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Zwienacht (German Edition)

Zwienacht (German Edition)

Titel: Zwienacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimon Weber
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Pauli.“ Mit einem Mal hielt Münzberg inne. Er presste die Lippen aufeinander und hob zweimal die Schultern an. Er wirkte beinahe komisch und Richard fühlte sich an den Filmkomiker Oliver Hardy in jüngeren Jahren erinnert. Sehr sogar. Die Ähnlichkeit in diesem Augenblick war verblüffend.
    „Bin ich gerade laut geworden?“, fragte Münzberg. Ehe Richard etwas erwidern konnte, beantwortete sein Nachbar die Frage selbst. „Ja, das bin ich. Und das wollte ich auf gar keinen Fall. Tut mir sehr, sehr leid, Herr Gerling.“
    Richard hob begütigend beide Hände.
    „Paulis Tod geht mir sehr nahe. Er war so ein witziger, kleiner Kerl.“, fuhr Münzberg fort. „Aber ich bin hier, weil ich mich bedanken wollte. Sie haben mir heute Morgen das Leben gerettet. Dieser Samurai hätte mich sonst noch abgestochen.“
    „Er dachte wohl auch, dass Sie ihm ans Leder wollen.“ Richard wartete, wie der Mann auf seine Worte reagierte. Er wollte sehen, ob Münzberg nicht schon jeden Bezug zur Realität verloren hatte.
    Doch sein Nachbar nickte zustimmend. „Ich hätte ihm den Mord erst hundertprozentig beweisen sollen. Das wäre schlauer gewesen.“
    „Aber kann man ihm das überhaupt beweisen?“
    „Ich muss!“ Münzberg rutschte auf dem zu kleinen Stuhl, der unter seinem Gewicht bedrohlich knirschte, hin und her.
    „Vielleicht waren es die Ratten“, erwiderte Richard und erinnerte sich gleich wieder an deren emsiges und provozierendes Schaben in den Nächten.
    „Ratten?“ Münzberg ließ den Mund offen stehen und seine Augen waren ganz groß. Er sah mehr denn je wie Oliver Hardy aus. „Mein Pauli hat jede Ratte verwurstet. Er war eine Kämpfernatur!“
    „Die Ruine neben uns ist voller Ratten. Ich höre sie jede Nacht.“
    „Sie können Sie hören?“, fragte Münzberg erstaunt.
    „Die Biester hocken hinter der Wand und kratzen und schaben. Es ist ... “ Richard hielt inne. „Sie können Sie vermutlich deshalb nicht hören, weil meine Wohnung zwischen ihrer und dieser Bruchbude liegt.“
    „Kann sein.“ Münzberg verzog das Gesicht. „Das ist ja widerlich.“
    „Unser Vermieter hat versprochen, sich darum zu kümmern.“
    „Das muss der Stadt gemeldet werden“, erklärte Münzberg. „Ich hoffe, das tut der Vermieter auch.“ Er schüttelte verständnislos den Kopf. „Aber ich halte es für ausgeschlossen, dass Ratten meinen Pauli so zugerichtet haben.“
    Richard rief sich das schreckliche Bild des Katzenkopfs vor dem Eingang zur Ruine in Erinnerung. „Der Kopf sah nicht so aus, als sei er mit einer scharfen Klinge abgetrennt worden.“
    „Sondern?“, ächzte Münzberg und bekam sofort feuchte Augen. „Ich wollte mir Paulis Kopf nicht näher ansehen.“
    „Er schien mir eher wie abgebissen oder ... abgerissen.“
    Sein Nachbar schniefte laut. „Mein Gott! Dazu kann doch niemand fähig sein!“
    „Ratten schon.“
    Münzberg sah durch Richard hindurch. In seinem großflächigen Gesicht arbeitete es, er schürzte die Lippen und knirschte hörbar mit den Zähnen.
    Vermutlich versucht er sich gerade vorzustellen, was die Ratten mit seinem Pauli angerichtet haben, dachte Richard. Er wusste, dass Ratten hochintelligent waren und durchaus geplant vorgehen konnten, um eine Katze zu erledigen.
    „Ich werde mich selbst an die Stadtverwaltung wenden“, beschloss Münzberg und erhob sich schwerfällig. Er deutete mit der Hand in Richtung Fenster. „Aber den Verrückten mit seinen Schwertern und dem ganzen Brimborium behalte ich trotzdem im Auge. Vielleicht war er es ja doch.“
    Richard sagte nichts, lächelte nur unverbindlich und sah zu seinem Nachbarn auf, der mit seiner Leibesfülle die Küche zu einer kleinen Kammer werden ließ. Irgendwann, überlegte Richard, wird er seine Wohnung nicht mehr verlassen können.
    „Sie sind in Ordnung, Herr Gerling.“ Münzberg streckte ihm die fleischige Hand hin und Richard ergriff sie. „Ich bin froh, Sie als Nachbar zu haben.“
    „Schon gut.“ Richard war die Situation peinlich. Er hatte mit Lob oder Komplimenten noch nie gut umgehen können.

Schlaflos

    In der kommenden Nacht waren die Ratten wieder da. Richard saß senkrecht im Bett und starrte die Wand an. Er kämpfte gegen den Drang, sich übergeben zu müssen. Bunte Punkte tanzten vor seinen Augen wie ein Schwarm surrealistischer Schmetterlinge.
    Eine Frauenstimme las im Radio die 3-Uhr Nachrichten vor.
    Ein paar Mal hatte er mit aller Kraft gegen die Wand geschlagen, aber das hatte die Biester nicht

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