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Zwischen den Gezeiten

Zwischen den Gezeiten

Titel: Zwischen den Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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Bettkante, die gespannten Muskeln der Schenkel. »Gabor stellte auch Circles zusammen – es gab solche, wo deutsche Frauen Besatzungsoffizieren zugeführt wurden, in anderen Runden wurde gespielt.«
    Diesmal war Inga stärker, sie zog ihn zurück. »Und was ist mit der Generalin?«
    Â»Wir haben ihren Mann gehenkt, das kann sie uns nie verzeihen. Aber sie begreift die Notwendigkeit der Stunde, sie benützt unser schlechtes Gewissen.« Das Eisengestell knarrte, als er auf die Matratze sank, freiwillig glitt sein Kopf aufs Kissen. »Marion ist die Spinne im Netz, alle Verbindungen, geschäftlich wie gesellschaftlich, führen durch ihr Haus.«
    Â»Liebst du sie?«
    Leise Musik aus dem Casino, jemand spielte Klavier.

    Â»Wir haben uns lange umkreist. Spieler wittern einander.«
    Sie ließen das Stück verklingen.
    Â»Was hast du auf dem Konzert gemacht?« fragte Inga, als sie sicher war, er wollte nicht mehr fort.
    Er drehte den Kopf. »Du warst dort?«
    Â»Mit den Eltern.« Vorsichtig rutschte sie an ihn heran.
    Â»Hat es dir gefallen?« Er ließ zu, daß sie seinen Arm um sich legte.
    Â»Sehr.«
    Â»Euren Größenwahn hört man sogar in der Musik.«
    Â»Die Leute waren so froh.«
    Â»Im Geist marschiert ihr immer noch.«
    Langsam strich sie seinen Rücken auf und ab. »Was wollen die von dir?«
    Lange antwortete er nicht, der Atem hob seine Schultern.
    Â»Sie haben mich im Verdacht, Sondergeschäfte zu machen. Sie glauben, ich will meine Prozente aufbessern.«
    Â»Geht es nicht um die Spielschulden?«
    Â»Das Spiel  – « Er wollte sich wegdrehen, die Wand hinderte ihn. »Das sind bloß die Krumen vom Kuchen. Geschäft – Geschäfte. Wir stecken alle tief drin.«
    Â»Kann ich dir helfen?«
    Â»Ach Inga –« Sein alter Ton der Herablassung. »Du glaubst immer noch, dich um mich kümmern zu müssen.« Er zuckte vom Lächeln zusammen, faßte vorsichtig an den Kiefer. »Gabor hat die Ladung aus dem Sowjetsektor geschleust, der Major stellte den Transporter, bei Marion wurde die Fracht gelagert.«
    Â»Welche Fracht?«
    Er zögerte. »Ich hab das verdammte Vieh nicht gestohlen.«
    Inga ballte die Faust in der Magengrube.
    Â»Was für ein Vieh?«
    Â»Zuchtnerz für die Amerikaner. Russisches Monopol, von Gabor rausgeschmuggelt.« Ein keuchendes Lachen. »Aber wie willst du züchten, wenn du drei Weibchen hast?«

    Sie sah den Käfig vor sich, die wachsamen Augen, spitze Zähne, der Schwanz so lang wie das halbe Tier. Sie hatte es angefaßt, wie weich es war; mit einem Schütteln war es entschlüpft.
    Â»Zuchtnerz«, wiederholte Inga.
    Â»Das Männchen ist verschwunden.«
    Stille.
    Â»Vielleicht – taucht es ja wieder auf.«
    Er kam hoch, stützte die Arme aufs Bett. »Woher weißt du, daß ich den Nerz nicht wirklich gestohlen habe?«
    Â»Du … hast es mir gesagt.«
    Nun war sie sicher, hinter der Binde lächelte er. »Meine Glücksfee.«
    Â»Du bist an Glück gar nicht interessiert«, antwortete Inga so kühl wie möglich.
    Â»Das Unglück ist als Partner verläßlicher.«
    Diesmal ließ sie ihn aufstehen, er zog den Verband gerade, ging zur Tür, als breche er von einem Freundschaftsbesuch auf. »Komm mich morgen besuchen.«
    Er trat auf den Flur und ins Freie, sie hörte die Schritte im Kies, überlegte, ob er zurück nach H ging oder in sein altes Zimmer im C-Block, wo der Spind mit dem Futteral stand und die Lampe auf verziertem Bronzefuß.

25
    D ie Hand auf der Bettdecke war kalt, Marianne fragte sich, wie das zuging, ein warmer Junimorgen, sie selbst zugedeckt, aber die Hand fühlte sich kalt an. Sie schüttelte das Kissen auf, zog jenes von Erik heran, noch aus der Zeit, als er bei ihr geschlafen hatte. Wie jeden Morgen wollte sie ihn mit dem Frühstückstablett erwarten, aber eine seltsame Unruhe trieb Marianne hoch. Die kalte Hand, das kranke Bein wie taub, als sei es eingeschlafen. Diese Tage waren zuviel für sie, gleichzeitig schämte sie sich ihrer Faulheit, andere meisterten weit mehr. Im Nachthemd am gelben Sessel überlegte sie, ob sie sich eine außerordentliche Zigarette genehmigen dürfe, bis ihr einfiel, sie hatte die letzte Packung geraucht, auch das Blechetui, sonst Behälter des eisernen Vorrats, war leer. Sie trat ans

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