Zwischen uns die halbe Welt: Sommerflirt 2 (German Edition)
Schule, aber die meisten habe ich noch nie zu Gesicht bekommen.
Ein dunkler, lockiger Typ mit einer Kippa auf dem Kopf, der vielleicht so um die dreißig ist, versucht, sich Gehör zu verschaffen. »Das ist Rabbi Doug, der neue Rabbinerassistent«, erklärt mir Jess.
Miranda weicht Jess nicht von der Seite, als wir uns auf dem Boden einen freien Platz zum Hinsetzen suchen. Es dauert ein bisschen, bis Ruhe einkehrt, aber schließlich sind alle Augen auf Rabbi Doug gerichtet.
»Heute bauen wir eine Sukka für unser Stück. Habt ihr Lust?«
Vor einem Jahr hätte ich noch nicht mal einen Schimmer gehabt, was eine Sukka ist. Jetzt weiß ich, dass man darunter eine kleine Laubhütte versteht, in die man seine Verwandten und Freude zu einer Art Erntedank-Mahl einlädt. Normalerweise errichten Juden eine solche Sukka für das Sukkoth-Fest irgendwann im Oktober, aber die Jugendgruppe studiert über die Ferien ein Stück für die Schüler der Hebräischschule ein, und deshalb wird die Sukka heute Abend gebaut.
Rabbi Doug lässt uns auszählen, sodass sich mehrere Gruppen ergeben. Ich bin mit lauter Leuten zusammen, die ich nicht kenne. Der Typ, der sich selbst zu unserem Anführer ernennt, schlägt vor, dass wir uns im Flur versammeln.
In meiner Gruppe befinden sich mehrere Jungs und Mädchen – darunter eine mit lockigen schwarzen Haaren und buschigen Augenbrauen. Ich setze mich neben Buschige Braue und lächle sie vorsichtig an.
»Ich bin Nikki. Mit i «, sagt sie.
Oh nein. Postwendend werde ich von einem Déjà-vu heimgesucht. Ihr ahnt es: mein Stiefvater, Marc mit c. »Ich bin Amy. Mit y «, antworte ich.
»Auf welche Schule gehst du?«
»Chicago Academy. Und du?«
Bei der Erwähnung der Chicago Academy blinzelt Nikki zweimal. Was ist in letzter Zeit nur mit allen los? Man könnte meinen, Chicago Academy wäre ein Synomym für Schule für dumme Snobs.
»Mather«, erwidert sie.
»Cool.«
Nikki ist nicht gerade übertrieben freundlich zu mir, nachdem ich ihr erzählt habe, auf welche Schule ich gehe. Es kommt mir vor, als würde sie mir plötzlich nicht mehr über den Weg trauen.
Zum Glück setzt sich ein cooler Typ mit einem schwarzen Kapuzenshirt auf meine andere Seite und fängt ein Gespräch an. »Hi. Was geht? Ich bin Wes.«
»Ich heiße Amy.«
»Ich hab dich hier noch nie gesehen«, meint Wes und checkt mich ab. Das macht er dermaßen unverhohlen, dass ich es nicht lassen kann, ihn ein bisschen aufzuziehen.
»Ich bin Jugendgruppen-Jungfrau«, sage ich.
Statt geschockt zu reagieren, lacht er. »Cool. Aber vielleicht bin ich dann kein geeigneter Umgang für dich. Ich hatte schon so viele – also Jugendgruppen –, dass du es vielleicht mit der Angst zu tun bekommst.«
»Ich gehe auf die Chicago Academy«, verkünde ich. »Vielleicht bekommst du es jetzt mit der Angst zu tun.«
Doch Wes lässt sich nicht so leicht einschüchtern. Stattdessen lehnt er sich vor. »Ah, eine von diesen Stinkreichen. Stimmt es, dass eure Eltern Partys mit jeder Menge Alk und Gras für euch schmeißen?«
»Selbstverständlich«, lüge ich. »Was sollen wir sonst mit all dem überschüssigen Geld anfangen?«
Er lacht und schenkt mir ein breites, übermütiges Grinsen. »Du gefällst mir, Amy.«
Rabbi Doug kommt und teilt uns unsere Aufgabe zu. »Ihr seid dafür zuständig, die Früchte in der Sukka aufzuhängen. Körbe, Haken und Schnüre findet ihr im Hinterzimmer. Seid kreativ, lasst euch was Schönes einfallen.«
Ich folge den anderen ins Hinterzimmer. Wes und ich verstehen uns auf Anhieb. Ich finde heraus, dass er ebenfalls auf die Mather High geht und in einer Band namens Lickity Split singt. Nikki wird langsam auch wieder freundlicher – aber vielleicht steht sie auch nur auf Wes und macht deshalb einen auf nett.
»Hast du einen Freund?«, fragt Wes, während wir versuchen, Bananen zusammenzubinden.
Ich sehe zu Jessicas Gruppe hinüber, die mit Nägeln und Holz arbeitet, um ein Grundgerüst für die Hütte zusammenzuzimmern. »Mehr oder weniger.«
»Was meinst du mit ›mehr oder weniger‹?«, will Nikki wissen.
Was geht das diese Leute eigentlich an? »Ich habe einen Freund, aber in Israel.«
Wes bohrt Nadel und Faden durch die Bananenschale. »Äh … lebt er dort?«
»Genau.«
»Wie kann er dein Freund sein, wenn er ungefähr eine Million Meilen weit weg ist?«
Ich halte mit dem Bananenauffädeln inne. Es ist, als würde jeder in Worte fassen, was mir in letzter Zeit im Kopf herumgeht. Das kotzt mich
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