Zwischen Olivenhainen (German Edition)
hör auf darüber nachzudenken!“, unterbrach er sie. „In ein paar Tagen darf ich gehen, vielleicht werde ich dafür sorgen, dass die mich früher gehen lassen –“
„Denk nicht mal dran!“, rief Leslie. „Ich denk’ mal, solche …“, sie schluckte „… Wunden müssen eine Zeit lang heilen. “
„Das können sie auch zu Hause“, entgegnete Raffaello. „Jedenfalls sind die Killer keine Gefahr mehr. Ich habe die Nachricht heute Morgen erhalten.“
„Sie sind also tot“, stellte sie trocken fest, „hm.“
„Leslie!“
„Was? Ist doch so, oder etwa nicht?“ Trotzig erwiderte sie seinen warnenden Blick. Wenn er nicht wollte, dass sie es erfuhr, sollte er den Mund halten und sie auf irgendeine andere Weise beruhigen, wie es die machomäßigen Mafiosi in den Filmen immer taten. Allerdings war sie sich nicht sicher, was sie davon gehalten hätte, wenn er sie angelogen hätte. Raffaello seufzte.
„Ich kann nicht hierbleiben“, sagte er dann leise, fast flüsternd. „Ich kann einfach nicht. Es gibt zu viele Dinge, um die ich mich kümmern muss. Außerdem …“ Er sah ihr fest in die Augen, als er das sagte. „Außerdem würde ich dich zu sehr vermissen.“ Gegen ihren Willen musste sie lächeln, als sie das hörte.
„Dann übernachte ich bei dir“, schlug sie vor, doch er schüttelte nur müde den Kopf.
„Ich habe deine Freundin schon angerufen“, sagte er zögernd, fast so, als habe er Angst davor, wie sie reagierte. „Sie wird dich in einer Stunde unten auf dem Parkplatz abholen.“
„Was?!“, entfuhr es Leslie.
„Ich denke, es ist besser, wenn du nicht alleine bist“, sagte Raffaello. „Jedenfalls nicht, solange ich hier bin.“ Leslie starrte ihn einen Augenblick verwirrt an.
„Aber“, brachte sie dann stockend hervor, „ich will bei dir –“. Er legte ihr einen Finger auf die Lippen und sah sie eindringlich an.
„Du wirst mit ihr fahren und so lange bei ihr und –“, er verzog das Gesicht, „– Federico bleiben, bis ich dich abhole, in Ordnung?“ Aber es war kein Vorschlag. Keine Frage oder Ratschlag. Es war ein Befehl. Trotzig schob sie die Unterlippe vor.
„Und wenn ich bei dir bleiben will?“, entgegnete sie.
„Du kannst mich besuchen, so oft du willst“, sagte er großzügig lächelnd.
„Ach?“, machte sie schnippisch.
„ Sì “, sagte er und seine dunklen Augen blitzten auf, „jetzt küss’ mich endlich mal, bevor Mario wieder reinkommt.“ Sie konnte nicht anders, gab es auf ihm zu widersprechen und beugte sich zu ihm hin, um ihn zu küssen. Mario erschien noch währenddessen. Erst ein zurückhaltendes Räuspern seinerseits ließ Leslie und Raffaello erschrocken hochfahren.
„Ich … kann auch wieder gehen“, sagte er und lächelte flüchtig. Er hielt einen Pappbecher mit Kaffee in den Händen.
„Ich hatte ja vor, euch alleine zu lassen, aber da draußen wurde es ein wenig ungemütlich.“ Marios Miene verfinsterte sich.
„ Commissario Gosetti wollte mir Gesellschaft leisten. Ich lehnte dankend ab.“ Er lächelte verkniffen, ließ sich auf einem der Stühle neben Raffaellos Bett nieder und schlug die langen Beine übereinander.
„Er bat mich dir auszurichten, Leslie, dass er mit dir sprechen will“, fügte er fast schon entschuldigend hinzu und nippte an seinem Kaffee. „Uh, das Zeug schmeckt ja wirklich scheußlich!“ Raffaello hob seine gesunde Schulter.
„Sag ich doch“, bemerkte er, dann wandte er sich an Leslie. „Wirst du mit ihm sprechen?“ Verärgert zog sie die Brauen zusammen.
„Natürlich nicht!“, entgegnete sie. Mit Gosetti würde sie ganz sicher kein Wort wechseln, während Raffaello angeschossen hier im Bett lag. Raffaello legte den Kopf schräg und musterte sie aufmerksam.
„Warum nicht?“, fragte er.
„Weil ich nicht will“, sagte sie trotzig.
„Hm“, machte er und hob anerkennend die dichten Brauen. „Tu es trotzdem“, sagte er dann leichthin.
„Was? Wieso?“
„Könnte interessant sein.“ Leslie wollte widersprechen, doch er sah sie mit so herzzerreißendem Schmachtblick an, dass sie zuerst ihren Herzschlag wieder unter Kontrolle bekommen musste und dann seufzend aufstand und auf die Tür zuging.
Gosetti saß tatsächlich im Wartebereich auf dem Flur, eine aufgeschlagene Zeitung in den Händen.
„ Buon giorno , Leslie“, begrüßte er sie. „Ich dachte mir, dass du hier bist. Sieh dir das an.“ Er hielt ihr die druckfrische Zeitung unter die Nase. Die Schlagzeile des
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