Zwillingsbrut
ihr Tod mit den anderen in Zusammenhang gebracht werden und dadurch verdächtig wirken. Shellys »Selbstmord« war ein Risiko gewesen. Die anderen waren bei »Unfällen« ums Leben gekommen; niemand hatte Fragen gestellt.
Alles war bisher perfekt, wie geplant, abgelaufen. Doch es gab noch so viele andere!
Er betrachtete die Anhäufung von Reißzwecken um Missoula und Grizzly Falls. Zugang zu diesen »Unwissenden« würde er leicht finden, waren sie doch ganz in der Nähe.
Doch wenn mehrere Frauen Ende zwanzig, Anfang dreißig plötzlich tödlich verunglückten, würden die Behörden aufmerksam werden.
Es sei denn, es gäbe eine große Katastrophe und sie kämen alle miteinander ums Leben. Eine solche Katastrophe müsste weitere Opfer fordern, natürlich, schon um jedem Verdacht vorzubeugen. Er selbst würde nicht betroffen sein oder – besser noch – dem Ganzen um Haaresbreite und nur leicht verletzt entrinnen.
Eine solche Inszenierung wäre kompliziert, doch allein bei der Vorstellung verspürte er ein freudiges Prickeln. Was für eine clevere Idee! Er würde die Polizei austricksen, sich als Held feiern lassen und … nein! Er musste im Hintergrund bleiben, durfte es sich nicht leisten, plötzlich im Rampenlicht zu stehen, nur damit irgendein dämlicher Reporter anfing, Nachforschungen anzustellen …
Er ging zu einem Aktenschrank hinüber und öffnete ihn. Drinnen standen akkurat geführte Ordner – voller Informationen, die er im Laufe der Zeit über jede einzelne »Unwissende« zusammengetragen hatte.
Er nahm den ersten heraus und klappte ihn auf. Sein Magen machte einen Satz, als er das Foto betrachtete, das zwischen seinen Notizen steckte.
Dr. Acacia Collins Lambert.
Sie war etwas Besonderes. Ein Mädchen aus einer Kleinstadt in Montana, intelligent genug, um es bis aufs College und auf die medizinische Fakultät zu schaffen. Kurze Zeit mit Jeffrey Charles Lambert verheiratet, einem Herzchirurgen, der nach wie vor in Seattle, Washington, lebte und arbeitete.
Auch sie hatte dort gelebt, war an einer Klinik in Seattle tätig gewesen.
Bis zu seinem Fehler. Bis er zu blutrünstig, zu begierig darauf geworden war, die eine Person zu vernichten, die alles zerstören konnte.
Er hatte versagt. Und Kacey hatte überlebt. Ihre Ehe war in die Brüche gegangen, und nach der Trennung hatte sie beschlossen, sich als Ärztin für Allgemeinmedizin in der Kleinstadt am Fuße der Bitterroot Mountains niederzulassen, wo ihre Großeltern ihr ganzes Leben verbracht hatten.
Herzergreifend. Und perfekt.
Sie hatte zwar seinen ursprünglichen Plan überlebt, war ihm so aber direkt in die wartenden Arme gelaufen.
Und diesmal würde er keinen Fehler machen, er würde das Problem endgültig aus der Welt schaffen.
Dunkel glimmender Zorn loderte durch seine Adern, als er ihr dichtes, rotbraunes Haar betrachtete, die hohen Wangenknochen, ihre vollen Lippen und die grünen Augen, die vor Intelligenz sprühten, selbst auf diesem kleinen Schnappschuss.
Er hatte sie beobachtet. War ihr gefolgt. Hatte ihren Alltag ausspioniert.
Sie wohnte in dem alten Farmhaus ihrer Großeltern, ein kleines Stück außerhalb der Stadt. Das Gebäude lag abseits der Straße am Ende einer langen, baumbestandenen Auffahrt, was die Sache sehr viel einfacher machte …
Doch sie würde warten müssen. Denn es gab andere, die vorrangig waren. Wenn er sich Kacey vorknöpfte, wollte er sich Zeit nehmen, um sicherzugehen, dass sie ihre Sünden erkannte.
Er blätterte durch weitere Ordner und sortierte sie. Die betreffenden Frauen lebten allesamt in Kaceys Nähe; keine von ihnen hatte bemerkt, dass er sie beobachtete.
Er fragte sich, ob die Frauen sich schon mal über den Weg gelaufen waren. Wenn ja, so hatten sie wahrscheinlich nicht im Traum daran gedacht, dass sie eine Gemeinsamkeit hatten: Jede von ihnen war geboren, um lange vor ihrer Zeit zu sterben.
Und es war seine Aufgabe, genau dafür zu sorgen.
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Kapitel 2
I hr Sohn oder Ihre Tochter ist heute einer oder mehreren Unterrichtsstunden ferngeblieben …«
Detective Regan Pescoli spürte, wie ihr Blut anfing zu kochen, als sie auf dem Anrufbeantworter die aufgezeichnete Nachricht von Biancas Highschool abhörte. »Und warum, zum Teufel?«, murmelte sie und drückte die Aus-Taste. Sie hatte ihre Tochter höchstpersönlich vor der Schule abgesetzt. Bianca war noch zu jung, um Auto zu fahren.
Regan wählte die Nummer von Biancas Handy und wurde mit der Mailbox verbunden. Wie
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