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Zwischen Macht und Verlangen

Zwischen Macht und Verlangen

Titel: Zwischen Macht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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und unkonventionell mit ihrer knappen Jacke und dem üppigen, bestickten Seidenrock. „Schau mal dorthin, Alan!“ Sie wies auf den Spiegel. „Was sagst du zu diesem Paar?“
    „Wunderschön siehst du aus“, stellte er fest. „Ich habe Angst, dich anderen Männern vorzustellen. Das Bild zeigt mir zwei Menschen. Es sind sehr verschiedene Typen, doch sie passen außerordentlich gut zusammen.“
    Geschickte Beleuchtung, funkelndes Kristall, schneeweiße Damasttücher und schimmerndes Silber gaben der Gesellschaft Atmosphäre. Shelby saß an einem von mehreren großen runden Tischen. An ihrer linken Seite hatte Alan Platz genommen, und das Oberhaupt des Komitees für Verkehrssicherheit an der anderen. Sie ließ sich einen Hummercocktail schmecken und machte mühelos Konversation.
    „Wären Sie nicht so stur, Leo“, sagte sie, „dann hätten Sie es längst einmal mit dem Aluminiumschläger versucht. Dadurch dürfte sich Ihr Spiel wesentlich verbessern.“
    „Mein Spiel hat sich verbessert!“ Der bullige, kahlköpfige Staatsmann drohte mit dem Löffel. „Wir haben ja seit sechs Monaten kein Match zusammen gemacht. Heute würden Sie mich bestimmt nicht in drei Sätzen schlagen.“
    Shelby lächelte und nippte an ihrem Mineralwasser. Der nächste Gang wurde serviert. „Vielleicht kann ich nächs tens mal ein paar Stunden erübrigen und in den Club kommen.“
    „Tun Sie das! Es wäre mir ein Vergnügen, Sie zu besiegen.“
    „Dann mussten Sie aber auf Ihre Beinarbeit achten, Leo!“ Shelby war bester Laune. Sie dankte ihrem Schicksal, dass Leo ihr Tischnachbar war. Mit ihm ließ es sich leicht und natürlich plaudern. Sie kannte viele Menschen hier, und mit einigen wenigen war sie sehr gern zusammen.
    Das Essen zog sich sehr in die Länge. Endlich wurden Zigaretten und Zigarren gereicht, und man erhob sich. Alan wäre am liebsten sofort mit Shelby verschwunden, seine Gedanken kreisten unaufhörlich um die Erlebnisse der vergangenen Nacht. Zum ersten Mal in seinem Leben fiel es ihm schwer, sich auf die jeweiligen Gesprächspartner zu konzentrieren.
    Shelbys unverkennbare dunkle Stimme drang an sein Ohr. Offensichtlich erklärte sie soeben auf höchst direkte Art einem Abgeordneten, welch wenig schmeichelhafte Meinung sie von einer Anfrage der Opposition hatte. Alan war der gleichen Ansicht, aber – eine gute Diplomatin würde Shelby nie werden. Sie wollte auch keine sein.
    Alan fühlte Shelbys Nähe, noch ehe er ihre leise Stimme vernahm. „Möchtest du mit mir tanzen, Senator? Das wäre im Augenblick die einzig mögliche Form, Hand an dich zu legen!“
    Er musste sich beherrschen, Shelby nicht sofort in die Arme zu nehmen. Sein Herz klopfte heftig. „Das war Gedankenübertragung!“ sagte er in dem gleichen leisen Ton und führte Shelby zur Tanzfläche.
    Ihre Körper verschmolzen miteinander, wiegten sich mühelos im Rhythmus der Musik. „Wie gut wir zusammenpassen“, flüsterte Alan in Shelbys Ohr.
    Sie legte den Kopf zurück und sah Alan an. „Erstaunlich, denn niemand könnte verschiedener sein als wir beide.“ Trotzdem versprach ein Blick ihm die Erfüllung seiner heißen, leidenschaftlichen Wünsche. Ihre Lippen öffneten sich ein wenig, die Hand auf seiner Schulter schob sich vor, und ihre Fingerspitzen berührten seinen Nacken. „Wir dürften eigentlich nicht harmonieren und uns so gut verstehen“, sagte sie fast unhörbar. „Ich begreife nicht, warum das so ist.“
    Der Abend verging langsam. Wenn Alan und Shelby beim Tanzen mit anderen Partnern einander begegneten, kreuzten sich ihre Blicke. Sie tauschten Botschaften aus, die geheim sein sollten. Aber das große Spiel in Washington gelingt keinem, der nicht einen sechsten Sinn hat für Unterströmungen und Heimlichkeiten. An diesem Abend befanden sich sehr viele Experten unter den Gästen, manch einer schmunzelte.
    „Mir scheint, Alan“, stellte Leo fest, als Shelby wieder einmal zum Tanzen aufgefordert worden war und die beiden Herren allein am Tisch saßen, „mir scheint, Sie haben im persönlichen Bereich und in Bezug auf Ihr Lieblingsprojekt einige Fortschritte zu verzeichnen.“
    Alan drehte sein Highballglas in der Hand und setzte eine undurchdringliche Miene auf. „Ein wenig“, sagte er und stellte sich dumm. „Die positiven Meldungen aus Boston sind ermutigend, das gebe ich gern zu.“
    „Es wäre für Sie nur günstig“, fuhr Leo unbeirrt fort, „wenn Sie während der laufenden Legislaturperiode den Ball in Bewegung hielten.

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