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Zwischen Krieg und Terror

Titel: Zwischen Krieg und Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tilgner
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Nach einem Schusswechsel mit dessen Leibwache fordern die Soldaten Luftunterstützung an. Warum die Kommandos nicht alles darangesetzt haben, den Jordanier lebendig in die Hände zu bekommen, wird nicht bekannt. Anhand einer von Al Jazeera ausgestrahlten Videobotschaft, auf der Zarqawi seit Jahren erstmals wieder unvermummt zu sehen war, sollen sich Hinweise ergeben haben, die das Aufspüren des Jordaniers erleichterten.
    Innerhalb von Stunden bestätigt die irakische Fraktion von Al Kaida den Tod ihres Führers und kündigt die Fortsetzung des Kampfes an. »Wir sagen unserem Befehlshaber Scheich Bin Laden, dass deine Soldaten der Al Kaida Irak so weiterkämpfen, wie du es Abu Mussab Al Zarqawi angeordnet hast«, heißt es in einer Internetbotschaft. 13 Mehrere der Al Kaida nahe stehende Organisationen erklären Abu Hamza Al Mohadjer zum Nachfolger Zarqawis und erflehen göttlichen Beistand, damit er dessen Werk mit Erfolg abschließen könne. Der Jordanier soll kurz vor seinem Tod einen neuen, wahnsinnig anmutenden Plan ausgearbeitet haben. Iraks nationaler Sicherheitsberater verkündet auf einer internationalen Pressekonferenz, in einem der Verstecke Al Kaidas sei ein Strategiepapier Zarqawis sichergestellt worden. Demnach solle Al Kaida mit Terroranschlägen auf einen Krieg zwischen den USA und Iran hinarbeiten und dessen Beginn beschleunigen wollen. 14 Iraks ehemaliger Ministerpräsident Ibrahim Djafari hat mir gegenüber die Bedeutung der Unterlagen betont. Djafari zufolge verfügt die Regierung in Bagdad über genügend Beweise dafür, dass Al Kaida planmäßig Attentate auf die Schiiten vorbereitet und ausgeübt hat, um diese zu Racheakten zu provozieren. Ebenso sei das Strategiepapier Zarqawis echt und keine Fälschung: Aus dem Dokument werde ersichtlich, dass Anschläge und Entführungen die innerirakischen Diskrepanzen weiter verschärfen sollten, um auch bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Schiitenparteien zu provozieren. Zusätzlich sollte ein Krieg zwischen den Schiiten und den Kurden angezettelt werden.
    Als strategisches Ziel strebt Al Kaida jedoch an, durch unterschiedliche Aktionen einen Krieg zwischen den USA und Iran herbeizuführen. Dieser Plan mutet auf den ersten Blick als Entwurf eines Größenwahnsinnigen an. Doch es gilt sich zu erinnern: Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass Al Kaida im Irak mit Terroranschlägen bürgerkriegsähnliche Zustände auslösen kann, obwohl 150 000 ausländische Soldaten und 230 000 irakische Sicherheitskräfte im Einsatz sind, um das Land zu befrieden? Zarqawi hat eine Etappentaktik entworfen, mit der Al Kaida in den Konflikt zwischen Iran und den USA eingreifen soll. Sie ist an Hinterhältigkeit kaum zu überbieten. Anfangs soll amerikanischen Interessen und Staatsbürgern der USA gedroht werden. Die entsprechenden Botschaften seien so zu verfassen und zu platzieren, dass Iran die Verantwortung zugeschoben werde. In einer zweiten Phase sollen US-Geiseln genommen werden. Auch in diesem Fall hätten die Entführer den Eindruck zu erwecken, es handle sich um eine iranische Aktion. Parallel dazu sollen Meldungen verbreitet werden, Iran sei im Besitz atomarer und chemischer Waffen und auch entschlossen, diese gegen die USA einzusetzen. Zusätzlich sollen Kommandos der Al Kaida Anschläge ausüben, die Iran angelastet würden. Vom totalen Krieg im Irak mit Kämpfen zwischen allen gesellschaftlichen und politischen Kräften sowie einem Krieg zwischen den USA und Iran verspreche Zarqawi sich eine deutliche Verringerung des Drucks auf die Sunniten.
    Iraks nationaler Sicherheitsberater und ein ehemaliger Ministerpräsident geben zwar ihr Wort, dass es sich um ein Al-Kaida-Konzept und keine Fälschung eines Geheimdienstes handle, doch damit ist die Echtheit dieses Dokuments noch nicht bewiesen. Das Bedeutsame an diesem Plan besteht darin, dass er sich mit dem Einsatz relativ begrenzter Kräfte realisieren ließe. Einzelne Aktionen könnten Iran problemlos untergeschoben werden, da die Großmachtsrhetorik Teheraner Politiker sich geradezu anbietet, der Islamischen Republik Provokationen anzulasten. Völlig offen ist jedoch, ob es sich um theoretische Überlegungen Zarqawis handelt oder ob bereits Vorbereitungen laufen, die geplanten Provokationen in die Tat umzusetzen.
    Der Tod des Al-Kaida-Führers bedeutet einen Rückschlag

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