Zwischen Leidenschaft und Liebe
zu trinken. »Warum ist das Wasser braun?«
»Es fließt durch Torf«, gab er ungeduldig zur Antwort. »Das gibt dem Whisky den besonderen Geschmack. Guter schottischer Whisky kann nirgendwo sonst in der Welt gebrannt werden, weil es nur hier dieses mit Torf vermischte Wasser gibt. Sind Sie so weit, daß wir weitergehen können?«
Sie nickte. »Jedenfalls habe ich gestern abend die Zeitung gelesen, und sie werden nicht glauben, was ich darin entdeckte.«
»Daß sich die Campbells wieder erheben?«
»Seien Sie nicht so zynisch. Es steht Ihnen nicht, obwohl ich glaube, daß Ihnen dieser Zynismus angeboren ist. Kamen Sie in dem Glauben auf die Welt, daß die Welt schlecht ist, oder haben Sie diese Einstellung erst später erworben?«
Er drehte sich um und blickte sie mit zu Schlitzen verengten Augen an.
Claire lächelte süß. Sie fand Gefallen daran, seine rauhe Schale zu durchbohren. »Ich habe gelesen, daß Captain Bakers früherer Partner, Jack Powell, vor der Königlich Geographischen Gesellschaft einen Vortrag halten wird über seinen Einzug in Pesha.«
»Tatsächlich?« erwiderte Trevelyan leise. »Und haben Sie vor, sich seinen Vortrag anzuhören?«
»Sie machen wohl Witze? Ich persönlich glaube nicht, daß dieser Mann jemals in Pesha gewesen ist!«
Trevelyan blieb stehen, drehte sich zu ihr um und musterte sie eingehend. »Und worauf stützen Sie diese Annahme?«
»Auf meine Kenntnis von Captain Baker.«
Er drehte sich wieder von ihr weg, damit sie sein Lächeln nicht sah. »Tatsächlich?«
»Sie brauchen gar nicht zu lachen. Ich kann einfach nicht glauben, daß Captain Baker nicht bis Pesha gekommen ist.«
»Wir haben noch eine Stunde zu wandern. Warum erzählen Sie mir nicht, wie Sie zu dieser Schlußfolgerung gekommen sind? Vielleicht könnte dann die Zeit rascher vergehen, und Lachen ist gesund.«
»Ich sollte Ihnen gar nichts erzählen, nicht bei dieser Einstellung, die Sie haben, aber ich tue es trotzdem. Zunächst müssen Sie begreifen, was Pesha für Captain Baker bedeutete. Ich weiß, daß Pesha für den Rest der Welt nur der Name einer Fabel ist — ein Name, der exotische ...« Ihre Stimme verebbte.
Er drehte sich wieder zu ihr um, lächelte auf seine ihr sattsam bekannte spöttische Weise und begann, rückwärts zu gehen. »... exotische Vorstellungen weckt? Wo die Wunschträume eines Mannes zur Wirklichkeit werden? Eine Stadt mit sagenhaften Reichtümern? Eine Stadt, in der es schöne Frauen in Hülle und Fülle gibt, die weder Korsetts noch Turnüren tragen. Eine Stadt...«
»Würden Sie mich jetzt bitte weiterreden lassen? Wie ich schon sagte, wollte Captain Baker diese Stadt besuchen. Er wollte der erste Fremde sein, der sie erreichte und ihre Existenz bewies. Allgemein leugnete man ihre Existenz und wollte sie in das Reich der Sage verweisen wie Atlantis. Captain Baker verbrachte drei Jahre seines Lebens damit, nach dieser Stadt zu suchen. Ich habe gelesen, wie krank und enttäuscht er war, als er von seiner ersten Reise zurückkehrte, ohne Pesha gefunden zu haben, aber er schwor, er würde noch einmal nach ihr suchen. Er glaubte, er würde sterben, wenn er es nicht schaffte, sie zu finden.«
»Und so starb er.«
»Aber er starb erst, als er seine zweite Reise abgeschlossen hatte und schon auf dem Sprung war, nach Hause zurückzukehren. Ich glaube, daß er in Pesha gewesen ist.«
»Powell behauptet, das wäre nicht der Fall. Er gibt an, Baker sei zu krank gewesen, um die Stadt betreten zu können. Er meinte, Baker sei im Lager geblieben, während er, Powell, allein in die Stadt gegangen sei.«
»Ha!« sagte Claire. »Sie kennen Captain Baker nicht so gut wie ich.«
»Tatsächlich?«
»Lachen Sie mich nicht aus. Captain Baker war ein sehr eitler Mann.«
Trevelyan sah sie überrascht an. »Was hat Eitelkeit damit zu tun?«
Sie seufzte. »Sehr viel sogar. Baker hatte nach seiner ersten Reise eine Menge hinzugelernt. Er hatte herausgefunden, daß er Hunderte von Meilen von Pesha entfernt gewesen war, und so kehrte er nach England zurück, um Geld für seine neue Expedition zu sammeln und seine Notizen auszuwerten.«
»Was hat das alles mit seiner Eitelkeit zu tun?«
»Denken Sie nach! Nachdem er so viel Arbeit in seine Vorbereitungen gesteckt und sich solche Mühe gegeben hatte, Pesha zu finden - ist es da wahrscheinlich, daß er sein Wissen einem anderen Mann überlassen hat?«
»Wenn er krank war und nicht selbst in die Stadt gehen konnte, wäre er dazu wohl bereit
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