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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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hätte sich seinen Drink genommen und ihn in einem Zug geleert. Er spielte sogar mit dem Gedanken, sich zu betrinken.
    Stattdessen rief er die hiesige Pizzeria an, bestellte etwas zum Abendessen und ging nach oben.
    Betsys Tür stand offen. Er warf einen Blick ins Zimmer, sah, dass sie nicht da war, und ging weiter zum Bad.
    Sie stand vor dem Spiegel und drückte sich Pickel aus.
    »Das solltest du lieber lassen«, bemerkte er.
    Sie wirbelte herum, schrie: »Hau ab!« und knallte ihm die Tür vor der Nase zu.
    Eine lange Zeit stand er nur da und wartete darauf, dass sie sich besann und bei ihm entschuldigte.
    Doch das geschah nicht.
    Schließlich ging er nach unten und sah, dass Lulu wieder mal Jolenes Gutenachtvideo guckte.
    Er stöhnte.
    Der Pizzabote kam. Michael bezahlte, knallte die Pizza auf den Tisch und brüllte: »Abendessen!«
    »Pizza gibt’s nur zum Geburtstag, Daddy. Nicht zum Abendessen«, verkündete Lulu seufzend. Sie ging an ihm vorbei und setzte sich an den Tisch, und in dem Moment kam seine Mutter mit wütender Miene ins Haus gestürmt.
    »Wag es nicht noch einmal, mitten im Gespräch aufzulegen, junger Mann! Geht es Betsy gut?«
    »Sie ist wieder da«, antwortete er. »Aber ich hab keine Ahnung, wie es ihr geht.«
    »Gott sei Dank. Von nun an …«
    »Bitte, Ma. Du kannst mich morgen anschreien. Mein Tag war die Hölle.«
    Seine Mutter starrte ihn an. »Das geht nicht so weiter, Michael«, machte sie ihm ruhig klar.
    »Ja. Das ist mir bewusst.«
    Bevor sie etwas sagen konnte, wodurch er sich noch schlechter fühlte, verließ er die Küche und ging ins Arbeitszimmer, wo es herrlich still war. Er schloss die Tür hinter sich und ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl sinken.
    Er glaubte nicht, dass er das schaffen würde. Offenbar konnte er nicht für seine Kinder sorgen.
    Was zum Teufel war bloß los mit ihm? Wieso war er so erfolgreich in seinem Beruf und gleichzeitig ein derartiger Versager, wenn es um seine Familie ging?
    Er seufzte. Seine Frau war noch nicht mal einen Monat fort und er hatte es bereits satt, zu Hause ständig alles falsch zu machen.

E LF
    Am nächsten Morgen redete Betsy immer noch nicht mit ihm. Michael stand früh auf, machte Frühstück und brachte die Mädchen rechtzeitig in ihre Einrichtungen. Als er schließlich – spät – an seinem Schreibtisch landete, war er bereits erschöpft. Aber zumindest fühlte er sich hier kompetent.
    Um elf kam der Anruf, auf den er so lange gewartet hatte.
    Keith hatte ihn um ein Gespräch gebeten. Endlich.
    Michael schnappte sich seine Unterlagen und verließ die Kanzlei. Eine Viertelstunde später war er schon im Gefängnis von King County und setzte sich in den schäbigen Besucherraum.
    Keith kam in seinem orangefarbenen Overall herein und war mit Handschellen und Fußketten gefesselt.
    »Lassen Sie uns allein«, bat Michael den Wachmann. »Und lösen Sie die Fesseln.«
    »Sir …«
    »Lösen Sie die Fesseln«, wiederholte Michael. »Auf meine Verantwortung.«
    Der Wachmann runzelte zwar die Stirn, folgte aber seiner Aufforderung und verließ dann den Raum, um vor der Tür Wache zu halten.
    Keith nahm gegenüber von Michael Platz und hielt sich unnatürlich gerade. Im grellen Neonlicht wirkte er überraschend jung und frisch. Seine ehemals kurzgeschorenen Haare waren gewachsen und wirkten wie eine gezackte Krone über seinem Gesicht. »Mein Vater meint, ich müsste mit Ihnen reden.«
    »Ich versuche Ihnen eine Haftstrafe zu ersparen. Aber Sie machen es mir nicht leicht.«
    »Aber eigentlich verdiene ich es doch nicht, verteidigt zu werden. Finden Sie nicht?«
    »Nein. Finde ich nicht. Und Ihr Vater auch nicht. Genauso wenig wie Ihre Mutter, die sich, wie ich hörte, jede Nacht in den Schlaf weint.«
    »Das war ein Schlag unter die Gürtellinie.«
    Michael schlug seinen Notizblock auf und löste die Kappe von einem Stift. »Sie wissen, warum ich hier bin, Keith. Sie haben Ihrem Dad versprochen zu erzählen, was an jenem Tag passiert ist. Und ich habe gehört, ihr Typen vom Militär haltet eure Versprechen.«
    »Ich habe die Liebe meines Lebens umgebracht.« In Keiths Augen schimmerten endlich Gefühle auf. »Anders kann es nicht sein.«
    »Was? Was meinen Sie mit Anders kann es nicht sein? «
    »Ich bin verrückt. Ich muss verrückt sein. Denn ich erinnere mich nicht daran, meine eigene Frau erschossen zu haben. Finden Sie das vielleicht normal?«
    Michael sah seinen Klienten prüfend an. Ehrlich gesagt, war das die erste gute

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