Zwillingsbrut
diese Aura gesprengt, als Gerald Johnsons Sprösslinge den Raum betraten und sich zu Kacey, Clarissa und ihrem Vater an den Tisch setzten. Ein paar Blicke gingen in Kaceys Richtung, und obwohl so manch einer davon neugierig wirkte, schien niemand wirklich überrascht zu sein.
Zweifelsohne hatte Clarissa alle vorgewarnt. Sie saß auf dem Stuhl zur Rechten ihres Vaters wie der Apostel Johannes auf Leonardo da Vincis Gemälde »Das Abendmahl«. Gerald Johnsons Älteste öffnete ihre Computertasche und nahm ihren Laptop heraus, ganz so, als wäre das hier ein reguläres Geschäftstreffen und sie wolle sich Notizen machen oder Informationen austauschen.
Sie schaute zu Kacey hinüber, die ihr am Tisch gegenübersaß. In ihrem Blick lag mehr als nur ein Anflug von Verdruss. Clarissa war das klassische Beispiel der bissigen, herrischen Erstgeborenen. Ihr fast schwarzes Haar trug sie kurz geschnitten, mit Strähnchen in einem Farbton irgendwo zwischen blutrot und violett, was ihr schwarzes Kostüm mit dem knielangen Rock ein wenig aufpeppte.
Noch bevor ein Wort gewechselt wurde, betraten nacheinander zwei Männer das Sitzungszimmer: Die Zwillinge, die heute nicht in der Firma gewesen waren, waren eingetroffen. Beide trugen Baumwollhose, Anzughemd und Sakko. Der Erste, das Haar ungekämmt und mit Fünf-Uhr-Bartschatten auf dem kantigen Kinn, trat auf Kacey zu und lächelte sie freundlich an. Seine Nase war nicht ganz gerade, als hätte er sie sich mindestens einmal gebrochen. »Colt Johnson«, stellte er sich vor, als wolle er sie in ein Verkaufsgespräch verwickeln. »Wie ich hörte, bist du unsere lang verschollene Schwester.«
»Das ist so nicht ganz korrekt«, stellte Clarissa klar, aber er ignorierte sie.
Mit den für die Johnsons typischen blauen Augen und dem leicht welligen Haar sah er seinem alten Herrn sehr ähnlich, nur ein wenig feiner: Die scharfgeschnittenen Züge hatte er von seiner Mutter geerbt. »Lass dich nicht von Clarrie verunsichern«, riet er ihr. Clarissa schnaubte, worüber er grinste; kleine Grübchen bildeten sich in seinen Wangen.
»Ich bin Kacey Lambert.« Sie schüttelte seine Hand.
Colt zog eine seiner breiten Augenbrauen in die Höhe. »Nun, Kacey, da hast du dir ja eine höllische Familie ausgesucht.«
»Habe ich das?«
»O ja.« Colt nahm neben Kacey Platz, während sein Zwilling, der ihm auf dem Absatz gefolgt war, sich ihr als Cameron vorstellte. Obwohl er genauso aussah wie Colt, war er frisch rasiert und tadellos frisiert.
»Nur fürs Protokoll: Ich bin der klügere Zwilling«, sagte er, und sein Bruder brach in Gelächter aus.
Clarissa schob das Kinn vor. »Das ist nicht wirklich komisch.«
»Natürlich ist es das«, widersprach Colt. »Ein kleiner Nebenkriegsschauplatz. Willkommen im Familienzirkus der Johnsons.«
Cameron grinste schief und nickte.
Clarissas Lippen wurden schmal.
»Und, macht’s Spaß?«, fragte Cameron, aber offenbar nicht nur an Kacey, sondern an alle Anwesenden gewandt.
Gerald schüttelte den Kopf. »Setz dich einfach hin«, legte er seinem Sohn nahe. Cameron ließ sich auf einen Stuhl einen Platz von Clarissa entfernt fallen, Colt gegenüber. In dem Augenblick traf der vierte Sprössling der Johnsons ein.
Judd.
Sie erkannte ihn von den Fotos, die sie sich angeschaut hatte.
Bislang war er der Größte und hatte die breitesten Schultern. Während die Zwillinge gebaut waren wie Basketballspieler, hatte er den Körper eines Quarterbacks. Sein glattes Haar war pechschwarz, fast bläulich, sein Gesicht gründlich rasiert. Er trug einen schwarzen Geschäftsanzug, ein gestärktes weißes Hemd und sah aus wie der typische Firmenanwalt, obwohl ihr auffiel, dass er seine Krawatte leicht gelockert hatte. Er sah sie mit verblüffend blauen Augen an, in seinem Blick lag etwas Rastloses, Getriebenes.
»Judd, das ist –«, stellte Gerald vor.
»Acacia«, fiel ihm sein Sohn ins Wort. »Ich weiß.« Er schüttelte ihre Hand. Sehr viel ernster als die Zwillinge sagte er: »Ich vermute, ich sollte dich im Kreise der Familie willkommen heißen, aber ich bin mir nicht sicher, ob das so eine gute Idee ist.«
»Nicht?«
Einer seiner Mundwinkel zuckte lakonisch in die Höhe. »Du wirst schon sehen«, sagte er und nahm zur Linken seines Vaters Platz.
Gerald blickte auf die Uhr und sah dann seine Tochter an. »Hast du Robert informieren können?«, fragte er, doch noch bevor Clarissa antworten konnte, ging die Tür auf, und ein Mann, den Kacey nicht kannte, kam
Weitere Kostenlose Bücher