fähigkeiten wie Custo.
    Dessen Blick verfinsterte sich. »Sie befinden sich an der Grenze zum Schattenreich. Adam bemüht sich, die Dunkelheit zurückzuhalten, doch Segue öffnet sich immer weiter dorthin. Was Sie denken und fühlen, ist hier genauso wichtig wie das, was Sie tun. Vielleicht sogar wichtiger. Temet Nosce .«
    »Was bedeutet das?«
    »Es ist der beste Rat, den ich Ihnen geben kann, und Sie brauchen ihn dringend, Schwester. Erkenne dich selbst .«
    Jetzt war sie wütend. »Das tue ich. Ich bin Layla Mathews. Ich weiß, wer ich bin.« Wie kam er dazu, etwas anderes anzudeuten?
    »Okay«, erwiderte er leichthin. Er drehte sich um, stieß die Schwingtür auf und meinte: »Dann wissen Sie ja, dass Sie auch ein seltsames Wesen sind.«

7
    Als er die Zwielichtlande erreichte und sich seine menschliche Gestalt, die er mit aller Kraft gehalten hatte, in Schatten auflöste, zitterte Khan. Er versuchte, eine gewisse Ähnlichkeit mit Kathleens Schattenmann zu bewahren, war jedoch zu schwach, sich der stürmischen Auflösung zu widersetzen. Erneut ergriffen die kühlen Ranken Besitz von ihm, und er wurde zum Sensenmann, einem schattenhaften, in Dunkelheit gehüllten Bewusstsein. Augenblicklich erfüllte ihn das Wehklagen der Sense, dieser verhassten Verlängerung seines Körpers, die ihn mit einer Art Phantomschmerz quälte.
    »Nun nimm schon die Klinge«, sagte eine sanfte Stimme.
    Moira. Er fiel nicht auf ihr reizendes Gesicht herein, auf ihre langen, goldenen Haare, ihre jugendlich frische Haut und die himmelblauen Augen. Von ihren drei Gesichtern verhieß diese Erscheinung Gesundheit und Leben, doch eigentlich war sie uralt und niederträchtig. Das Schicksal.
    Sie hatte Laylas Lebensfaden aus dem Gewebe der Menschheit geschnitten, und er hatte daneben gestanden und ihr zugesehen. Moira konnte man nicht entrinnen.
    »Alle Menschen müssen sterben«, summte sie. »Selbst deine Frau. Nur die Klinge ist ewig.«
    Seine Sense, sein Schicksal. Das Legat des Todes.
    Nein. Wenn er die Sense noch einmal in die Hand nahm, trennte ihn das für immer von Kathleen. Er wollte die wenige Zeit, die ihnen noch blieb, mit ihr, mit Layla, verbringen. Moira hatte bereits gehandelt.
    Er war nur hier, um Kraft zu sammeln, damit er das Wesen jagen konnte, das Layla freigelassen hatte. Er wusste, welche Bürde es bedeutete, etwas Böses in die Welt entlassen zu haben. Das wollte er ihr ersparen. Und sich dann um das Tor kümmern.
    Kaum angekommen fühlte er sich bereits gekräftigt. Das Schattenreich hatte zwar die Illusion seiner menschlichen Gestalt vernichtet, ihn jedoch gestärkt. Er spürte, wie die widersprüchliche Materie in ihm wütete, seine Kraft verdoppelte, seine Dunkelheit vertiefte.
    »Die menschliche Gestalt, die Kathleen dir gegeben hat, ist verloren«, lachte Moira. »Was wird Layla aus dir machen? Wie wird sie den Tod sehen?«
    Kathleen war die Einzige, die ihm jemals einen schönen Körper gegeben hatte, und es hatte ihn alle Kraft gekostet, diese Gestalt in Laylas Gegenwart aufrechtzuerhalten. Ohne Kathleen blieb er hohl. Wenn er Layla das nächste Mal begegnete, würde sie seine Erscheinung entsprechend ihrer Vorstellung vom Tod prägen. Wenigstens hatte er sie vorerst in Sicherheit gebracht.
    »Du hast es selbst gesagt: Sie wird dich zurückweisen. Das liegt in der Natur des Menschen. Leben und Tod sind unversöhnlich. Zwischen beidem liegt das Schattenreich. Ich

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