Zwischen Diesseits und Jenseits
nicht gut. Scheint kein guter Abend für mich zu sein. Erst sitze ich über Akten, dann rufst du mich an. Bestimmt nicht, um mit mir zu plaudern.«
»Das sicherlich nicht, Purdy.«
»Also, komm zur Sache.«
»Im Prinzip geht es nicht um dich, sondern um Eric.«
Purdy Prentiss war so überrascht, dass es ihr die Sprache verschlug. Erst nach einigen Sekunden hatte sie sich wieder gefangen und konnte auch sprechen. »Hast du deshalb angerufen?«
»Genau, Purdy, denn ich habe von ihm geträumt.«
»Na, na, na, sag nicht so etwas.«
Diesmal musste ich lachen. Die flotte Staatsanwältin hatte wirklich Humor. Nicht, was du denkst, meine Liebe.«
»Das habe ich mir auch nicht vorstellen können. Außerdem denke ich nicht in diese Richtung.«
»Wie dem auch sein, aber du bist wach genug, um zuzuhören.«
»Das bin ich immer.«
In der folgenden Zeit bekam Purdy Prentiss von mir einen detaillierten Bericht über meinen Traum. Sie hörte gespannt zu, das entnahm ich ihren Atemgeräuschen, und als ich meinen Bericht beendet hatte, blieb sie zunächst still.
»Mehr kann ich dir nicht sagen, Purdy.«
»Ich denke, das reicht auch. Aber du kannst mich hin und her fragen, ich komme mit deinem Traum nicht zurecht.«
»Ich auch nicht.«
»Ha, dann könnte es vielleicht Eric.«
»Deshalb wollte ich ihn auch sprechen.«
»Pech. Er schläft.«
»Weck ihn. Kann sein, dass er ja etwas träumt.«
»Denkst du an den gleichen Traum, den du gehabt hast?«
Ich schnaufte durch die Nase. »Möglich ist alles, meine ich. Wir sitzen nicht am Drücker, das sind andere, aber genau die möchte ich herausfinden. Ich mag es nicht, wenn ich nicht weiß, was da im Hintergrund abläuft.«
»Das kann ich dir sogar nachfühlen. Bleib mal am Apparat.«
»Für dich doch immer.«
Sie ging weg, aber ich hörte Purdy nicht lachen. Mein Bericht musste sie nachdenklich gemacht haben, und auch ich war noch nicht über diesen Traum hinweg.
Er war einfach zu plötzlich über mich hergefallen. So war ich eigentlich selten eingeschlafen, als hätte mich eine andere Macht geholt, der ich unbedingt auf die Spur kommen musste.
Ich wartete voller Ungeduld. Purdy ließ sich Zeit. Wahrscheinlich musste sie ihren Freund erst wecken, der möglicherweise auch in einem ersten tiefen Schlaf lag.
Dann hörte ich im Hintergrund die verschiedenen Stimmen der beiden, und kurze Zeit später meldete sich Eric La Salle mit leicht verschlafener Stimme.
»Du hast von mir geträumt, John?«
»Genau, Eric. Und das ist kein Witz.«
»Hm.« Er gönnte sich und mir eine Pause. »Es ist seltsam«, sagte er dann, »aber normal habe ich auch nicht geschlafen. Purdy hatte Mühe, mich wach zu bekommen.«
»Und woran lag dein Problem?«
»Schwer zu sagen, John. Ich will es nicht unbedingt auf die Träume schieben, die auch ich wohl hatte, aber nicht so intensiv wie du. Ich bin eingeschlafen, und das war nicht normal, denn ich kippte in ein tiefes Loch hinein.«
»Ohne Träume?«
»Ja. Zumindest habe ich nichts bemerkt. Trotzdem war es nicht normal für mich. Wenn man mich weckt, bin ich eigentlich immer sofort voll da, aber jetzt war das alles anders. Ich kam mir vor, als hätte man mich aus einer anderen Welt herausgezogen. Das war wie ein Schweben zwischen dem Diesseits und dem Jenseits.«
»Gratuliere.«
»Wieso?«
»Auch mir kam es so vor, denn es war auch für mich kein normales Erwachen. Als du mit dem Schwert im Traum zugeschlagen hast, bin ich aus dem Sessel gekippt, landete am Boden und wurde durch diesen Aufprall erst wach.«
»Du bist dir darüber klar, dass es etwas zu bedeuten hat, John?«
»Immer doch.«
»Und die Frau mit den roten Haaren?«
»Ist Deutsche und heißt Dagmar Hansen. Sie hat zwar nicht das gleiche Schicksal hinter sich wie du und Purdy, aber eine gewisse Ähnlichkeit ist schon vorhanden. Sie ist eine Psychonautin, eine Frau mit dem dritten Auge, das ich allerdings in meinem Traum nicht gesehen habe. Mal schauen, was sich da noch entwickelt.«
»Dann glaubst du an eine Wiederholung?«
»Nein, Eric, eher an eine Fortsetzung. Ich bin sicher, dass diese Totenstadt irgendwo existiert und wir sie möglicherweise sogar in der Realität erleben können. Sei es in Gegenwart oder in der Vergangenheit. Wenn ich ein Fazit ziehen soll, wofür es eigentlich noch zu früh ist, was ich aber trotzdem tue, dann kann es durchaus möglich sein, dass jemand im Hintergrund ein gewisses Spiel mit uns und auch den Zeiten treibt.«
»Hast du einen
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