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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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residierte in einem Schloss. Sie fühlte sich elend. Richtig elend.
    „Ist dir nicht gut?“, fragte Mario, nachdem er kurz zu ihr herübergesehen hatte, um sich zu vergewissern, dass seine Aufzählungen ihr nicht die Sprache verschlagen hatten.
    „Es geht schon“, murmelte Leslie leise. Mario atmete erleichtert auf und ließ das Fenster an Leslies Platz einen kleinen Spalt nach unten fahren.
    „Ich kenne das“, meinte er leichthin. „Diese Klimaanlage steigt einem zu Kopf, wenn man sie nicht gewöhnt ist.“ Leslie antwortete nichts darauf.
    Eine Weile fuhren sie über die Autobahn, Mario redete fast ununterbrochen über irgendetwas und Leslie tat, als höre sie ihm angestrengt und interessiert zu. Tatsächlich aber schweiften ihre Gedanken immer wieder ab, zu dem, was Mario über Raffaello gesagt hatte.
    „Woher kennen Sie Raffaello?“, fragte sie ihn irgendwann, als sie auf eine Landstraße einbogen. Das Meer konnte man von hieraus nur noch selten zwischen den Hügeln hindurchschimmern sehen und die Gegend wurde zusehends von Feldern und Olivenbäumen eingenommen. Leslie erinnerte sich daran, dass Raffaello gesagt hatte, er wohne auf dem Land. Sie mussten also bald ihr Ziel erreicht haben. Und ihr Herz fing so schnell an zu schlagen, dass sie Angst bekam, es könne stehenbleiben.
    „Wir haben uns vor zwölf Jahren auf meinem Geburtstag kennengelernt“, sagte Mario. „Raffaello war sechs und ein ziemlich aufgeweckter kleiner Fratz.“ Er grinste, als er sich daran erinnerte.
    „Ich musste andauernd mit ihm Fangen spielen und in den Olivenhainen rumklettern, die hinter dem Haus wachsen. Er riss sich beim Spielen die teure Hose auf, und als seine Mutter mit ihm schimpfen wollte, habe ich die Schuld auf mich genommen. Seitdem war ich sein Held. Bis er zwölf wurde und ich ihm zeigte, wie man Haargel verwendet. Ab da war ich sein Kumpel.“
    Mario grinste mit fast schon verträumtem Blick und Leslie fragte sich, ob ihm Raffaello lieber gewesen war, als er noch so klein war. Leslie konnte nicht anders. Sie musste grinsen, als sie sich einen kleinen, pummeligen Raffaello vorstellte, der in den Olivenbäumen herumkletterte und seinen älteren Freund vergötterte.
    „Aber ich muss sagen, es ist schon was aus ihm geworden“, sagte Mario mit der zufriedenen, fast schon stolzen Stimme eines Vaters – der er nicht war.
    Naja, dachte Leslie ironisch, wenn man von dem Machogehabe absieht, ist er durchaus ganz passabel. Und das war noch untertrieben, aber das sagte sie lieber nicht.
    „Ziemlich viele Mädchen in seiner Schule stehen auf ihn“, sagte Mario fast beiläufig, was Leslie erneut einen Stich versetzte. Sie wollte gar nicht darüber nachdenken, mit wie vielen gutaussehenden, dämlichen Blondchen Raffaello schon geflirtet hatte. Das bestätigte nur ihren Eindruck von ihm. Sie war also machtlos. Und was wollte Mario mit seinen Schwärmereien über seinen besten Freund erreichen? Fast klang es, als wolle er ihr vermitteln, wie ach so perfekt Raffaello doch war. Leslie schnaubte verächtlich durch die Nase. Mario warf ihr einen seltsamen Blick zu.
    „Er hatte noch nie eine richtig feste Freundin oder so was, wenn dich das beruhigt“, sagte er spitz.
    Danke, wollte Leslie sagen, das beruhigt mich total. Und wissen Sie was? Es interessiert mich nicht im Geringsten! Aber das sagte sie nicht. Sie machte nur: „Aha“ und schaute weiter aus dem Fenster. Ein einsames Gehöft zog am Straßenrand vorbei und kurz darauf lenkte Mario den Wagen auf einen Feldweg, der sich zwischen einigen Felsen, die mit Gras bewachsen waren, und vereinzelten Olivenbäumen und Zypressen hindurch schlängelte. Und plötzlich konnte Leslie das Meer wieder sehen, als sich der Jaguar seinen Weg nach unten bahnte und schon gelangten sie auf eine relativ breite Schotterstraße, an deren Ende sich ein ziemlich großes, schwarzes Tor abzeichnete.
    Als sie näher kamen, sah Leslie, dass vor den zwei Flügeln des Tores zwei Männer auf und ab schritten, jeder ein Gewehr über der Schulter, als sei es selbstverständlich. Leslie hatte das Gefühl, dass ihr Herzschlag für einige Sekunden aussetzte. Sie blickte entsetzt zu Mario hinüber, aber der schien den Anblick gewöhnt zu sein. Und dann erinnerte sie sich daran, dass Raffaellos Vater Politiker war und sie konnte aufatmen. Es war also doch normal, dass er so beschützt wurde, aber es beunruhigte sie dennoch.
    Mario wechselte einen knappen Satz mit einem der Männer, dann wurde das große

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