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Zwillingsbrut

Zwillingsbrut

Titel: Zwillingsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
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Erwartung, gleich die entschuldigende Stimme ihrer Tochter am anderen Ende der Leitung zu vernehmen.
    »Santana«, meldete sich Nate, wobei er ihren toughen, sachlichen Ton nachahmte.
    »Oh. Hallo. Ich dachte, du wärst meine Tochter.« Ihre Stimme wurde ein wenig sanfter.
    Er lachte leise, und sie stellte sich sein Gesicht vor, seine straffe, dunkle Haut – Hinweis auf einen indianischen Vorfahren in seinem Familienstammbaum. Und dann waren da noch seine Augen, tiefliegend und so durchdringend, dass sie sich mitunter fragte, ob er damit direkt in ihre Seele blicken konnte. Auch wenn sie nicht an solchen romantischen Unsinn glaubte.
    »Keine Sorge, ich bin nicht enttäuscht«, erklärte sie. »Ich bin nur beunruhigt. Sie hat schon wieder die Schule geschwänzt.«
    »Zusammen mit ihrem Freund.«
    »Sieht ganz danach aus.«
    »Klingt, als bräuchte sie dringend eine Vaterfigur.«
    »Klingt, als bräuchte sie dringend eine
bessere
Vaterfigur. Sie hat Lucky, erinnerst du dich?«
    »Er weiß davon?«
    »Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen«, gab Regan zu. Die Windschutzscheibe, jetzt frei von Schnee, begann zu beschlagen.
    »Du könntest bei mir einziehen«, schlug er vor. »Ihr alle.«
    Irgendetwas tief in ihrem Innern schmolz dahin, und sie geriet mächtig in Versuchung, einfach ja zu sagen. Dennoch erwiderte sie: »Du weißt, wie ich darüber denke. Solange die Kinder nicht aus dem Haus sind –«
    »Man könnte geradezu meinen, du würdest dein eigenes Leben für deine Kinder auf Eis legen.«
    »Das ist genau das, was man als verantwortungsvoller Elternteil tut.«
    »Tatsächlich?«
    »Hör mal, ich bin im Augenblick nicht in der Stimmung für irgendwelche Psychospielchen. Ich komme gerade von der Vertrauenslehrerin, was nicht gerade eine umwerfende Erfahrung war. Und jetzt muss ich meine Tochter aufspüren.«
    Am anderen Ende der Leitung blieb es still, und sie schloss für eine Sekunde die Augen. »Santana, bitte nicht. Nicht jetzt. Ich rufe dich später an.« Sie legte auf, bevor er dagegenhalten konnte, obwohl sie wusste, dass er das ohnehin nicht getan hätte. Als sie vom Parkplatz fuhr, fühlte sie sich innerlich leer, als würde sie wissentlich ihre Chance auf persönliches Glück zerstören.
    Vielleicht hatte Nate Santana recht.
    Vielleicht sollte sie einfach tun, was ihr so sehr gefallen würde. Sollten ihre Kinder doch sehen, wie sie damit zurechtkamen.
    Oder lieber doch nicht?
     
    Wohl wissend, dass nichts Gutes dabei herauskommen würde, stellte Trace den Pick-up vor Jocelyn Wallis’ Apartmenthaus auf einem der wenigen freien Besucherparkplätze ab.
    Er hatte sie zweimal von unterwegs angerufen, doch sie war nicht ans Telefon gegangen. Flüchtig nahm er sein Spiegelbild im Rückspiegel wahr und stellte fest, wie abgespannt er aussah. Die Sache gefiel ihm gar nicht; es war ein Fehler, dass er hier war. Außerdem hätte er sich niemals mit ihr einlassen sollen. Für Eli, der bemerkt haben musste, wie ähnlich Jocelyn Wallis seiner Mutter sah, auch wenn er nie ein Wort darüber verloren hatte, war das ein Desaster gewesen.
    Er blickte sich auf dem schneebedeckten Grundstück um, während seine Fenster von der Kälte beschlugen. Aus Jocelyns Wohnung fiel Licht durch die Vorhänge im Wohnzimmer, genau wie Mia Calloway gesagt hatte, und auch hinter der Schlafzimmerjalousie schien es hell zu sein.
    Trace ging zur Tür ihrer Erdgeschosswohnung und klopfte.
    Nichts. Er wartete.
    Aus dem Apartment drangen keinerlei Geräusche, kein Fernseher, keine Musik. Vielleicht sollte er den Hauswart anrufen oder Jocelyns Schwester, doch wenn er schon einmal hier war, würde er sich selbst einen Eindruck verschaffen. Sie verwahrte einen Ersatzschlüssel auf dem Querbalken, der das Dach ihrer Veranda trug, also zog er eine Bank, die in der Nähe der Haustür stand, vor, kletterte hinauf und blickte suchend über den Balken, bis er ihn gefunden hatte.
    Ohne zu überlegen, schnappte sich Trace den Schlüssel, sprang von der Bank und ließ sich nach einem letzten Klopfen selbst ein.
    Ein Schwall warmer Luft schlug ihm entgegen, doch in dem Augenblick, als er über die Schwelle schritt, wusste er, dass er allein in der Wohnung war.
    »Jocelyn!«, rief er laut. »Hallo?« Obwohl er spürte, dass es sinnlos war, ging er langsam von Zimmer zu Zimmer. Er sah ihre Handtasche auf dem Küchentresen liegen; ihre Schultasche, vollgestopft mit Unterlagen und Büchern, stand auf einem der beiden Barhocker.
    Das Bett war ungemacht; ein

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