Zwischen uns die halbe Welt: Sommerflirt 2 (German Edition)
hat eine Engelsgeduld. Sie sitzt alles aus, bis ich klein beigebe.
»Ich weiß, dass das nicht leicht für dich ist, Amy. So viele Veränderungen in so kurzer Zeit.« Sie sieht zu dem Ladenschild von Die moderne Mutter hinauf. »Sollen wir lieber wieder heimfahren? Oder BHs für dich kaufen gehen? Ich kann das auch irgendwann anders machen.«
»Nein, jetzt sind wir schon da, dann können wir dir auch ein paar Klamotten raussuchen, die das Baby nicht strangulieren.« Außerdem will ich nicht mit meiner Mom BHs kaufen. Sie sucht mir am Ende noch solche riesigen krassen weißen Teile aus, die aussehen wie eine Tischdecke mit Trägern dran.
Mehr Zuspruch bedarf es nicht. Mom walzt so schnell aus dem Auto, als würde jemand sie an ihrem Hintern, der übrigens ebenfalls gut zugelegt hat, anschieben. Ohne Scheiß, meine Mom hatte eine Figur, auf die jede Aerobiclehrerin neidisch gewesen wäre. Und jetzt … na ja, sagen wir einfach, sie hat sich stark verändert.
Ich folge ihr in das Geschäft und hoffe im Stillen, dass die nicht mich für die Kundin halten.
»Kann ich den Damen behilflich sein?«, fragt die kleine Verkäuferin eifrig und sieht erst meine Mom, dann mich und dann wieder meine Mom an.
Mom legt wieder die Hand auf ihren Bauch. »Ich bin im dritten Monat und die meisten Sachen passen mir schon nicht mehr richtig.«
Die Dame klatscht in die Hände. »Suchen wir Freizeit- oder Geschäftskleidung … oder brauchen wir etwas für einen besonderen Anlass?«
Ich würde das Wort »wir« gern aus dem Vokabular der Frau streichen.
»Für zu Hause. Und etwas zum Ausgehen.«
Während die Dame meiner Mutter alle möglichen Sachen zeigt, trotte ich schweigend hinterher. Um ganz ehrlich zu sein – manche von den Klamotten sind gar nicht mal so übel. Es dauert nicht lang und meine Mom probiert diverse Sachen an. Sie besteht darauf, dass ich mit in die Umkleidekabine komme.
Auf der kleinen Bank darin entdecke ich einen seltsamen Gegenstand. Er sieht aus wie ein cremefarbener Beutel mit Bändern dran. »Ich glaube, das hat jemand liegen lassen«, sage ich zu der Verkäuferin und zeige auf das merkwürdige Ding.
»Nein, das liegt bei uns in jeder Kabine aus. Man befestigt es am Bauch, damit man sich vorstellen kann, wie man im fünften oder sechsten Monat aussieht.«
Ich kann mein Kichern nicht unterdrücken.
»Psst!«, flüstert meine Mom mir zu und schließt die Tür der Umkleide.
»Darf ich das mal anprobieren?«, frage ich.
Ehe meine Mom mich aufhalten kann, schiebe ich mein Shirt hoch, binde das Ding um meine Taille und ziehe mein Shirt darüber.
»So will ich meine siebzehnjährige Tochter eigentlich gar nicht sehen«, sagt meine Mutter und beäugt mich kritisch, wie ich mir wie sie den Bauch streichle.
Wie es wohl ist, schwanger zu sein? Ein Baby im Bauch zu haben, das wächst und sich entwickelt, bis es selbst überlebensfähig ist? Ich drehe mich ins Profil und betrachte mich im Spiegel. Will ich Kinder? Ich meine, mir tun meine Eltern schon leid, dass sie sich mit mir rumschlagen müssen. Manchmal denke ich, dass ich nicht normal bin, dass es höchste Eisenbahn ist, dass mich ein Psychotherapeut wieder einnordet. Und manchmal kommt es mir so vor, als wären alle anderen durchgeknallte Matsch-Potatoes und ich die einzig Vernünftige.
Vielleicht setzt Mom darauf, dass das Baby ein ganz normales Kind wird. Eins, das durchknall-resistent ist.
Ich starre auf ihren Bauch, als sie einen schwarz-weißen Hosenanzug anprobiert, der vorne an der Hose einen Stretch-Einsatz hat. Langsam wird mir klar, was das für sie bedeuten muss. Sie wird nicht nur dick, in ihr wächst ein neuer Menschen heran, für den sie die Verantwortung trägt.
»Du kannst meinen Bauch mal anfassen, wenn du magst«, sagt sie.
Ich will schon, aber ich tue es nicht. Ich erinnere mich daran, wie ich früher immer meinen Kopf auf ihren Bauch gelegt und gelacht habe, wenn er gurgelnde Geräusche von sich gegeben hat. Jetzt ist da drin ein Baby …
Sie muss mein Zögern wohl spüren, denn sie nimmt meine Hand und legt sie auf ihren gewölbten Bauch. »Merkst du, wie es sich bewegt?«, frage ich.
»Noch nicht.«
Ich kann den Blick nicht von meiner Hand auf ihrem Bauch abwenden, die jetzt ganz nah an meinem Halbbruder oder meiner Halbschwester dran ist. Auch wenn es mir seltsam erscheint, dass meine Mom noch ein Baby bekommt, verspüre ich auf einmal unbekannte Beschützerinstinkte. Ich ziehe die Hand weg. Das wird mir hier alles ein
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