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Zwillingsbrut

Zwillingsbrut

Titel: Zwillingsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
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seine Sondervorstellung an Thanksgiving perfekt war. Tadellos.
    Um die Wahrheit zu sagen: Er hasste die Feiertage, jeden einzelnen davon, doch er machte gute Miene und setzte ein Lächeln auf, als er durch den Schnee zum Haus seiner Schwester fuhr – ein Seeanwesen, das immer in irgendeiner Renovierungsphase steckte.
    Seine große Familie pflegte sich hier an jedem dritten Donnerstag im November zu versammeln, und es wurde erwartet, dass auch er sich sehen ließ, was er nie versäumte. Er heuchelte Interesse an all ihren belanglosen Problemchen, spielte mit seinen Nichten und Neffen und wich jeder Frage nach seinem Privatleben und den Frauen, mit denen er sich traf, aus.
    Weil er genau wusste, dass es ihnen im Grunde gleich war. Sie trauten ihm nicht einmal. Er war der Außenseiter, und das würde er auch immer bleiben. Egal, wie sehr er sich bemühte, sich in diese Familie einzufügen.
    Er streifte mit den Lippen über die Wange seiner Schwester und reichte ihr eine Flasche teuren Wein, was ihr und ihrem Ehemann schmeichelte. Er hob seine Nichte von ihren knuffigen Beinchen in die Höhe und hörte sie vor Freude glucksen – schließlich war er der »Spaßonkel«. Er machte sich sogar die Mühe, draußen durch den Schnee zu stapfen, um den Schneemann und die Schneefestung seines Neffen zu bewundern.
    Im Haus gab er sich charmant, ließ sogar eine der Führungen seiner Schwester über sich ergehen mitsamt all ihren Erklärungen, was sie in diesem Jahr am Haus »richten« lassen würden – das Gästebadezimmer im Südflügel sollte komplett erneuert werden.
    »Hoffentlich ist das vor Weihnachten erledigt, bis dahin sind es ja nur noch fünf Wochen!« Seine Schwester schaute auf die klaffenden Löcher, wo sich einst Waschbecken und eine Toilette befunden hatten. Fliesen und Mörtel waren entfernt, ein letzter hängen gebliebener Spiegel hatte einen Sprung in einer der Ecken. Sie seufzte schwer. »Ich schätze, ich muss den Handwerkern mal aufs Dach steigen!«
    »Ach, das wird bestimmt großartig!«, rief er mit gezwungener Begeisterung.
    »Hoffentlich. Dann kannst du bei uns übernachten, in deinen eigenen Räumen; die Kinder werden es lieben!« Ihre Augen verdunkelten sich nur ein klein wenig bei dieser Lüge. »Mir würde es auch gefallen.« Sie berührte seinen Arm, zögerte gerade ein bisschen zu lange. Als ihr Mann hereinkam, zog sie ihre Hand rasch weg. Mit dröhnender Stimme sagte sein Schwager: »Willkommen in unserem Alptraum. Unserem immerwährenden Alptraum.«
    Sie gingen nach unten. Er schüttelte seine Schwester und ihren Volltrottel von Ehemann ab, hörte die Musik spielen und sah, wie die Weingläser nachgefüllt wurden. Sein Vater führte nach allen Seiten hin lebhafte Unterhaltungen.
    Natürlich war es seine Aufgabe, den Truthahn zu tranchieren, wozu er sogar eine der albernen Schürzen seines Schwiegersohns umband.
    Während der Mahlzeit an dem scheinbar endlos langen Tisch lächelte und lachte er, während er Frage um Frage stellte, in denen mehr als nur eine Spitze steckte. Er zwinkerte seiner Cousine, die ihn schon den ganzen Abend über anstarrte, über den Rand des Weinglases zu, und sie wandte errötend den Blick ab.
    Seiner Schwester war das natürlich nicht entgangen, was er an ihren verächtlich gekräuselten Lippen erkennen konnte.
    Seine ganze Familie hatte über sein Liebesleben spekuliert, und er hatte ihnen gerade genug Informationen gegeben, um sie zufriedenzustellen, doch es war eine Art Spiel, dass sie versuchten, ihn mit verschiedenen Frauen zu verkuppeln.
    Als wäre er auf ihre Unterstützung angewiesen.
    Dieses Jahr hatten die Neckereien begonnen, als seine Schwester verkündete, ihre beste Freundin mache gerade eine schmutzige Scheidung durch. Die Frau war »hübsch«, hatte eine »gute Figur«, einen »anständigen Job« und »
keine
Kinder«. Es sei gut möglich, dass einiges für sie dabei herausspringen würde, falls ihr Mann, dieses Ungeheuer, sie nicht über den Tisch zog.
    Seine Mutter erzählte, eine der ehemaligen Highschool-Freundinnen seines Bruders sei wieder in der Stadt, noch dazu als frischgebackener Single, doch sein Vater wies darauf hin, dass diese Lady, die alle für »die Eine« hielten, drei Töchter habe, die älteste im Teenageralter.
    Doch was war mit der Frau, mit der er arbeitete, wie war noch gleich ihr Name? Du weißt schon, welche. War sie nicht Rechtsanwältin? Sie sah gut aus und war äußerst clever.
    Wie schade, dass ihn sein Job oft so weit

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