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Zwischen den Zeilen

Zwischen den Zeilen

Titel: Zwischen den Zeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Cole
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sind.
    Ich muss Mehl kaufen, auf dem Mehl, Ähren oder ein Brot abgebildet sind. Meistens nehme ich Ähren, sonst erwische ich manchmal eine Brotbackmischung und muss mir dann, falls ich es nach dem Öffnen am Aussehen merke, welches bei Daniel schnorren. Zucker, auf dem Zucker abgebildet ist, und Dosentomaten mit Tomaten drauf. Ich kaufe die gleichen Dinge, seit Jahren. Dinge, die ich gewohnt bin und die ich leicht wiederfinden kann.
    Nie andere Cornflakes als die mit dem grünen Hahn. Die teuersten Eier, weil sie höchstwahrscheinlich aus Freilandhaltung stammen und Hühner in Käfigen mir leidtun. Das grün-weiße Waschmittel, weil ich den Geruch mag. Die orange Elmex -Zahnpasta, weil ich mal mit einem Zahnarzt gevögelt hab, der mir erzählt hat, dass sie die beste ist. Den gleichen, dunkelblauen Rasierschaum, von dem ich weiß, dass er von Nivea ist und den auch er benutzt. Jedenfalls roch er danach, letztens beim Küssen.
    Manchmal, wenn ich irgendwas in der Werbung sehe, versuche ich, mir die Packung einzuprägen, um die Sachen dann wiederzufinden. Oft gelingt mir das. Aber leider nicht immer. Und manchmal kaufe ich dann Sachen, die ich nicht mag. Deswegen hasse ich einkaufen. Es ist ein bisschen so wie in einem fremden Land, in dem man nur als Tourist ist und dessen Sprache man nicht versteht. Ich kann die Packungen sehen. Und ich kann erahnen, was drin ist. Aber nicht immer liege ich richtig.
    Meistens erledige ich meinen Wocheneinkauf deshalb zusammen mit Daniel. Oder er bringt mir mit, was ich brauche. Hin und wieder vergisst er dabei, dass ich nicht lesen kann, und kauft Sachen ohne Bilder, die ich dann nicht einordnen kann.
    Neulich habe ich grade noch gemerkt, dass es Salz und kein Zucker ist, als ich mir einen Vanillepudding machen wollte. Dummerweise hatte ich da das Salz schon zum restlichen Zucker in die Zuckerdose gefüllt. Keine Ahnung, wie das passieren konnte. Salz sieht anders aus als Zucker und sonst bin ich bei so was ziemlich aufmerksam. Außerdem ist Salz in einem Karton, Zucker dagegen, genau wie Mehl, in einer Papierverpackung. Es sei denn, es ist Puderzucker. Aber das hätte ich sofort an der Konsistenz bemerkt.
    Und dann gibt es noch diesen Zucker, auf dem Obst abgebildet ist. Keine Ahnung, wieso ich den mal gekauft hab, ich glaube, ich hab nicht genau genug hingesehen. Er schmeckte irgendwie komisch und Felix' lachendes Gott, du Idiot hast echt Gelierzucker mitgebracht und das Gefühl in mir drin werd ich, obwohl er sich damals wohl nichts dabei gedacht hat, nie wieder vergessen. Die Erniedrigung... und die Scham, dass er am Ende ja recht hatte. Ich hab drüber gelacht und so getan, als sei es einfach nur ein dummer Zufall. Aber mir war zum Heulen zumute.
    Mundwasser, wo zur Hölle bist du? Mittlerweile kauere ich in der Hocke vor dem geöffneten Unterschrank und wühle darin herum. Ein paar der Sachen daraus stehen neben mir am Boden. Er hat gesagt, er hätte noch welches hier. Ich muss es finden. Wenn ich weiß, wie die Flasche aussieht und welche Farben das Etikett hat, erkenne ich es wieder.
    Natürlich könnte ich einfach sagen, sie hätten es nicht gehabt. Aber das will ich nicht und vermutlich vertue ich mich sowieso bei der ein oder anderen Sache und ich will auf keinen Fall, dass er irgendwas bemerkt.
    Mittlerweile ist der Unterschrank beinahe leer. Sinnlos, da ist kein Mundwasser. Also versuche ich, mich daran zu erinnern, was wo gestanden hat und stelle die Sachen zurück an ihren Platz. Ich werde wohl doch eine Verkäuferin fragen müssen. Möglichst unverbindlich und mit einem charmanten Sorry, da war ich wohl blind vor dem Regal. Was tut man nicht alles für den Kerl, den man liebt.
    Mein Blick fällt auf den Badezimmer-Mülleimer, der rechts zwischen Unterschrank und Badewanne steht. Ich greife danach, ziehe ihn zu mir auf die Badematte und nehme den Deckel ab. Gott, wie tief kann man eigentlich sinken? Ich wühle in seinem Müll nach einem verfickten Mundwasser. Aber wenn man so ist wie ich, kommt es darauf wohl auch nicht wirklich an. Tatsächlich ist die Flasche neben ein paar Wattepads mit Make-up-Resten und einem leeren Mascara so ziemlich das Einzige, was zum Vorschein kommt. Sie ist beinahe leer, nur am Boden ein kleiner Rest der klaren, blauen Flüssigkeit. Es ist eine große Flasche mit schwarzem Deckel. In der Mitte ein weißes Etikett. Oben ein kleiner roter Balken, darunter zwei Zeilen schwarze Schrift. Ich fummle nach meinem Handy. Besser, ich fotografiere

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