Zwischen Himmel und Liebe
das meine Idee.
Die sechs Leute, die sich treffen, sind die ältesten der Firma. Als ich in den Imaginat IF -Raum trat, hörte ich, dass die anderen schon da waren und lachten und spielten. Ich begrüßte alle Anwesenden, und wir warteten auf die Chefin. Wir sitzen nicht auf Ledersesseln in einem Konferenzsaal ohne Fenster um einen langen Tisch herum. Nein, wir sehen das etwas entspannter, und das hat einen positiven Effekt. Je wohler wir uns fühlen, desto mehr können wir beitragen, deshalb sitzen wir auf verschiedenen bequemen Sitzgelegenheiten im Kreis. Ich hab zum Beispiel einen Sitzsack, Olivia einen Schaukelstuhl. Sie meint immer, so kann sie besser stricken.
Die Chefin ist auch nicht wirklich chefig, wir nennen sie bloß so. Im Grund gehört sie zu den nettesten Leuten, die man sich überhaupt vorstellen kann. Und sie hat echt alles gesehen, sie weiß alles, was es über einen besten Freund zu wissen gibt. Sie ist geduldig und einfühlsam, sie hört zu und versteht mehr von dem, was die Menschen nicht sagen, als irgendjemand sonst, den ich kenne. Übrigens heißt sie Opal und ist wunderschön. In diesem Moment schwebte sie gerade herein: In einer purpurroten Robe, die Dreadlocks in einem Pferdeschwanz, der ihr weit über die Schultern fiel. Wenn sie sich bewegte, schimmerten überall an ihr kleine Glitzerperlen. In den Haaren hatte sie eine Tiara aus Gänseblümchen, um den Hals und die Handgelenke Gänseblümchenketten. Eine runde, rot getönte Brille saß auf ihrer Nase, und wenn sie lächelte, hätte sich an ihrem Strahlen ohne weiteres ein Schiff in dunkelster Nacht orientieren können.
»Hübsche Gänseblümchen, Opal«, sagte Calendula leise neben mir.
»Danke, Calendula«, gab Opal lächelnd zurück. »Die kleine Tara und ich haben die Ketten heute in ihrem Garten gebastelt. Du siehst aber auch toll aus heute – so eine hübsche Farbe!«
Calendula strahlte. Sie ist seit Urzeiten eine beste Freundin, genau wie ich, aber sie sieht aus, als wäre sie so alt wie Luke. Sie ist klein, ein sanftes Wesen mit großen blauen Augen, und hat blonde Haare, die sie heute zu kleinen hüpfenden Locken aufgedreht hatte. Dazu trug sie ein gelbes Sommerkleid und passende gelbe Bänder im Haar. Ihre Füße wippten in funkelnagelneuen weißen Schuhen von ihrem handgearbeiteten Holzstuhl herab. Der Stuhl erinnert mich immer an Hänsel und Gretel, gelb mit aufgemalten Herzen und Zuckerstangen.
»Danke, Opal«, sagte Calendula und bekam rosa Bäckchen. »Nach dem Meeting gehe ich mit meiner besten Freundin zu einer Teeparty.«
»Oh.« Opal hob interessiert die Brauen. »Wie nett. Wo findet sie denn statt?«
»Im Garten. Sie hat gestern zum Geburtstag ein neues Teeservice bekommen«, antwortete Calendula.
»Das ist ja schön. Und wie geht es der kleinen Maeve?«
»Gut, danke.« Calendula blickte auf ihren Schoß.
Inzwischen waren alle anderen Gespräche im Raum verstummt, denn alle lauschten Opal und Calendula. Opal ist nicht der Typ, der erst mal um Ruhe bittet, um ein Meeting anzufangen. Sie beginnt einfach ganz leise, denn sie weiß genau, dass die anderen irgendwann von selbst aufhören zu quatschen. Sie sagt immer, alles, was die Leute brauchen, ist genügend Zeit, dann können sie die meisten Dinge selbst regeln.
Opal sah Calendula immer noch an, die jetzt mit einem Band an ihrem Kleid herumspielte.
»Kommandiert Maeve dich immer noch herum, Calendula?«
Calendula nickte und machte ein trauriges Gesicht. »Ja, sie sagt mir ständig, was ich tun soll, und wenn sie was kaputtmacht und ihre Eltern schimpfen, dann gibt sie mir die Schuld.«
Olivia, eine deutlich ältere beste Freundin, die in ihrem Schaukelstuhl saß und strickte, schnalzte missbilligend mit der Zunge.
»Du weißt doch, warum Maeve das macht, oder nicht, Calendula?«, erkundigte sie sich freundlich.
Wieder nickte Calendula. »Ich weiß, dass das Zusammensein mit mir ihr die Möglichkeit gibt, auch mal zu bestimmen, und dass sie nur das Verhalten ihrer Eltern widerspiegelt. Ich verstehe, warum sie sich so verhält, und ich weiß auch, wie wichtig es für sie ist, dass sie es tut, aber manchmal ist es ein bisschen deprimierend, tagein, tagaus gescheucht zu werden.«
Alle nickten zustimmend, denn irgendwann hat jeder von uns schon einmal in einer solchen Situation gesteckt. Die meisten jüngeren Kinder kommandieren uns gern herum, denn das ist oft ihre einzige Chance, das mal zu machen, ohne gleich Ärger zu bekommen.
»Nun, du wirst es
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