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Zwischen Himmel und Liebe

Zwischen Himmel und Liebe

Titel: Zwischen Himmel und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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sie von weit her, sanft, ohne den typischen harschen Unterton.
    »Ich hab doch gerufen«, erklärte sie leise. »Ich bin die Straße entlanggefahren, hast du mich nicht gesehen?«
    »Nein«, antwortete er überrascht und wandte den Kopf wieder zum Fenster.
    »Was hast du denn gemacht?«, fragte sie stirnrunzelnd. Aber als sie seinem Blick folgte, verschlug es ihr den Atem. Die Aussicht aus ihrem Fenster, der Weg, das Gartentor und die lange Straße zogen sie in den gleichen tranceartigen Zustand wie ihren Vater. Alle Hoffnungen und Wünsche der Vergangenheit kamen in diesem einen Augenblick zurück. Auf dem Fenstersims stand ein Foto ihrer Mutter, das früher nicht da gewesen war. Eigentlich hatte Elizabeth gedacht, ihr Vater hätte alle Fotos ihrer Mutter weggeworfen, als sie gegangen war.
    Aber ihr Bild brachte Elizabeth zum Schweigen. Es war so lange her, seit sie ihre Mutter das letzte Mal gesehen hatte, sie konnte sich ihr Gesicht nicht mehr vorstellen. In ihrem Kopf war sie nur noch eine verschwommene Erinnerung, mehr ein Gefühl als ein Bild. Sie zu sehen war wie ein Schock. Es war, als würde sie sich selbst sehen, ein perfektes Spiegelbild. Als sie die Sprache wiederfand, sagte sie leise und erschüttert: »Was machst du hier, Dad?«
    Ohne den Kopf zu bewegen, ohne zu blinzeln, starrte er weiter in die Ferne, und eine fremde Stimme, die tief aus seinem Innern kam, sagte: »Ich habe sie gesehen, Elizabeth.«
    Herzklopfen. »Wen hast du gesehen?« Dabei wusste sie es genau.
    »Gráinne, deine Mutter. Ich hab sie gesehen. Zumindest glaube ich, dass sie es war. Es ist so lange her, dass ich nicht ganz sicher sein kann. Deshalb habe ich das Foto rausgeholt, damit ich mich wieder an sie erinnere. Damit ich sie erkenne, wenn sie die Straße runterkommt.«
    Elizabeth schluckte schwer. »Wo hast du sie gesehen, Dad?«
    Seine Stimme klang höher und etwas durcheinander. »Auf einer Wiese.«
    »Auf einer Wiese? Auf welcher Wiese denn?«
    »Auf einer Zauberwiese.« Seine Augen leuchteten, und er sah alles wieder vor sich. »Auf einem Feld der Träume, wie wir das gerne nennen. Sie sah so glücklich aus, und sie lachte und tanzte, genau wie früher. Sie ist keinen Tag älter geworden«, fügte er verwundert hinzu. »Eigentlich müsste sie doch älter aussehen, oder nicht? Ich bin doch auch älter.« Er war ratlos.
    »Bist du sicher, dass sie es war, Dad?«, fragte Elizabeth. Sie zitterte am ganzen Körper.
    »O ja, das war sie. Mit den Löwenzahnsamen hat sie sich im Wind bewegt, und die Sonne schien auf sie herab, als wäre sie ein Engel. Sie war es, ganz bestimmt.« Aufrecht saß er in seinem Sessel, die Hände auf den Armlehnen, und wirkte entspannter denn je.
    »Aber sie hatte ein Kind bei sich, und das war ganz sicher nicht Saoirse. Nein, Saoirse ist jetzt erwachsen«, rief er sich in Erinnerung. »Ich glaube, es war ein Junge. Kleines blondes Kerlchen, wie Saoirses Sohn«, setzte er nachdenklich hinzu, und zum ersten Mal zogen sich seine dichten, raupenähnlichen Augenbrauen wieder zusammen.
    »Wann hast du sie gesehen?«, fragte Elizabeth, gleichzeitig von Grauen und von Erleichterung erfüllt, denn sie wusste, dass sie es war, die ihr Vater auf der Wiese gesehen hatte.
    »Gestern«, lächelte er. »Gestern früh. Sie kommt bald zu mir zurück.«
    Elizabeths Augen füllten sich mit Tränen. »Sitzt du schon seit gestern hier am Fenster, Dad?«
    »Ja, aber das macht nichts, sie kommt ja bald zurück, und ich muss mich doch an ihr Gesicht erinnern. Manchmal vergesse ich es nämlich, weißt du.«
    »Dad«, flüsterte Elizabeth. »War da nicht noch jemand bei ihr auf der Wiese?«
    »Nein«, lächelte Brendan. »Bloß sie und ihr Junge. Er sah auch sehr glücklich aus.«
    »Ich meine nur, ich war gestern auf der Wiese. Ich war das, Dad, ich hab Löwenzahnsamen gefangen, zusammen mit Luke und einem Mann«, erklärte Elizabeth und nahm seine Hand. Ihre eigene sah neben seinen schwieligen Fingern aus wie die eines Kindes.
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht. »Da war kein Mann. Gráinne war mit keinem Mann zusammen. Sie kommt bald nach Hause.«
    »Dad, ich schwöre dir, das war ich, zusammen mit Luke und Ivan. Vielleicht hast du dich geirrt«, fügte sie so sanft sie konnte hinzu.
    »Nein!«, schrie er so laut, dass Elizabeth erschrocken aufsprang. Voller Abscheu sah er ihr ins Gesicht. »Sie kommt heim zu mir!«, beharrte er wütend. »Mach, dass du wegkommst!« Er fuchtelte wild mit der Hand herum

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