Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
Vom Netzwerk:
trieb.
    Dieser Trottel Martinsson hatte ihm einen möglichen Einstieg gezeigt, und da das Ganze eigentlich Bergs Projekt war, hatte er mit diesem darüber gesprochen. Wie sah Berg die Möglichkeit, aus der Sache einen normalen Drogenfall zu machen? Eine einfache Hausdurchsuchung, bei der man Krassner zuerst in den Knast steckte und ihm eine Scheißangst einjagte, um dann in aller Ruhe seine irdischen und intellektuellen Habseligkeiten durchzusehen? Berg hatte sich, gelinde gesagt, abgeneigt gezeigt und das noch dazu auf eine Weise, die darauf hinwies, dass er seine Gegenargumente schon parat hatte.
    Krassner sei ein überaus raffinierter Typ, behauptete Berg, wo immer er das auch her wissen wollte, denn Waltins eigene kleine Kundschafterin schilderte ihn eher als nervös, überspannt und in steigendem Maße paranoid, und man dürfe ihn absolut nicht warnen, so lange man nicht wisse, welche Geheimnisse er hüte. Sollte sich alles als pures Fantasieprodukt erweisen, werde Berg natürlich keinerlei Einwände dagegen erheben, dass man das Ganze mit einer Anklage wegen Drogenbesitzes abrunde und Krassner einige Monate in einer schwedischen Justizvollzugsanstalt beschere, um ihn danach auszuweisen und mit langjährigem Einreiseverbot zu belegen. Aber bis sie ganz sicher waren, sei das ausgeschlossen. Wenn Krassner die Möglichkeit hatte, mit harten Waren zu dealen, dann würde auch eine Aktion wegen Drogenbesitzes sich rächen und als eine pure, unverfälschte Provokation von Seiten der Sicherheitspolizei dastehen können, als Unterschiebung von Beweisen, durch die Scheußlichkeiten von ganz anderer Größenordnung vertuscht werden sollten.
    »Und wir wissen doch beide, wie das ist«, erklärte Berg. »Denk nur an die so genannten IB-Entlarvungen. Die waren doch schon wieder draußen, noch ehe die Tinte unter ihren Urteilen getrocknet war. Ein Jahr wegen Spionage, das ist doch ein schlechter Witz.«
    Waltin hatte sich mit einem Nicken begnügt, denn er hatte die praktischen Konsequenzen bereits erfasst, und da er damit fertig werden musste, sah er keinen Grund, mit irgendjemandem darüber zu diskutieren, schon gar nicht mit seinem Chef.
    »Ich zähle auf dich, Claes, und außerdem glaube ich, dass uns langsam die Zeit davonläuft.« Berg nickte mit ernster Miene, und alles, was gesagt werden musste, war damit gesagt.
    Was blieb, war ganz einfach ein schnöder Einbruch, überlegte Waltin. Oder genauer gesagt, ein Einbruch der ganz besonderen Art, da das Opfer nicht einmal ahnen durfte, dass irgendwer in die leicht zugängliche Wohnstätte eingedrungen war, die doch seine Burg sein sollte. Waltin plante einen solchen Einsatz nicht zum ersten Mal. Im Gegenteil, er hatte es schon so oft gemacht, dass er in seiner sorgfältig unter Verschluss gehaltenen Meritenliste jetzt nur noch eine ungefähre Anzahl von verdeckten Hausdurchsuchungen angeben konnte. Das alles war ja nichts Großes und spielte sich innerhalb der gesetzlichen Freiräume ab, die die Regierung der Organisation in die Hände gegeben hatte, der er diente.
    Es waren nicht die rein legalen Probleme, die ihm Sorgen machten. Was ihn beunruhigte, war die praktische Durchführung. Von außen durch ein im fünfzehnten Stock gelegenes verriegeltes Fenster einzusteigen, war einfach ausgeschlossen, auch wenn die Möglichkeit bestanden hätte, jemanden aus dem darüber gelegenen Zimmer abzuseilen. Aber dieses Zimmer war an einen bekannten Linksaktivisten vermietet, der in seiner Freizeit vor dem staatlichen Alkoholladen die Zeitschrift »Der Proletarier« verkaufte und der ansonsten zu Hause saß und allerlei umstürzlerische Aktivitäten ausbrütete, und deshalb brauchte Waltin diese Alternative nicht einmal in Erwägung zu ziehen. Auf der anderen Straßenseite wohnten außerdem Hunderte von Menschen, und erfahrungsgemäß würde zumindest einer davon etwas bemerken und sofort die Polizei alarmieren. Und wenn auch noch die Hoffnung bestand, dass der Fassadenkletterer abstürzen und sich den Hals brechen könnte, wäre sicher kein Mangel an Streifenwagen, die sich auf diesen Einsatz stürzen würden.
    Blieb also der normale Weg. Durch die Tür auf den Flur, wo sich acht Zimmer und sieben Mieter auf an die hundert Quadratmetern zusammendrängten und Krassners eigenes Zimmer sicherheitshalber ganz hinten gelegen war. Es handelte sich zudem nicht um normale Mieter. Zwei von ihnen tauchten in den Registern der Sicherheitspolizei auf, sie waren in verschiedenen linken

Weitere Kostenlose Bücher