Zwischen Himmel und Liebe
lassen.«
Elizabeth legte das Geld auf die Theke und lächelte. »Danke, Joe«, sagte sie und machte sich auf den Weg zur Tür. Sie hatte keine Lust mehr auf dieses absurde Gespräch.
»Jedenfalls«, fuhr er unbeirrt fort, »jedenfalls hat Jaimsie den einen Bus gefahren. Vergessen Sie nicht, den Becher zurückzubringen!«, rief er ihr noch nach und brummte vor sich hin: »Kaffee zum Mitnehmen, hat man so was schon gehört?«
Unter der Tür wandte sich Elizabeth noch einmal um und sagte: »Joe, wollen Sie nicht mal drüber nachdenken, sich eine Kaffeemaschine anzuschaffen? Damit Sie auch Latte macchiato und Cappuccino und Espresso machen können statt immer nur dieses Pulverzeug?« Sie hielt ihren Becher in die Höhe.
Joe verschränkte die Arme vor der Brust, lehnte sich an die Theke und antwortete gelangweilt: »Elizabeth, wenn Sie meinen Kaffee nicht mögen, dann trinken Sie ihn doch einfach nicht. Ich zum Beispiel trinke Tee. Es gibt nur eine Art Tee, die ich mag. Die nennt sich Tee. Da braucht man keine verrückten Namen.«
»Eigentlich gibt es aber sehr viele Teesorten«, lächelte Elizabeth, »grüner …«
»Ach, machen Sie, dass Sie wegkommen«, unterbrach er sie und winkte ab. »Wenn’s nach Ihnen ginge, müssten wir unseren Tee mit Stäbchen trinken und Schokolade und Sahne in unseren Kaffee tun. Aber wenn Sie das Thema schon mal anschneiden, dann mach ich jetzt auch einen Vorschlag: Wie wäre es, wenn Sie sich einen Wasserkocher für Ihr Büro kaufen und mich von meinem Elend erlösen?«
»Und von Ihrem Profit«, meinte Elizabeth und schloss die Tür hinter sich.
Inzwischen hatte das Städtchen sich gereckt und gestreckt und ausgiebig gegähnt und schlappte jetzt schläfrig vom Bett ins Badezimmer. Bald würde es geduscht, angezogen und hellwach sein. Wie gewöhnlich war Elizabeth ihm einen Schritt voraus, auch wenn sie für ihre Verhältnisse spät dran war.
Sie war immer als Erste im Büro, denn sie liebte die Stille und Ruhe, die es um diese Tageszeit ausstrahlte. Das half ihr, sich auf das zu konzentrieren, was vor ihr lag, ehe ihre Kollegen eintrudelten und der Berufsverkehr die Straßen füllte. Elizabeth gehörte nicht zu den ewig kichernden Plappermäulern dieser Welt. Genauso wie sie aß, um am Leben zu bleiben, redete sie auch nur, wenn sie etwas zu sagen hatte. Sie war nicht die Sorte Frau, die man manchmal im Restaurant oder im Café über das lachen und tratschen hört, was dieser oder jener irgendwann zu diesem und jenem gesagt hat. Leere Gespräche ödeten sie an.
Sie hatte kein Interesse daran, Unterhaltungen, Blicke oder Situationen zu analysieren. Für sie gab es keine verborgenen, tiefer liegenden Bedeutungen. Sie sagte stets das, was sie meinte. Sie fand keinen Gefallen an Debatten oder hitzigen Diskussionen. Früher hatte sie manchmal versucht, sich einzubringen, vor allem in ihrer Collegezeit, in der sie Wert darauf gelegt hatte, sich anzupassen, aber sinnloses Geschwätz fand sie damals so unergiebig wie heute und klinkte sich so bald wie möglich aus.
Nicht einmal in ihrer Kindheit hatte sie sich nach Freunden gesehnt. Sie war gern alleine mit sich und ihren Gedanken, und später hatte sie Saoirse, mit der sie sich beschäftigen musste. Sie wusste, dass sie sich auf sich selbst verlassen und ihre Zeit effektiver nutzen konnte. Als sie aus New York zurückkehrte, hatte sie in ihrer neuen Wohnung eine Dinnerparty für ihre Nachbarn organisiert, denn sie dachte, sie könnte noch einmal von vorn anfangen und Freunde finden, wie andere Leute auch. Aber wie üblich stürmte Saoirse herein und schaffte es, mit einem Rundumschlag jedem einzelnen Gast auf den Schlips zu treten. Sie hielt Ray Collins vor, er hätte eine Affäre, beschuldigte Fiona Conway, sie hätte sich die Brüste machen lassen, und beschimpfte den sechzigjährigen Kevin Smith, weil er sie angeblich lüstern angeglotzt hatte. Das Ergebnis von Saoirses Tiraden war, dass der damals neun Monate alte Luke zu weinen anfing, sämtliche Leute am Tisch einen roten Kopf bekamen und unterdessen das Lammkarree anbrannte.
Natürlich waren die Nachbarn nicht so borniert, dass sie glaubten, das Benehmen ihrer Schwester sei Elizabeths Schuld, aber nach diesem Vorfall hatte sie einfach keine Lust mehr. Der soziale Kontakt war ihr nicht wichtig genug, um sich der Peinlichkeit auszusetzen, ständig alles erklären und entschuldigen zu müssen.
Ihr Schweigen war ihr mehr wert als tausend Worte. In der Stille fand sie Frieden und
Weitere Kostenlose Bücher