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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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Foto gesagt hatte.
    Langsam blätterte Michael die Seiten um und sah sich mit seinen Mädchen Jolenes Leben an. Es gab Fotos von Jolene in Uniform, in einem Hubschrauber, beim Frisbee-Spielen. Je weiter sie blätterten, desto größer und stärker wirkte Jolene, doch erst auf ihrem Hochzeitsfoto sah er sie , die Frau, in die er sich verliebt hatte. Sie hatte die ganze Zeremonie hindurch unter Tränen gelächelt und ihm nachher gesagt, dies sei der glücklichste Tag ihres Lebens.
    Unseres gemeinsamen Lebens , hatte er gesagt. Wir werden uns immer so lieben, Jo.
    Natürlich werden wir das , hatte sie lachend erwidert, und daran hatten sie auch jahrelang geglaubt, bis … sie es nicht mehr glaubten. Nein, bis er nicht mehr daran glaubte.
    »Sie sieht hübsch aus«, bemerkte Lulu.
    Er wusste, was Jolene in ihrem Leben verloren hatte, was sie entbehren musste und was sie überwunden hatte, und doch wirkte sie auf diesen Fotos unglaublich glücklich. Er hatte sie glücklich gemacht; das hatte er immer gewusst. Vergessen hatte er nur, wie glücklich sie ihn gemacht hatte.
    »Wann kommt sie nach Hause?«, fragte Lulu. »Morgen?«
    »Im November«, sagte Betsy seufzend. »Aber nur für zwei Wochen.«
    »Ach.« Lulu gab ein leises Quieken von sich. »Bin ich dann schon fünf?«
    »Ja«, antwortete Betsy. »Aber zu deinem Geburtstag kommt sie nicht.«
    Bevor Lulu anfangen konnte zu weinen, stand Michael auf und legte die Videokassette ein. Seit Jolenes Einberufung schauten sich die Mädchen ständig ihre sogenannten Abschiedsbänder an – die Aufnahmen, die sie für jede von ihnen gemacht hatte. Aber diese hier hatten sie schon Jahre nicht mehr gesehen.
    Er drückte auf Start, und der Film begann. Als Erstes sah man Jolene mit müdem Blick, die ein winzig kleines Baby im Arm hielt. »Begrüß deine Fans, kleine Elizabeth. Oder wirst du eine Betsy? Michael, sieht sie aus wie eine Betsy …«
    Dann sah man Betsy zum ersten Mal laufen, sie wackelte vorwärts und lachte, als sie vornüberfiel … Jolene klatschte in die Hände und sagte unter Tränen: »Guck dir das an, Michael, lass dir das nicht entgehen …«
    Zwölf Jahre seines Lebens in zweiundvierzig Minuten festgehalten.
    Er drückte auf Stopp.
    Da war sie, seine Jo. Ihr schönes Gesicht war durch die Stoppfunktion leicht verzerrt und verpixelt, aber die Kraft ihres Lächelns war selbst in der grobkörnigen Aufnahme zu erkennen.
    Er sah sein ganzes Leben in ihren Augen, all seine Träume und Hoffnungen, und all seine Ängste.
    Ich liebe dich nicht mehr.
    Wie hatte er das nur zu ihr sagen können? Wie hatte er so leichtfertig mit ihrem Leben umgehen können, mit dem Versprechen, das sie sich gegeben hatten?
    Er wollte ihr sagen, wie leid es ihm tat, doch jetzt waren sie durch Zeit und Raum getrennt. Was er ihr zu sagen hatte, würde bis November warten müssen. Und würde sie ihm noch zuhören wollen?
    »Lasst uns morgen shoppen gehen und ihr ein Care-Paket schicken«, schlug Betsy vor.
    »Au ja!«, rief Lulu und klatschte in die Hände.
    Michael nickte wortlos und hoffte nur, sie sähen nicht die Tränen in seinen Augen.
    Angeschnallt und niedergedrückt vom Gewicht ihrer kugelsicheren Weste flog Jolene den Black Hawk Richtung Bagdad. Unter ihrem Helm bildete sich Schweiß, verklebte ihre Haare und rann ihr den Nacken hinunter. Sie war hochrot und hatte Mühe beim Atmen. Ihre Hände waren in den Handschuhen nass und glitschig. Obwohl sie beide Helikoptertüren geöffnet hatte, war es heiß wie in einem Hochofen. Das Wasser in ihrer Flasche war brühwarm – von Erfrischung konnte keine Rede sein.
    In Kampfformation flogen sie mit zwei weiteren Hubschraubern durch den dunkler werdenden Himmel. Unter ihnen breitete sich wie ein verwirrendes Labyrinth Bagdad aus.
    »Blue rain … blue rain …«, meldete die Stimme eines anderen Piloten über Funk.
    Das hieß, die Zone, in die sie flogen, war gefährlich. Es konnte alles Mögliche bedeuten: Mörserbeschuss, Raketen, Panzerbüchsen oder eine Schießerei.
    Jolene sprach ins Funkgerät: »Raptor Acht-Neun biegt nach Osten. Geschätzte Ankunft in der Green Zone: vier Minuten.«
    Sie umfasste den Steuerknüppel; der Helikopter reagierte sofort, senkte die Nase, nahm Geschwindigkeit auf und schoss vorwärts.
    Rattattattat. Kugeln siebten den Helikopter. Das Geräusch war so laut, dass Jolene trotz Helm und Kopfhörern zusammenzuckte.
    »Wir sind unter Beschuss«, sagte Tami scharf.
    »Moment«, erwiderte Jolene und steuerte hart

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