Zwillingsbrut
Einfluss auf das Mädchen. Sie und ich, wir sind zwar nicht immer einer Meinung, aber wir müssen miteinander arbeiten. Ich tue mein Möglichstes, professionelle Distanz zu wahren. Dasselbe erwarte ich von Ihnen.« Er zögerte, und als Pescoli nichts darauf erwiderte, fügte er hinzu: »Das ist alles.«
Regan machte auf dem Absatz kehrt und marschierte aus seinem Büro, genervt, frustriert. Sie fühlte sich überfordert, aber das würde sie Cort Brewster gegenüber niemals eingestehen. Mistkerl.
Plötzlich sehnte sie sich schmerzlich nach Joe. Wie wunderbar wäre es, wenn er noch da wäre. Ihre Ehe war nicht perfekt gewesen, doch jetzt hätte sie seinen kühlen Kopf gut gebrauchen können, wenn es darum ging, ihren Sohn zur Vernunft zu bringen.
Ihre Gedanken wanderten zu Santana. Zu dem Mann, den sie liebte. Vielleicht sollte sie doch bei ihm einziehen. Worauf wartete sie eigentlich? Dass ihre Kinder ihn akzeptierten? Ha, da würde eher die Hölle zu Eis gefrieren.
Pescoli versuchte, die Unterhaltung mit Brewster aus ihren Gedanken zu verbannen, und kehrte an Alvarez’ Schreibtisch zurück. »Soll ich Jocelyn Wallis’ Eltern anrufen und sie fragen, ob ihr Dad Samenspender war?«
»Ich habe ihnen bereits eine Nachricht auf Band gesprochen und sie um Rückruf gebeten«, sagte Alvarez. »Aber ich glaube, es ist jetzt wirklich an der Zeit, dass wir uns mit der Sache an Grayson wenden.«
In Alvarez’ Stimme schwang ein merkwürdiger Unterton mit, den Pescoli offenbar nicht hören sollte. »Was ist mit dir und dem Sheriff?«, fragte sie ihre Partnerin rundheraus.
»Gar nichts, ich bitte dich!«, erwiderte diese ungewohnt scharf.
Grayson, der gerade aus seinem Büro trat, sah, dass Alvarez und Pescoli direkt in seine Richtung marschierten, machte kehrt, winkte sie hinein und fragte: »Was gibt’s?«
»Wir glauben, dass der Tod von Elle Alexander mit dem von Jocelyn Wallis in Zusammenhang steht«, sagte Alvarez. »Und womöglich mit dem von anderen Frauen.«
»Sollte ich mich besser setzen?«
»Ich würde Ihnen schon dazu raten«, erwiderte Pescoli trocken.
Zwanzig Minuten später beendete Alvarez ihren Bericht mit: »Es gibt eine Menge offene Fragen, und wir sind noch dabei, uns mit den Angehörigen der Opfer zu befassen. Doch eines steht fest: Die Opfer sind allesamt weiblich. Brenda Morris, die Mutter von Elle Alexander, hat angegeben, dass ihre Kinder beide mit dem Samen von Spender Nummer 727 gezeugt wurden. Ihr Sohn Bruce lebt in Florida und ist offensichtlich gesund und munter. Steht er ebenfalls auf der Liste? Oder geht es nur um Frauen?«
»Eine Liste …«, wiederholte Grayson matt. »Das setzt voraus, dass es tatsächlich weitere Opfer gibt.«
»Vielleicht sehr viele«, mutmaßte Alvarez.
»Jedes Jahr an Weihnachten«, brummte Pescoli. »Hochsaison für durchgeknallte Killer.«
Graysons Augen begegneten denen von Alvarez. Pescoli blickte von dem einen zum anderen. Sturgis, Graysons schwarzer Labrador, kroch unter dem Schreibtisch seines Herrchens hervor, streckte sich und gähnte.
»Üble Geschichte«, murmelte Grayson. »Besorgen Sie mir weitere Informationen. Wenn da draußen ein Serienmörder durch die Gegend läuft, werde ich das FBI einschalten müssen.«
»Wir treffen uns später mit einer der Doppelgängerinnen.« Alvarez wandte die Augen ab und schaute aus dem Fenster.
»Glauben Sie, sie steht ebenfalls auf dieser Liste?«, fragte Grayson.
Alvarez sah Pescoli an. Pescoli erwiderte ihren Blick.
»Ja«, sagte sie dann. »Davon gehe ich aus.«
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Kapitel 30
D as Sitzungszimmer war nicht anders ausgestattet als der Rest des Gebäudes. Auf dem grauen Industrieteppich stand ein langer Glastisch, umgeben von zehn schwarzen Lederstühlen. An einer der Wände war ein schmales, niedriges Schränkchen aufgestellt, darüber hing eine Bronzeskulptur mit fliegenden Gänsen. Die anderen beiden Innenwände waren aus Glas, herabgelassene Jalousien verwehrten den Blick ins Innere, während die Außenwand aus einer durchgehenden Glasscheibe bestand, durch die man einen eindrucksvollen Ausblick auf die umliegenden Berge hatte. Dieser Teil des Gebäudes war auf schräg abfallendem Gelände gebaut, so dass man im Sitzungszimmer den Eindruck hatte, sich im oberen Stockwerk zu befinden. Unten lag ein weiterer Teich, Schnee sammelte sich auf der zugefrorenen Wasseroberfläche.
Wenn die gedeckten Farben und die dramatische Aussicht dazu dienen sollten, Ruhe oder Frieden zu suggerieren, so wurde
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